Anlässlich des Jubiläums lädt das Zentrum in Mechernich zu einer Veranstaltung mit Infoständen, Mitmachaktionen und Beratungsangeboten ein.
Für starke KinderSozialpädiatrisches Zentrum in Mechernich feiert 20-jähriges Bestehen
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – das steht für das Dazugehören, für Verwirklichungschancen und für die Einbeziehung in Bereiche wie Bildung und soziales Miteinander. Es steht auch für den Schutz vor willkürlicher Ungleichbehandlung und Diskriminierung.
Ein ganzes Netzwerk an Unterstützern benötigen Kinder mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen, um eine größtmögliche Teilhabe zu gewährleisten: die Familie, spezielle Therapie- und Hilfesysteme, Bildungseinrichtungen, Nachbarschaften, Vereine, Religionsgemeinschaften und vieles andere mehr.
Mechernich: Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) besteht seit 20 Jahren
Das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) in Mechernich ist hierbei eine wertvolle Adresse. Eltern, deren Kinder eine Behinderung, eine Entwicklungsstörung oder psychische Belastungen haben, finden hier ein Team aus Fachleuten aus den Bereichen Kinder- und Jugendmedizin, Neuropädiatrie, Psychologie, Ergotherapie, Heil- und Sprachheilpädagogik, Physiotherapie und Sozialarbeit.
„Heutzutage arbeitet hier ein multidisziplinäres 30-köpfiges Team, angefangen hat das SPZ vor 20 Jahren mit fünf Mitarbeitenden“, so Dr. Stephanie Zippel, die das Zentrum seit 2015 leitet.
Ehemaliger Chefarzt von Kinderklinik stieß Gründung des Zentrums an
Angestoßen hatte die Gründung des Zentrums der damalige Chefarzt der Kinderklinik am Kreiskrankenhaus Mechernich, Dr. Jörg Schriever. Seither wurden rund 12.000 junge Patientinnen und Patienten im SPZ betreut, und mit ihnen die gesamte Familie.
„Zu uns kommen Eltern, deren Kinder schwerste Behinderungen oder chronische Erkrankungen haben wie Epilepsie, Migräne oder Diabetes. Aber auch Eltern, deren Kinder viel schreien, außergewöhnlich stark trotzen, Schulangst, Schlafstörungen, sprachliche oder motorische Auffälligkeiten, autistische Verhaltensweisen oder Lernschwächen haben“, sagt Zippel.
SPZ stößt personell und räumlich an seine Grenzen
Die Bandbreite der möglichen Gründe, sein Kind im SPZ vorzustellen, ist sehr groß. Und der Bedarf leider auch: Wartezeiten von einem Jahr und mehr gehören zur bedauerlichen Realität der Versorgung: „Deshalb nehmen wir auch in der Einzelberatung nur Kinder aus dem Kreisgebiet an“, erklärt Zippel. Aber auch so sei man räumlich wie personell absolut am Limit. Hinzu komme, dass durch Corona, die Flutkatastrophe, Soziale Medien und Migration der Bedarf nochmals gestiegen sei.
Eine weitere Herausforderung in der Arbeit des Sozialpädiatrischen Zentrums sei „unsere defizitorientierte Gesellschaft, die es schwer macht, in die Teilhabe zu kommen“, meint Stephanie Zippel. Beispielsweise im Schulsystem, wo mehr darauf geschaut würde, was Kinder nicht können, anstatt ihre Ressourcen zu stärken. Von großer Bedeutung bei der Stärkung der Kinder seien auch die Eltern, die mit Liebe und Akzeptanz die Basis böten.
Für nicht sprechende Kinder gibt es Alternativen der Kommunikation
Für manche Eltern sei es ein schwieriger Weg bis hin zur Akzeptanz einer Behinderung ihres Kindes: „Sie verabschieden sich schließlich von Träumen“, meint Zippel. Andere könnten die Beeinträchtigung schneller annehmen und sich auch leichter auf alternative Wege einlassen: Wenn beispielsweise ein Kind nie sprechen wird, so gibt es doch Möglichkeiten der Kommunikation.
„Heute kann man auf viele technologische Hilfsmittel zurückgreifen wie etwa Talker“, sagt Zippel und meint damit Sprachcomputer, die sich mit den Händen oder sogar nur mit Augenbewegungen steuern lassen. Auch über Kärtchen mit Piktogrammen kann Spracherwerb stattfinden. All diese Hilfsmittel firmieren unter dem Begriff „Gestützte Kommunikation“.
Die Familie wird in den Therapieplan mit eingebunden
Wer angebunden ist ans SPZ, bleibt häufig über Jahre und wird von dem interdisziplinär arbeitenden Team begleitet. Nach einer umfänglichen Diagnostik wird hier ein individuell passender Therapieplan erstellt. „Dabei nehmen wir immer das gesamte Familiensystem mit ins Boot“, so Zippel. Deshalb gebe es im SPZ unter anderem auch ein Angebot für Geschwister.
„Manche Eltern tun sich schwer mit dem Gang zum SPZ, weil sie denken, ein Kind, dem eine Behinderung attestiert werde, erlebe lebenslange Stigmatisierung“, weiß Stephanie Zippel. Und wie sieht die Leiterin des Sozialpädiatrischen Zentrums das persönlich? Eine Antwort darauf findet sich in der Fotoausstellung in den Räumen und Fluren des SPZ, auf die Stephanie Zippel begeistert hinweist.
Die Fotografin Rendel Freude hat Familien, die im Mechernicher SPZ betreut werden, zu Hause besucht und deren Lebensalltag mit der Kamera eingefangen. „Ich würde sagen, diese Kinder haben ein schönes Leben“, konstatiert die Ärztin mit Blick auf die großformatigen Momentaufnahmen. Ein Bild sagt eben mehr als tausend Worte.
Feier zum Jubiläum
Das 20-jährige Bestehen des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) wird am Samstag, 7. September, von 11 bis 17 Uhr gefeiert. Nach der Begrüßung und einem Vortrag zu Unterstützender Kommunikation wird im und rund um das SPZ ein buntes Mitmachprogramm geboten.
Dies reicht von einer Teddybär-Sprechstunde, dem Kennenlernen von tiergestützter Therapie und Graphomotorik zum Ausprobieren bis hin zum Rolliparcours, Musiktherapie und kunsttherapeutischem Malzirkus. Vor Ort werden auch zahlreiche Infostände zu finden sein, an denen Besucher beispielsweise mehr über die Unabhängige Teilhabeberatung erfahren.
Außerdem können Interessierte die Räumlichkeiten des SPZ erkunden. Die Geburtstagsfeier bietet eine gute Gelegenheit, sich über die Therapie- und Beratungsangebote zu informieren und einen Einblick in die interdisziplinäre Arbeit des SPZ zu gewinnen. Um Anmeldungen wird per E-Mail gebeten.