Sintflutartiger Regen sorgte Donnerstag für große Schäden in Dahlem. 48 Einsätze absolvierte allein die Gemeindefeuerwehr mit dem Schleidener THW.
StarkregenUnfassbare Wassermassen schossen in Dahlem die Hänge hinab in den Ort
Familie Klimpel war geschockt: Die Wassermassen, die die Hänge hinab auf ihr Haus am Ortsrand von Dahlem zuschossen, waren durch nichts aufzuhalten. Nach dem sintflutartigen Gewitterregen entwickelten sich am Donnerstag ab 16 Uhr reißende Ströme auf Wiesen, auf denen es gar keine Bachläufe gibt. Binnen Minuten war das Grundstück von Silke und Sascha Klimpel überflutet. Das Wasser drang in ihr Wohnhaus ein.
Mit einem Schlauchboot rettete Sascha Klimpel das Federvieh der Familie aus dem versinkenden Hühnerstall und einige Sachen aus Garage und Keller. Dann blieb der Familie nichts übrig, als abzuwarten, bis die Flut abgeflossen war.
Die strömte mit ungeheurer Wucht wie ein Fluss die Kölner Straße hinunter und setzte als nächstes den Netto-Markt unter Wasser. Der Parkplatz des Einkaufsmarkts, der schon bei der Flut 2021 durch Hochwasser schwer in Mitleidenschaft gezogen worden war, verwandelte sich in einen See. Dann drückten die Wassermassen die Tür ein und bahnten sich den Weg in den Markt. Der Schaden ist immens.
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Abgerutschte Böschungen und vollgelaufene Keller
Über viele Stunden hinweg war die Dahlemer Gemeindefeuerwehr, verstärkt durch das Schleidener THW und am späteren Abend auch durch einen überörtlichen Löschzug der Hellenthaler Feuerwehr, im Dauereinsatz. Abgerutschte Böschungen, überschwemmte Straßen und Grundstücke, vollgelaufene Keller – als sich die Lage in der Nacht zum Freitag endlich wieder normalisiert hatte, hatten die insgesamt 129 Einsatzkräfte, die durch das Deutsche Rote Kreuz verpflegt wurden, 48 Einsatzstellen abgearbeitet.
Nachdem die THW-Helfer aus Schleiden, in Wathosen und mit Leinen gesichert, im reißenden Wasser mit Unterstützung der aus der Gemeinde Hellenthal angerückten Feuerwehrleute gegen 2 Uhr auch den eilig mit einem Radlader aufgeschobenen Damm am Kinder- und Jugendhaus Ambos mit Sandsäcken gesichert hatten, konnte Einsatzleiter Pascal Diefenbach erstmals durchatmen.
Diefenbach, der am Freitag Bürgermeister Jan Lembach und Landrat Markus Ramers vor Ort über das Geschehen informierte, zog einen Vergleich: „Solche Wassermassen, die in so kurzer Zeit die Hänge herunterrasten, hatten wir bei der Flut im Juli 2021 nicht.“
Tatsächlich hat es im Kreis die Gemeinde Dahlem, und hier die Ortslagen von Dahlem und Schmidtheim, am härtesten getroffen. Wie örtlich begrenzt das Ereignis war, ist daran abzulesen, dass wenige Kilometer weiter in der Gemeinde Hellenthal kein einziger Einsatz notwendig wurde.
Blankenheim: 18 Kühe vor dem Hochwasser gerettet
Die Zahl von kreisweit 47 Einsätzen, die der Kreis am Freitag nach einer ersten Auswertung als offizielle Bilanz nach dem Unwetter nannte, dürfte deutlich zu niedrig sein. Denn 48 waren es allein in der Gemeinde Dahlem. Auch in Bad Münstereifel und Blankenheim rückte die Feuerwehr zu mehreren Einsätzen aus. Im Bereich der Ripsdorfer Mühle waren 18 Kühe durch Hochwasser gefährdet. Die Tiere konnten aber in Sicherheit gebracht werden.
In Kall kam es nach dem Gewitter an einem neuralgischen Punkt zu Verkehrsbehinderungen, als die Bahnunterführung an der Keldenicher Straße volllief. „Die Feuerwehr war schnell vor Ort und hat abgesperrt“, lobte Bürgermeister Hermann-Josef Esser: „Das Wasser ist dann relativ schnell von alleine abgelaufen.“
Die Bahnunterführung in Kall lief wieder voll
Aber sollte die Situation nicht durch den Ausbau von Regenrückhaltebecken an der Hüttenstraße verbessert werden? „In Gänze wird sich das dort nicht verhindern lassen“, so Esser: „Wir befinden uns an dieser Stelle unterhalb des Urft-Niveaus.“ Die beiden Rückhaltungen an der Hüttenstraße hätten funktioniert. Außerdem habe der Bauhof bereits am Dienstag die Gullys in der Unterführung gereinigt. „Es lässt sich aber nicht verhindern, dass sie durch Schlamm und Blätter wieder zugesetzt werden“, so Esser.
Insgesamt, so teilte der Kreis am Freitag mit, waren 309 Feuerwehrleute im Einsatz gewesen. Hinzu kommen die Kräfte des THW und des DRK. Laut der Mitteilung des Kreises kamen bis auf einen Feuerwehrmann, dessen leichte Verletzung vom Rettungsdienst versorgt wurde, keine Menschen gesundheitlich zu Schaden. Zwei Menschen wurden allerdings durch den Kriseninterventionsdienst betreut. Um die Lage zu bewältigen, wurde die Belegschaft der Rettungsleitstelle von sechs auf 25 Disponenten aufgestockt. Auch der Führungsstab des Kreises wurde aktiviert.
Kreis Euskirchener Landrat dankt den Einsatzkräften
„Ein herzlicher Dank gilt allen Einsatzkräften, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz dazu beigetragen haben, dass diese herausfordernde Situation bewältigt werden konnte“, sagte Landrat Markus Ramers. Die Nacht habe gezeigt, wie schnell Starkregen zu Überschwemmungen und anderen Gefahren führen könne. Um die Bevölkerung bestmöglich zu sensibilisieren, verweist der Kreis auf die eigens erstellte Starkregenbroschüre. In dieser Broschüre werden nicht nur die Gefahren von Starkregen erklärt, sondern auch konkrete Verhaltenshinweise im Ernstfall aufgezeigt.
Wetterexperte: „Zwei unfassbare Wasserwände sind durch die Eifel gewandert“
Mehr als 100 Liter pro Quadratmeter prasselten am Donnerstagabend laut Dr. Karsten Brandt von der Wetterstation Donnerwetter am Weißen Stein auf Teile der Eifel nieder. Und das in gerade einmal 30 bis 40 Minuten. „Das ist unfassbar“, sagt Brandt.
Bereits um 14 Uhr sei erstes Gewittergrollen aus der Hocheifel und Belgien hörbar gewesen. Als das Gewitter dann am Weißen Stein angekommen sei, seien innerhalb von 13 bis 15 Minuten mehr als 50 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen.
Nach einer kurzen Pause habe es noch einmal etwa 52 Liter Regen pro Quadratmeter gegeben. Diesmal in acht Minuten. „Zwei unfassbare Wasserwände sind hier durch die Eifel gewandert.“ Zum Vergleich: 52 Liter pro Quadratmeter fielen hier normalerweise in einem Monat, so Brandt.
In einer Großstadt wären verheerende Folgen zu befürchten
„Das war schlimmer als Tief Bernd“, sagt Brandt. Zwar seien die Folgen lange nicht so gravierend wie bei der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021. Das liege aber vor allem daran, dass die Gewitterzellen relativ klein und die betroffenen Gebiete nicht so groß gewesen seien. Solche Regenfälle über einer Großstadt würden verheerende Folgen haben.
Dass es so schnell nach der Flut wieder so ein Starkregenereignis in der Eifel gebe, zeige, dass man längst nicht mehr von Jahrhunderthochwassern sprechen könne. Der Klimawandel sei bei uns angekommen, sagt Brandt. Mit Sorge blickt er auf die Zukunft. Schließlich habe die Starkregen-Saison gerade erst begonnen und dieses Jahr sei es sowieso schon sehr nass.
Der Wetter-Experte appelliert deshalb an alle Menschen, Vorhersagen ernst zu nehmen und sich auf Unwetter vorzubereiten. Ein paar Sandsäcke sollte eigentlich jeder inzwischen zu Hause haben, so Brandt.