Wie stellen sich Schüler und Lehrer ihre Traumschule im Kreis Euskirchen vor? Die Wunschzettel sind lang.
Keine HausaufgabenSo sieht die Traumschule im Kreis Euskirchen aus
Neun Katzen aus Holzperlen und bunten Pfeifenputzern schlafen in der warmen Mittagssonne auf dem Fußballfeld; auf dem Dach ein Pool mit Aussicht: So stellen sich die Grundschüler der Chlodwig-Schule in Zülpich ihre Traumschule vor.
Im Rahmen des Jahresprojekts „Kunst und Architektur“ entwarfen die Dritt- und Viertklässler unter Anleitung der Architektur-Studentin Viktoria Lauff eine Schule, auf die sie selbst gerne gehen würden – und das „am liebsten jeden Tag und sogar in den Ferien“, sagt Schüler Danny Duschenko.
Zülpicher Grundschule arbeitet nicht nach Lehrplan
Dabei sei das von der Stiftung Ravensburger Verlag geförderte Projekt „ein kleiner Schutzraum“ gewesen, erklärt die Kunstlehrerin Laura Frings. Weil nämlich nicht nach Lehrplan gearbeitet werden musste. Weil die Ideen und Wünsche der Schüler nicht bewertet wurden und sich auch nicht in einer Note von 1 bis 6 niederschlugen. So konnten die Schüler ihrer Fantasie freien Lauf lassen – jede Idee hatte ihre Berechtigung.
Jeder Einfall fand eine schöpferische Umsetzung aus Grau- und Sandwichpappe, Eisstielen, Kerzen, Ästen, Korken und Farbe. Plastisches Gestalten gehöre nämlich zu den elementaren kindlichen Ausdrucksformen, sagt Frings. „Und am Ende ging es für die Schüler einfach nur darum, gemeinsam ein gutes Ergebnis zu schaffen“ – das denkbar beste Modell für ein Schulgebäude.
Zunächst sammelten Schüler zahlreiche Ideen
In der ersten Phase sammelten die Kinder in einem Brainstorming Merkmale, die ihre Traumschule haben sollte: Eine Cafeteria mit ausreichend Sitzgelegenheiten sollte es geben, genauso wie einen kleinen Kiosk für Snacks in den Pausenzeiten. Eine Turnhalle sollte entstehen und ein Raum nur für Kunst, einer nur für Musik.
Die Gestaltung der Räume und ihre Lage im Gesamtkomplex mussten von den Schülern argumentativ begründet werden: „Es war also nicht nur ein buntes Bauen, sondern es hatte auch einen architektonischen Hintergrund“, erklärt Lauff. So setzten die Schüler die Toiletten im Lageplan etwa weit weg von den Klassenräumen, um sich beim Toilettengang mehr bewegen zu können.
Klassenräume sollen auch einen Raum zum Ausruhen bieten
Alle Klassenräume bekamen zudem einen Nebenraum zum Ausruhen. Dort könne man in Ruhe lesen, sagt Suriya Bäcker aus der vierten Klasse. Die Klassenräume des Schulmodells sind puristisch: Die Wände sind weiß. Die Kinder haben viel Holz und andere natürliche Materialien für das Mobiliar verwendet. Besonders auffällig sind die großen Fenster mit Blick nach draußen. Es ist ein Blick in die Natur.
„Das Außengelände hat von den Kindern besonders viel Aufmerksamkeit abbekommen“, sagt Lehrerin Frings und lacht. Außerhalb des Gebäudes ist es bunt. Die Schule steht auf einer Grünfläche, überall sprießen Pflanzen. Einige aus Pfeifenreinigern, andere haben die Kinder vor der Tür gesammelt.
Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten kommen in der Traumschule nicht zu kurz
Es gibt einen Sportplatz, ein Klettergerüst, eine Schaukel, Tiere und Liegen neben dem Pool auf dem Dach. Eins wurde bei der Schulgestaltung ganz deutlich: „Neben dem Lernen brauchen die Kinder auch eine ganze Menge Bewegung – bevorzugt in der Natur“, sagt Frings. Drittklässlerin Ela Yildiz ergänzt: „Stehen soll unsere Schule dann in Italien.“
Dort sei es warm genug, um in den Pool zu gehen und auch um viel Zeit draußen zu verbringen. Auch über das Mobilitätskonzept haben die Schüler nachgedacht: Zwei Busse wird es an der perfekten Schule geben. Und die halten nicht an Haltestellen weit entfernt von ihrer Wohnung, sondern holen sie direkt vor der Haustür ab, erklärt Leonard Holtze aus der vierten Klasse.
Und nach der Schule bringen die Busse alle Kinder wieder nach Hause. Der Alltag in der Traumschule der Kinder ist dem an ihrer Grundschule nicht unähnlich.
Es gibt zum Beispiel die Fächer Kunst, Musik und Mathe. Aber die Unterrichtsstunden sollten nur 35 Minuten dauern. Mehr Pausen sollte es geben. Pausen, in denen die Kinder sich mit den Tieren auf dem Schulgelände oder mit Spielen beschäftigen können. „Ich würde ein Fach erfinden, das ich ‚Ausruhen‘ nennen würde“, sagt Suriya Bäcker. Die anderen Kinder nicken. Wenn es genug Auszeiten gibt, dann könne so ein Schultag auch länger sein, schlägt Danny Duschenko vor.
Er hat eine Liste mit Schulzeiten erstellt. In der Traumschule sollte man laut ihm den ganzen Tag sein dürfen – „bis 21 Uhr, dann sollte man schlafen gehen“. Er stelle sich den Schulalltag dann „ein bisschen wie in einem Internat“ vor. Er hatte sogar vorgeschlagen, in dem Modell Übernachtungsmöglichkeiten zu bedenken.
Auf dem Lehrplan sollten außerdem mehr Experimente und Praktika stehen, sagt Nils Schäfer aus der vierten Klasse – eben ganz echte Erfahrungen. Er selbst interessiere sich zum Beispiel für die Arbeit in einem Bergwerk. Suriya Bäcker möchte mehr über das Gärtnern erfahren – um das Gelernte dann direkt im eigenen Schulgarten auszuprobieren.
Emil-Fischer-Gymnasium in Euskirchen soll zur grünen Schule werden
Längere Sommerferien, keine Hausaufgaben, besser ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, eine moderne Schule, weniger Mehrarbeit, kleinere Klassen – die Wunschzettel von Schülern, Lehrern und Schulleitungen sind lang und teilweise ein Fall fürs Christkind.
Manche sollten aber – so bitter das erscheint – besser heute als morgen wahr werden. „Ich wünsche mir, dass die Toiletten in der Schule nicht so verschmutzt sind und wir im Klassenraum Jalousien haben, die funktionieren, wenn im Sommer die Sonne scheint“, sagt ein Weilerswister Schüler.
Wunsch der Schüler: keine marode Bausubstanz
Auch andere Schüler berichten, dass ihre Schulen teilweise marode erscheinen. Aber auch Schulleitungen wünschen sich Veränderungen an ihren Schulen. „Ich wünsche mir eine Dach- und Fassadensanierung – auch unter ökologischen und energetischen Aspekten“, sagt Dr. Michael Szczekalla, Leiter des Emil-Fischer-Gymnasiums in Euskirchen.
Mit diesem Wunsch rennt er bei Kollegen und Schülern durchaus offene Türen ein. Schon während der jüngsten Projektwoche beschäftigte sich ein Teil der Schülerschaft damit, das „Emil“ grüner zu machen. Dabei ging es unter anderem auch um eine komplette Begrünung der Fassade des Euskirchener Gymnasiums.
Teile des Mechernicher Aulabodens sollen verkauft werden
Sein Kollege Micha Kreitz, Leiter des Gymnasiums Am Turmhof (GAT), kommt eher pathetisch statt materialistisch daher. „Wenn ich mir als Schulleiter etwas wünschen darf, dann, dass wir weiterhin so liebe Kinder haben“, sagt er. Vom Schulträger sei man hervorragend mit Technik ausgestattet worden. Da sei eigentlich kein Wunsch offen. Und da auch bereits die Modernisierung der Aula angeleiert sei, sei materiell eigentlich alles im Fluss, sagt der Schulleiter, der den 60 Jahre alten Aula-Boden des GAT nach eigenen Angaben in kleinen Teilen – wie Souvenirstücke der Berliner Mauer – verkaufen möchte.
Claudia Arens, Lehrerin an der Weilerswister Gesamtschule, wünscht sich einen moderneren Lehrplan – genau wie zahlreiche Schüler. „Wir lehren einige Dinge, die Kinder nicht brauchen, und wir lernen an der Uni Dinge, die wir nicht brauchen. Und vor allem werden wir nicht auf den Beruf vorbereitet“, sagt die Lehrerin aus Keldenich: „Das Bildungssystem ist 100 Jahre alt und hat sich nicht weiterentwickelt.
Schulfach „Fit for Life“ sollte auf dem Stundenplan stehen
Die Gesellschaft aber allein in den vergangenen drei Jahren ungemein.“ Entsprechend müsse das System angepasst werden. Beispielsweise durch das Fach „Fit for Life“. Auf dem Lehrplan müssten Handwerk und Finanzen stehen. Oder auch der Umgang mit Social Media.
Roswitha Schütt-Gerhards von der Clara-Fey-Schule in Schleiden wünscht sich mehr Platz: „Weil wir mit dem Gymnasium und der Realschule zwei Schulformen unter einem Dach haben, brauchen wir mehr Räume. Aktuell ist die Technik in der Kunst untergebracht, und wir wünschen uns einen eigenen Trakt für die Technik. Wir haben Raumnot und durch die Rückkehr zu G9 wird der Platz weniger.“
„Ich wünsche mir mehr Zeit. Mehr Zeit für unsere Ideen, mehr Zeit für Schüler“, sagt Daniela Müller, Leiterin der Paul-Gerhardt-Schule in Euskirchen. Die Wünsche der Schüler sind in einem Ordner gesammelt und sollen nach und nach abgearbeitet werden. So wünscht sich die Schülerschaft einen Basketballkorb oder eine Kletterwand.
„Mein ganz großer Wunsch ist, dass die Klassen kleiner wären. 20 Kinder wären ein Traum“, sagt Andrea Cosman, Leiterin der Realschule in Bad Münstereifel.
Lehrer wünschen sich eine bessere Ausbildung
„Ich würde mir in meiner Schule mehr Aufenthaltsqualität wünschen. Was bei bequemeren Stühlen und Sitzgelegenheiten anfängt, hört bei einem stabilen WLAN auf. Alle schreiben sich die Digitalisierung auf die Fahnen, aber an der Umsetzung hapert es immer noch viel zu oft“, sagt ein Oberstufenschüler des Franken-Gymnasiums in Zülpich.
„Ganz egoistisch wünsche ich mir einen guten Abschluss. Da sich an der Schule nicht viel ändern wird, bis ich im kommenden Jahr mein Abitur haben werde, hoffe ich, dass die Clique auch nach dem Abi nicht in sich zusammenfällt“, sagt ein Marienschüler.
Alina Heuschkel hat vor einem Monat ihr Referendariat beendet und ist nun Lehrerin. „Ich liebe meinen Beruf“, sagt sie: „Für alle kommenden Referendare wünsche ich mir, dass die Ausbildung viel realitätsnäher und man besser auf den Beruf vorbereitet wird.“ (tom)