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Projekt in ObergartzemAzubi richtet Antrieb für Skilift her – Einbau Ende des Monats

Lesezeit 4 Minuten

Zwölf Spulen hat Auszubildender Jonas Andres (l.) für den Skilift-Motor gewickelt. Sein Kollege René Heser schaut, dass alles richtig gemacht wird.

Mechernich-Obergartzem – Noch im Frühjahr galt der „Patient“ als klinisch tot. Nun liegt er mit frischer, roter Lackierung hübsch gemacht, aber noch stumm vor Jonas Andres. Konzentriert macht sich der Lehrling für Elektronik, Fachrichtung Maschinen- und Antriebstechnik, am Innenleben des Sorgenkindes zu schaffen. Sorgfältig bandagiert er die Drähte für die Wicklung, damit im Inneren des Elektromotors alles ordentlich isoliert ist.

Denn im Winter sollen wieder viele Menschen Freude an der Funktion des Motors haben. Denn es ist nicht irgendein Motor, an dem Andres gerade arbeitet. Er ist das Herzstück des Skiliftes am Weißen Stein und damit das entscheidende Element für die Frage, ob auch in Zukunft in Udenbreth ein Skilift bereitsteht, um die Wintersportler den Skihang hinaufzuziehen.

Im Januar, gerade an einem der wenigen Tagen, als in diesem Winter genug Schnee lag, um eine Abfahrt zu ermöglichen, hatte der Motor seinen Dienst eingestellt. Die endgültige Einstellung des Skiliftbetriebs stand im Raum. Doch der Hilferuf der Betreibergesellschaft des Liftes verhallte nicht ungehört.

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Vor einem Monat wurde der Motor am Weißen Stein ausgebaut.

Eigentlich kamen Andreas Hamacher, Geschäftsführer von Hamacher Elektrotechnik in Obergartzem, und Frank Steiner, Betriebsleiter der Sparte Antriebstechnik, unabhängig voneinander auf die Idee, ihre Hilfe anzubieten. „Wir sind froh, wenn die Jungen das Wickeln üben können“, sagt Steiner. Üblicherweise stellten die Auszubildenden eine Wicklung her – die anschließend entsorgt werde. Um so schöner sei es, wenn sie die Gelegenheit hätten, einen defekten Motor von Grund auf neu aufzubauen.

Andres bestätigt das. „Ich kann jeden Schritt selbst machen“, sagt er. All das Wissen, aas er in seinen drei Lehrjahren angesammelt habe, könne er hier anwenden. Bereits beim Ausbau des Motors in Udenbreth hat er mit angepackt.

Ein Fall für die Schrottkiste waren die alten Wicklungen.

Die Ursache für den Defekt am Motor sei eine durchgebrannte Wicklung gewesen, erläutert Steiner. Feuchtigkeit und das Alter hätten dem Motor im Laufe der Jahre zugesetzt. „Der Motor hat lange gestanden, ist feucht geworden, und dann gab es irgendwo eine Fehlstelle in der Isolation“, sagt er. In der Werkstatt liegen die alten Drähte nun auf einem wirren Haufen.

Das Unternehmen

Eine wechselvolle Geschichte hat die Firma, die heute Hamacher Antriebstechnik heißt. Sie entstand als RWE-Tochter 1975 in Obergartzem, um Generatoren der Braunkohlenkraftwerke reparieren zu können. Nachdem der Betrieb zwischenzeitlich zum niederländischen Stork-Konzern gehörte, wurde er am 1. September 2019 Teil der Obergartzemer „Hamacher Elektrotechnik“. Der Betrieb hat rund 50 Mitarbeiter.

Sorgen bereitet Betriebsleiter Frank Steiner die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Gerne hätte man pro Jahrgang zwei Auszubildende – doch seit zwei Jahren habe der Betrieb keine Auszubildenden mehr bekommen. „Dabei ist der Beruf sehr interessant und vielseitig“, sagt er. Er sei durch die alte Berufsbezeichnung „Elektromaschinenbauer“ viel besser beschrieben als den heutigen Begriff „Elektroniker, Fachrichtung Maschinen- und Antriebstechnik“. Jonas Andres bestätigt die Faszination seines Berufes. „Transformatoren und Elektromotoren gibt es überall, selbst in dem kleinsten Handy-Netzteil“, sagt er. Deshalb würden seine Fachkenntnisse auch überall nachgefragt. (sev)

Die zwölf Spulen mussten neu gewickelt und von Hand in den Stator eingelegt werden, wie der feststehende Mantel des Motors genannt wird. Einträufeln nennt sich dieser Vorgang. Dann werden die Drähte miteinander verlötet und fest bandagiert, um den mechanischen Beanspruchungen standhalten zu können.

Für die Firma Hamacher Antriebstechnik ist der Udenbrether Motor eigentlich eher ein Spielzeug. Dort werden Generatoren aus Kraftwerken repariert und gewartet, die in ganz anderen Gewichtsklassen unterwegs sind. „Wir können in dieser Betriebshalle an Motoren mit einem Gewicht bis 50 Tonnen arbeiten“, erläutert Steiner. Viele Arbeiten würden aber auch direkt vor Ort erledigt , sagt er.

Frisch lackiert ist der Läufer des Motors.

Für die Wintersportfreunde findet so der Kollaps des Skiliftmotors am Weißen Stein ein gutes Ende. „Wir wollen nur das Material bezahlt haben, ansonsten läuft das als Azubi-Projekt“, so der Betriebsleiter. Zwischen 60 und 80 Arbeitsstunden seien notwendig, bis der Auszubildende den Motor wieder einsatzbereit habe. „Ende des Monats soll der reparierte Motor wieder eingebaut werden“, sagt Steiner.