2019 war für den Kreis Euskirchen ein Rekordjahr. Dann kam die Pandemie. Über die jüngste Entwicklung berichtete nun Landrat Markus Ramers.
Neue ZahlenSo entwickelt sich der Tourismus im Kreis Euskirchen nach Corona und Flut
345,8 Millionen Euro! Markus Ramers kann gar nicht genug bekommen von dieser Zahl. Gleich mehrmals wiederholte der Landrat sie bei der Pressekonferenz am Montagmorgen, als es um den Wirtschaftsfaktor Tourismus für den Kreis Euskirchen ging.
345,8 Millionen Euro – das ist die Summe, die Touristen im vergangenen Jahr als Bruttoumsatz im Kreis Euskirchen gelassen haben. 8,7 Millionen Tagesreisen unternahmen die Gäste 2023 in den Kreis Euskirchen. 1,295 Millionen Übernachtungen verzeichneten die Betriebe zwischen Weilerswist und Losheim.
„Es geht ja nicht nur darum, dass wir uns hier schön, fein und schick machen wollen für die Gäste“, stellte Ramers klar: „Da steckt natürlich auch ein Mehrwert für uns als Region hinter.“
Um diesen Mehrwert beziffern zu können, lässt die Nordeifel-Tourismus GmbH (NeT) jährlich die Kennziffern vom Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Institut für Fremdenverkehr (dwif) ermitteln. Und das brachte neben der Bruttoumsatzzahl einige weitere Zahlen hervor, die die Verantwortlichen der NeT zuversichtlich stimmen. Wenn auch die Zahlen des Rekordjahres 2019 nicht wieder erreicht worden sind.
„Wir hatten jahrelang bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie so etwa wie ein ungebremstes Wachstum, bei dem die Gäste- und Übernachtungszahlen immer weiter gestiegen sind. Das ist dann natürlich eingebrochen“, erläuterte Landrat Ramers als Vorsitzender der NeT-Gesellschafterversammlung.
Langsam nähert sich der Kreis Euskirchen dem Rekordjahr 2019 an
Vergleicht man die Zahlen von 2023 mit dem absoluten Boom-Jahr 2019, sind immer noch in fast allen Bereichen Differenzen zu erkennen: 2023 gab es 6,5 Prozent weniger Übernachtungen und 13,9 Prozent weniger Tagesreisen und in der Folge 10,9 Prozent weniger Bruttoumsatz als 2019 (388,2 Millionen). Doch nach Corona, Flut und Inflation ist ein Vergleich mit der Zeit vor dem Start der Krisen-Kaskade unfair.
Ramers spricht daher von einer „spürbaren touristischen Wiederbelebung“ im Jahr 2023. Dass die Zahl der Übernachtungen im Vergleich zu 2022 um 0,4 Prozent sank, sei im Lichte der allgemeinen wirtschaftlichen Lage, vor allem der Inflation zu betrachten. Der Tagestourismus legte aber 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Prozent zu.
Umsatz stieg in einem Jahr um satte zehn Prozent
Und was den Umsatz betrifft, für den die Gäste gesorgt haben: Er stieg innerhalb eines Jahres um satte zehn Prozent. „Diese Entwicklung ist beachtlich vor dem Hintergrund, dass die Inflationsrate 2023 im Gegensatz zum Vorjahr um weitere 5,9 Prozent gestiegen ist“, so die NeT-Führung.
Wie viele Besucher wie lange bleiben, hat natürlich Auswirkungen auf die Erträge. Ramers aktuelle Lieblingszahl, 345,8 Millionen, setzt sich nämlich zusammen aus den 27 Euro (2022: 25 Euro), die der durchschnittliche Tagestourist im Kreis lässt, und den 105 Euro (100), die ein Übernachtungsgast im Schnitt täglich ausgibt, etwa wenn er die vergessene Zahnbürste (Einzelhandel) ersetzen muss, sein Abendessen hierzulande genießt (Gastgewerbe), weil es nicht gleich wieder nach Hause geht, oder sich eine neuen Haarschnitt verpassen lässt (Dienstleistung).
Anhand von Erfahrungswerten und Hochrechnungen können die Fachleute des Instituts nämlich auch mitteilen, welcher Wirtschaftszweig im Kreis welches Stück vom Umsatzkuchen abbekommt. „In der Nordeifel verteilt sich der Bruttoumsatz auf den Einzelhandel mit 149 Millionen Euro, gefolgt vom Gastgewerbe mit 139,4 Millionen Euro und Dienstleistungen/Zulieferungen mit 57,4 Millionen Euro“, erklärt NeT-Geschäftsführerin Iris Poth mit Blick ins Gutachten.
Rein rechnerisch könnten 5650 Menschen im Kreis vom Tourismus leben
Von den 345,8 Millionen kommen 108,3 Millionen aus den Geldbörsen der Übernachtungsgäste. 64,5 Prozent davon fließen wiederum ins Gastgewerbe, 21,1 Prozent in den Einzelhandel und 14,4 Prozent in den Dienstleistungsbereich.
Die Tagesgäste ließen im Vorjahr 237,5 Millionen Euro im Kreis: 53,1 Prozent davon im Einzelhandel, 29,3 Prozent im Gastgewerbe und 17,6 Prozent in den Dienstleistungsbetrieben.
Rein rechnerisch könnten 5650 Menschen im Kreis Euskirchen vom Tourismus leben, was natürlich von theoretischer Natur ist, weil etwa ein Friseur ja auch die Haare von Einheimischen schneidet.
345,8 Millionen Euro ließen die Touristen im Kreis Euskirchen
Mit dem aktuellen Gutachten werde die Bedeutung des Wirtschaftsfaktors Tourismus eindrucksvoll bestätigt, so Iris Poth. Der für seine Nachhaltigkeit mehrfach ausgezeichnete Fremdenverkehr profitiere von dem wegen Corona veränderten Reiseverhalten und werde „beflügelt durch den Megatrend eines nachhaltig ausgerichteten Lebensstils“, sagte sie.
Es zeige sich, dass Investitionen von Kommunen und Unternehmen in die tourismusbezogene Infrastruktur sich genauso lohnten wie die Schaffung konkreter Produkte und eine professionelle touristische Vermarktung. „Entwicklungen müssen Hand in Hand gehen und aus einem Guss sein“, so Poth.
Denn nur so könne der Tourismus seine volle und positive Wirkung entfalten und zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor einer aktiven und erfolgreichen Region werden. Das erste Halbjahr 2024 deute im Übrigen auf eine Fortsetzung dieses positiven Trends hin, erklärte Iris Poth.
Vielleicht hält das Gutachten für 2024 für Ramers ja eine neue Lieblingszahl bereit.
Auch die Kommunen im Kreis Euskirchen sollen Zahlen bekommen
Seit 2019 werden die Wirtschaftszahlen des Tourismus für den Kreis Euskirchen jährlich durch das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr (dwif) ermittelt, davor alle zwei Jahre.
Zahlen für die einzelnen Städte und Gemeinden lassen sich daraus aber nicht herunterbrechen, erklärte Iris Poth, Geschäftsführerin der Nordeifel-Tourismus GmbH, deren Gesellschafter neben dem Kreis Euskirchen auch die elf Kommunen im Kreis sind.
In der Weilerswister Politik wird diskutiert, ob die Gemeinde die NeT verlassen soll, weil der Nutzen für Weilerswist zu gering sei. „Wir werden den Kommunen vorschlagen, dass sie in einem gemeinsamen Vorgehen mit uns alle ein solches Gutachten erhalten“, so Poth.
Das sei natürlich mit einem finanziellen Aufwand verbunden, ergänzte Landrat Markus Ramers: „Aber es würde die Diskussion sicher versachlichen, wenn es eine entsprechende Grundlage gibt.“