Das Einkommensgefälle im Kreis Euskirchen ist beachtlich. Es geht im Vergleich unter den Kommunen um mehrere 1000 Euro im Schnitt.
NRW-StatistikWo im Kreis Euskirchen die Einkommen am höchsten und am niedrigsten sind
Würde Geld alleine glücklich machen, kämen die Bad Münstereifeler aus dem Lachen nicht mehr raus. Nirgendwo sonst im Kreis Euskirchen erzielen die Bürgerinnen und Bürger ein so hohes Einkommen durch Arbeit und Vermögen (Primäreinkommen) wie in der Kurstadt. Das geht aus einer Erhebung des Statistischen Landesamtes IT.NRW mit den Zahlen von 2022 hervor.
Und was noch wichtiger ist: Unter dem Strich, also abzüglich Steuern und Sozialabgaben und zuzüglich eventuell empfangener Sozialleistungen, bleibt den Bad Münstereifelern im Vergleich zu den anderen zehn Kreis-Kommunen auch am meisten Geld übrig, um es für Konsum auszugeben oder auf die hohe Kante zu legen (verfügbares Einkommen).
Kreis Euskirchen: In Weilerswist verdienen die Bürger am meisten
Es ist nämlich nicht zwangsläufig so, dass Primäreinkommen und verfügbares Einkommen unmittelbar zusammenhängen (siehe Tabellen). Das krasseste Beispiel ist Weilerswist: Hier verdienten die Einwohner laut IT.NRW 2022 im Schnitt 33.353 Euro übers Jahr. Das ist Platz eins im Kreis Euskirchen.
Haben die Weilerswister aber erstmal Steuern und Sozialabgaben entrichtet, bleiben ihnen nur noch 25.833 „Cash in de Täsch“ – und in der Rangliste der verfügbaren Einkommen nur noch Platz fünf im Kreis. Dieser „Verlust“ von 7520 Euro vom Primär- zum verfügbaren Einkommen ist dann auch wieder Spitze im Kreis – allerdings negativ.
Woran es liegt? „Die Differenz zwischen Primäreinkommen und verfügbarem Einkommen kann ganz verschiedene Ursachen haben“, sagt eine Sprecherin der Gemeinde. Es könne beispielsweise an der Zusammensetzung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit und Vermögen liegen: „So fallen Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei den Steuer- und Sozialabgaben prozentual unter eine höhere Progression als Einkommen aus Vermögen.“ Werbekosten, etwa Fahrtkosten, seien ein weiterer Faktor, der Einfluss auf die Differenz habe. „Die Grundsteuer kann hier nicht ursächlich sein, da wir kreisweit nicht die höchsten Sätze haben“, stellt die Sprecherin klar.
Den Euskirchenern bleibt am Ende am wenigsten vom Einkommen übrig
Stadt für Stadt und Gemeinde für Gemeinde haben die Landesstatistiker das durchschnittliche Verdienst und das verfügbare Einkommen untersucht. Dabei kam heraus, dass es im Kreis Euskirchen nennenswerte Gefälle gibt. 2022 verdienten etwa die Einwohner des Spitzenreiters Bad Münstereifel pro Kopf 6198 Euro mehr als die Bürger des Kreis-Schlusslichts Blankenheim.
Und nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben hatten die Münstereifeler Einkommens-Kreismeister im Schnitt 4152 Euro im Jahr mehr übrig als am unteren Ende der Tabelle die Bürger der Stadt Euskirchen. Laut Statistik verdienten die Bürgerinnen und Bürger von Bad Münstereifel im Jahr 2022 im Schnitt 31.359 Euro mit ihrer Hände oder ihrer Köpfe Arbeit oder indem sie das Vermögen „arbeiten“ ließen. Am Ende blieben ihnen 27.226 Euro zur Verfügung.
Davon können Euskirchener nur träumen: Sie verdienten 27.410 Euro im Schnitt und damit zwar etwas mehr als Schlusslicht Blankenheim. Am Ende blieben den Kreisstädtern 23.074 Euro für Konsum.
Warum aber wird in der Kreisstadt im Schnitt vergleichsweise wenig verdient? In Euskirchen ist laut Kämmerer Klaus Schmitz der Anteil der Menschen, die auf Sozialtransfers angewiesen sind, vergleichsweise hoch. Daher gehöre die Kreisstadt zu den Kommunen, die im Gemeindefinanzierungsgesetz mit einem „Soziallastenansatz“ geführt werden.
Auch wenn die Statistik einen begrenzten Aussagewert habe, weil schon ein oder zwei Millionäre in kleinen Kommunen das durchschnittliche Einkommen spürbar anheben könnten, sagt Schmitz: „Die Probleme sind für Euskirchen durchaus erkennbar.“ Das liege auch daran, dass Menschen, die sich in den Großstädten die Mieten nicht mehr leisten könnten, es im Umland versuchen.
Schleiden hat vergleichsweise viele Einwohner, die Bürgergeld erhalten
Dieses Phänomen betrifft auch Schleiden. Hier kamen die Bürger 2022 im Schnitt auf vergleichsweise niedrige 27.343 Euro Einkommen, übrig blieben ihnen 24.664 Euro, was der Stadt kreisweit den vorletzten Platz beschert. Auch im Schleidener Tal leben laut Kämmerer Marcel Wolter vergleichsweise viele Menschen, die alleinerziehend sind und/oder Bürgergeld beziehen. „Das liegt wiederum daran, dass im Schleidener Tal der Wohnraum im Vergleich etwa zu Kall, Zülpich, Mechernich, Weilerswist oder Euskirchen wesentlich günstiger ist“, so Wolter.
Mit dem Kernort Schleiden und Gemünd verfüge die Kommune zudem über zwei Zentralorte, während die umliegenden Kommunen jeweils nur einen hätten. In diesen Zentren sei der Anteil an Bürgern, die auf Sozialleistungen angewiesen seien, besonders hoch. Das liege neben den vergleichsweise geringen Mieten auch an einem dort gut funktionierenden Öffentlichen Personenverkehr, was für Menschen, die sich kein Auto leisten können, ein bedeutender Standortvorteil sei.
Der jüngste Sozialbericht des Kreises – er stammt aus dem Jahr 2018 – untermauert Wolters Erklärung. Demnach ist in Schleiden nicht nur die Bevölkerungszahl gestiegen, sondern auch die Zahl der Arbeitslosengeld-II-Bezieher – letztere zwischen 2010 und 2016 um gut zehn Prozent. Die Agentur für Arbeit meldete für Schleiden im September 2019 noch 350 Arbeitslose, aktuell sind es 479.
Alle anderen Kommunen im Kreis weisen laut Kreisverwaltung für die Zeit von 2010 bis 2016 sinkende Zahlen an Hilfsempfängern auf – bis auf Blankenheim.
Hellenthal hatte 2020 eine hohe Dichte an Einkommensmillionären
In der Ahrgemeinde sticht der Zusammenhang ähnlich wie in Schleiden ins Auge: Die Zahl der Arbeitslosengeldempfänger stieg laut Sozialbericht von 2010 bis 2016 um etwa sieben Prozent. Im August 2019 zählte die Arbeitsagentur dort 204 Erwerbslose, im Oktober dieses Jahres 292.
Hinzu kommt, dass in Blankenheim 2020 ausweislich einer anderen Statistik von IT.NRW vier Einkommensmillionäre wohnten, mithin 4,8 pro 10.000 Einwohner. Wären sie nicht da, läge das Pro-Kopf-Primäreinkommen noch niedriger. Nur in Hellenthal lebten 2020 gemessen an der Einwohnerzahl mehr Menschen, die eine Million Euro oder mehr verdienten: nämlich fünf oder 6,4 je 10.000 Einwohner.
In Hellenthal verdienten die Menschen 2022 im Schnitt aber fast 2000 Euro mehr als in Schleiden oder Blankenheim und verfügbar hatten sie 1730 Euro mehr als die Schleidener und 2242 Euro mehr als die Blankenheimer – alles im Durchschnitt, versteht sich.
Sind Schleiden und Blankenheim also das für Euskirchen, was Euskirchen oder Weilerswist für Köln sind? Ein Verdrängungswettbewerb, was zum Beispiel die Mieten betrifft, ist wohl nicht von der Hand zu weisen. Auch Sozialverbände berichten seit Jahren von dieser Entwicklung.
Insgesamt haben die Bürgerinnen und Bürger im Kreis Euskirchen 2022 übrigens rund 5,78 Milliarden Euro mit Arbeit und aus Vermögen (Primäreinkommen) verdient. Das sind pro Kreisbewohner im Schnitt 29 480 Euro Primäreinkommen. Übrig für Konsum und zum Sparen blieben insgesamt 4,86 Milliarden, pro Einwohner sind das 24.805 Euro.
Damit liegen die Kreisbürger unter dem Landesschnitt von 30.455 Euro an Primäreinkommen und 25.100 Euro an verfügbaren Einkommen pro Bürger.
So hoch war das durchschnittliche Einkommen in den Kommunen
Das ist die Tabelle der durchschnittlichen Einkommen, die die Bürgerinnen und Bürger 2022 aus Arbeitnehmerentgelt, Einkommen aus selbstständiger Arbeit und Vermögen erzielt haben (Quelle IT.NRW):
1. Weilerswist: 33.353
2. Bad Münstereifel: 31.359
3. Nettersheim: 31.508
4. Zülpich: 31.071
5. Mechernich: 30.205
6. Dahlem: 29.686
7. Kall: 29.586
8. Hellenthal: 29.124
9. Euskirchen: 27.410
10. Schleiden: 27.343
11. Blankenheim: 27.155
...und das hatten die Bürger am Ende für Konsum und für die hohe Kante
Das ist die Tabelle der durchschnittlich verfügbaren Einkommen, also abzüglich Steuern und Sozialabgaben und zuzüglich empfangener Sozialleistungen, der Städte und Gemeinden im Kreis Euskirchen in 2022 (Quelle IT.NRW):
1. Bad Münstereifel: 27.226
2. Dahlem: 26.553
3. Hellenthal: 26.399
4. Kall: 25.891
5. Weilerswist: 25.833
6. Nettersheim: 25.735
7. Zülpich: 25.069
8. Mechernich: 24.980
9. Schleiden: 24.664
10. Blankenheim: 24.157
11. Euskirchen: 23.074
Nordrhein-Westfalen: Herdecke ganz vorne, Gelsenkirchen ganz hinten
Mit 37.387 Euro wies Herdecke im Ennepe-Ruhr-Kreis laut IT.NRW 2022 das höchste verfügbare Einkommen je Einwohnerin und Einwohner aller 396 Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen auf. Meerbusch im Rhein-Kreis Neuss (37.197 Euro) und Burbach im Kreis Siegen-Wittgenstein (35.298) folgten auf den Plätzen zwei und drei. Am unteren Ende der Skala rangierten Duisburg (19.325, Kranenburg im Kreis Kleve (18.870 und Gelsenkirchen (18.522).
Das verfügbare Einkommen sei als Indikator für die finanziellen Verhältnisse der Bevölkerung der Gemeinden zu verstehen und ermögliche mittelbar Aussagen zur lokalen Kaufkraft, wobei die regionale Preisentwicklung (etwa Mieten) unberücksichtigt bleibt und regionale Vergleiche nur bedingt möglich sind.
Von allen Städten und Gemeinden in NRW wiesen die Städte Köln (27,7 Milliarden Euro) und Düsseldorf (18,3 Milliarden) die höchsten Einkommenssummen auf. Rein rechnerisch kamen damit auf jede Einwohnerin und jeden Einwohner Kölns 25.657 Euro. In der Landeshauptstadt lag das verfügbare Einkommen je Einwohnerin und Einwohner bei 29.355 Euro im Schnitt. Insgesamt belief sich das verfügbare Einkommen im Jahr 2022 in NRW auf rund 452,6 Milliarden Euro.