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Selbstversuch zum 9-Euro-TicketMit Geduld und Zeit zur Arbeit in die Eifel

Lesezeit 5 Minuten

Die Sommerferien stehen vor der Tür: Mit dem 9-Euro-Ticket kann man bis in die Eifel fahren.

Kreis Euskirchen – Es ist 6 Uhr – der Wecker klingelt. Über eine Stunde früher als normal, aber da muss ich nun durch: Ich teste, wie gut ich mit Bus und Bahn zur Arbeit komme. Schließlich ist das 9-Euro-Ticket seit gestern in Kraft, und das soll ja Autofahrer dazu bewegen, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Fürs Klima und den Geldbeutel.

Normalerweise fahre ich etwa eine Stunde mit dem Auto pro Strecke – 50 Kilometer liegen zwischen meinem Wohnort im Rhein-Sieg-Kreis und der Redaktion in Gemünd. Zwei Stunden am Tag gehen mir so „verloren“, und ich gebe zu: Die Fahrt stresst mich meist. Viele Autofahrer sind mit mir unterwegs, und bei insgesamt 13 Ampeln auf der Strecke ist eine „grüne Welle“ selten. Mit der Bahn zu fahren, hätte also durchaus Vorteile, vor allem bei 9 Euro pro Monatsticket.

Dreimal umsteigen

Die Nachteile werden mir aber an dem Morgen schmerzlich bewusst. Denn statt um 9 Uhr – da müsste ich mit dem Auto los – fährt der Zug schon um 8.03 Uhr am Bahnhof ab. Und anders als mein Auto wartet der Zug auch nicht auf mich. Da ich nicht gleich neben dem Bahnhof wohne, muss ich da auch erst mal hinkommen. Zum Glück ist das Wetter gut, und ich kann für den knappen Kilometer das Fahrrad nutzen. „Etwas Bewegung am Morgen ist ja auch nicht schlecht“, rede ich mir ein. Bei gutem Wetter kann ich mich so noch austricksen, an meine Stimmung, wenn es jetzt regnen würde, will ich lieber gar nicht denken.

Ich weiß, dass ich nicht die Zielgruppe des 9-Euro-Tickets bin: Mein Pendelweg ist zu weit und führt in die Eifel – da ist nicht erst seit der Flut der ÖPNV ein Problem. Aber seit dem Hochwasser ist es natürlich nicht besser geworden. Insgesamt dreimal muss ich umsteigen, soll in etwa 1,5 Stunden brauchen. Als Erstes geht es von meinem Heimatbahnhof mit dem Zug nach Euskirchen. Trotz des ersten Tages beim 9-Euro-Tickets ist der Bahnsteig so gut wie leer. Mit mir warten die typischen Pendler, die genau wissen, wann und wie ihr Zug fährt. Und auch der Zug ist alles andere als voll. Ich habe freie Platzwahl. Die Fahrt geht weitestgehend an den Straßen entlang, die ich sonst mit dem Auto nehme.

Große Nachfrage

Etwa 4000 Tickets hat die Stadtverkehr Euskirchen GmbH bis Mittwoch bereits verkauft, sagt Geschäftsführer Anno Schichler-Koep. Tendenz steigend. Den großen Ansturm an Fahrgästen habe es am Mittwoch in Euskirchen aber noch nicht gegeben, so der Geschäftsführer. Er gehe eher von einer Zunahme am Wochenende und in den Ferien aus. „Wir haben die Kapazitäten und freuen uns auf Kunden, die in die Eifel kommen“, so Schichler-Koep. (jes)

Obwohl nicht viel los ist, fährt der Zug schnell drei Minuten Verspätung ein. Es ist mir ein Rätsel, wie die Bahn das immer schafft, aber fast bewundere ich das Unternehmen dafür, dass eigentlich so gut wie kein Zug auf die Minute pünktlich ankommt. Ist ja auch irgendwie eine Leistung. Das bedeutet für mich aber auch: Statt acht Minuten bleiben mir zum Umsteigen in Euskirchen nur fünf Minuten. Gut, Euskirchen ist kein großer Bahnhof, und die Zeit ist absolut ausreichend – selbst mit Bahnsteigwechsel. Aber noch etwas zum Essen beim Bäcker zu besorgen, würde schon sehr knapp werden.

Züge nach Köln und Bonn gefragter als in die Eifel

Auf dem Bahnsteig, an dem ich angekommen bin, ist deutlich mehr los: Die Züge in Richtung Köln und Bonn sind sehr gefragt und deutlich voller als in Richtung Euskirchen. Oder auch in Richtung Mechernich, wie ich gleich feststelle. Kaum Fahrgäste steigen mit mir ein, aber – wie sollte es anders sein – natürlich eine Kindergartengruppe. Die Ruhe in meinem Auto vermisse ich in dem Moment sehr, trotz Kopfhörer mit Noise-Cancelling-Funktion.

Aufgrund der Flutschäden endet der Zug derzeit in Mechernich. Von da aus heißt es, auf den Schienenersatzverkehr (SEV) umzusteigen. Die Info steht auch in der App der Deutschen Bahn. Und das war’s dann auch. Von wo der abfährt? Keine Ahnung. „Wird schon am Bahnhof ausgeschildert sein“, denke ich mir. Doch Fehlanzeige. Die Info, wie man zum Zug nach Köln kommt, hängt an jeder zweiten Laterne. Die Info, von wo aus der SEV in Richtung Eifel fährt, suchen Reisende vergeblich.

Fünf Minuten bleiben mir zum Umsteigen. Mein Frühsportprogramm setzte sich also nach dem Fahrradfahren noch mal fort: zweimal um den Mechernicher Bahnhof rennen. Um eine gute Pendlerin zu werden, müsste ich dringend mehr Kondition am frühen Morgen aufbauen. Dabei habe ich ja noch nicht einmal gefrühstückt.

Von überfüllten Bahnen war am Mittwoch nichts zu spüren.

Kurzum: Der SEV fährt ohne mich. Laut Aushang an der Haltestelle soll der nächste Bus erst in einer Stunde fahren. Die DB-App sagte etwas von 9.17 Uhr. Eigentlich ist es eh egal, wann der Bus kommt, ich muss schließlich sowieso an der Haltestelle warten. Bei schlechtem Wetter hätte ich hier zumindest die Möglichkeit, in den Bahnhof zu gehen und mich dort unterzustellen.

Eine Stunde warten in Kall

Der SEV kommt wirklich um 9.17 Uhr. Weit bringt mich das allerdings nicht, denn in Kall muss ich erneut umsteigen: in den Schnellbus. Und auf den muss ich nun wirklich eine Stunde warten. Theoretisch würde ich mir hier ein E-Bike für wenig Geld leihen, weit ist es bis Gemünd ja nicht mehr. Das ist aber im 9-Euro-Ticket nicht enthalten. Deswegen warte ich auf den Bus.

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Eine ganze Stunde später als geplant, also um halb elf, komme ich in Gemünd Mitte an. Bis zur Redaktion sind es nur noch ein paar Gehminuten. Auf dem Weg überlege ich, ob das nun wirklich eine Alternative ist und muss zugeben: Um in die Eifel zu kommen, bleibe ich – leider – doch weiter bei meinem Auto. Aber für die Fahrt nach Bonn oder Köln steige ich gerne um.