An den Silotürmen von Hochwald in Mechernich entrollten Greenpeace-Aktivisten ein „Achtung Tierleid“-Transparent. Der Staatsschutz ermittelt.
ProtestGreenpeace-Aktivisten entern Hochwald-Silos in Mechernich – Es geht um „Bärenmarke“
Um 8.30 Uhr am Donnerstag wurde das Banner aufgespannt. Ein symbolisches Warndreieck mit 14 Metern Kantenlänge prangte fortan an den Milch-Silotürmen auf dem Betriebsgelände der Firma Hochwald in Obergartzem. Auf den Silos wurde eine Fahne mit der Aufschrift „Tierleid Stoppen!“ und dem Logo von „Bärenmarke“ gehisst.
Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace, die größtenteils aus Hamburg kamen, hatten sich zuvor Zugang zum Werksgelände verschafft. 15 Personen sind nach Angaben von Greenpeace auf die Silotürme geklettert, um Transparent und Fahne anzubringen.
Gut eineinhalb Stunden später dann Teil zwei der Aktion: Ein Milch-Lkw mit dem Firmenlogo von Hochwald war gerade auf das Werkgelände der Molkerei gefahren, als plötzlich etwa 15 weitere Demonstranten hinter dem Wagen auftauchten. Blitzschnell hatten sie den Wagen mit dreieckigen „Achtung Tierleid“-Aufklebern versehen. Der Fahrer wusste nicht, wie ihm geschah. Er versuchte noch lautstark, die Aktivisten von ihrem Tun abzuhalten – vergeblich.
Hochwald in Mechernich war Ziel der Greenpeace-Aktion
Einige Aktivisten kletterten auf den Wagen, andere stellten sich davor und präsentierten Plakate. Mittendrin in dem Gewühl spazierte eine Demonstrantin im Bärenkostüm umher – als Persiflage auf die Werbefigur von „Bärenmarke“, ein Produkt der Firma Hochwald.
Die Polizei sprach den Protestlern einen Platzverweis aus. Weil diese darauf zunächst nicht reagierten, kam es zu Diskussionen zwischen Demonstranten und Polizisten, die unterdessen die Personalien aufnahmen und ankündigten, dass sie die Demonstranten entfernen würden.
Organisation legt Wert darauf, dass die Aktion gewaltfrei verlief
Nach einigem Hin und Her rollten die ihre Plakate ein, die Aufkleber wurden entfernt und der Fahrer konnte seine Lieferfahrt fortsetzen. Etwa eine Viertelstunde dauerte das Ganze.
Die komplette Aktion verlief gewaltfrei, worauf Greenpeace nach Angaben ihres Sprechers auch großen Wert legt. „Wir machen das heute hier, um deutlich zu machen, dass die Bärenmarke-Molkerei Hochwald Milch von Kühen verarbeitet, die unter Bedingungen gehalten werden, die gegen das Tierschutzgesetz verstoßen“, erklärte Lasse van Aken, der bei Greenpeace den Bereich Landwirtschaft betreut.
Es handele sich um eine „besonders grausame Art, Kühe zu halten“, so van Aken: „Kühe können sich in dieser Anbindehaltung kaum bewegen, sind verdreckt, weisen Hautschäden auf, kommen schlecht an Tränken und müssen teilweise sogar immer die Wand angucken. Bärenmarke lässt Kühe leiden, das ist eindeutig.“ Dass Bärenmarke Milch dieser Kühe verarbeite, müsse sofort aufhören.
Für diese Vorwürfe gebe es klare Belege, so van Aken. Greenpeace beruft sich auf ein Gutachten, das es selbst bei einer Kanzlei in Auftrag gegeben hat. Zudem seien Greenpeace Bilder und Videos von 23 Milchlieferanten der Molkerei zugespielt worden, die tierschutzwidrige Anbindehaltung zeigten. „Das haben wir geprüft“, so van Aken.
Laut Greenpeace wird in Lieferbetrieben Tierwohl missachtet
Alle diese Höfe, zwölf davon in NRW, lieferten Milch zu den Hochland-Werken in Mechernich und Hungen (Hessen), so van Aken. Rechtliche Schritte gegen diese Höfe beabsichtige Greenpeace nicht, erklärte van Aken: „Wir wollen nicht die kleinen Landwirte angreifen. Es ist ein systematisches Problem, dass Molkereien ihnen zu wenig für die Milch zahlen.“
Die Polizei Euskirchen hat ihrem Pressesprecher Franz Küpper zufolge Ermittlungen wegen möglichen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung aufgenommen. „Wir haben außerdem den Staatsschutz aus Bonn eingeschaltet, der inzwischen auch die Ermittlungen aufgenommen hat.“
Während der Aktion versuchten Polizisten, Kontakt zu den Personen auf dem Silo aufzunehmen, was wegen der Entfernung und des Windes auch mit einem Megafon nicht gelang. Beamte fragten Greenpeace-Mitglieder, ob sie eine Handynummer einer der Personen auf dem Silo hätten – doch die verneinten das.
Von Hochwald war keine Stellungnahme zu bekommen
Zu den Ermittlungen sagte van Aken. „Ja, das ist Hausfriedensbruch. Jeder Aktivist, jede Aktivistin ist für sich selbst hier und eigenverantwortlich. Wir nehmen aber die Risiken gerne in Kauf, weil eben diese Anbindehaltung skandalös ist.“ Die verstoße gegen das Tierschutzgesetz, habe also auch strafrechtliche Relevanz: „Eigentlich müsste man Bärenmarke zur Rechenschaft ziehen. “
Geplant sei, das Transparent über Nacht zum Freitag hängen zu lassen, sagte van Aken am Donnerstagmittag. Die Aktivisten auf den Silos seien darauf eingestellt. „Wenn die Polizei jedoch das Gelände räumt, gehen wir. Aber wir planen, über Nacht zu bleiben.“
Dass die Aktion von der Bundesstraße 266 nicht so sehen war, sondern nur von der wenig befahrenen L 11, sei zwar bedauerlich, so eine Greenpeace-Akteurin: „Aber solche Unternehmen befinden sich ja meistens in der Abgeschiedenheit.“ Heutzutage sei es mindest ebenso wichtig, Aktionen in den Sozialen Netzwerken auszuspielen.
Bereits im Dezember 2023 hatte Greenpeace nach eigenen Angaben am Hochwald-Firmensitz in Thalfang 14 000 Postkarten und 8000 E-Mails an Detlef Latka, Geschäftsführer der Hochwald Foods GmbH, übergeben, in denen eine Umstellung auf Weidehaltung gefordert wurde.
Von der Firma Hochwald war am Donnerstag keine Stellungnahme zu den Vorwürfen und der Aktion von Greenpeace zu erhalten.