Obwohl die verbliebenen Gehölze auf einem Baugrundstück im Genfbachtal in Nettersheim geschützt waren, wurden sie am Samstag gefällt.
Baumfrevel im GenfbachtalSchon wieder wurden geschützte Gehölze in Nettersheim gefällt
Die Schrift ist bereits verblichen, aber sie ist immer noch lesbar. „Wer genehmigt denn sowas?“, ist auf einem der Schilder zu lesen, die Nettersheimer Bürger bereits vor mehr als einem Jahr am Rand eines Baugrundstücks zwischen den Straßen Schleifmühle und Alte Burg aufgestellt haben.
Die Antwort lautet schlicht und ergreifend: Niemand. Denn das Fällen der Bäume auf dem fraglichen Grundstück, die eigentlich durch die Baumschutzsatzung der Gemeinde Nettersheim geschützt werden, war im Herbst des Jahres 2022 illegal. So sieht es jedenfalls die Gemeinde, die nach dem Vorfall wegen eines Verstoßes gegen die Baumschutzsatzung tätig geworden ist.
Zum Fällen der Bäume in Nettersheim gab es keine Genehmigung
Anwohner des Grundstücks, das an einem Steilhang im Genfbachtal liegt, wurden am Samstag erneut durch den Lärm von mehreren Motorsägen aufgeschreckt. „Schon um kurz nach 7 Uhr ging das los“, berichtet ein Anwohner.
Das Brisante daran: Auch diesmal lag nach Auskunft von Eva Gäbler, der Allgemeinen Vertreterin von Bürgermeister Norbert Crump, keine Genehmigung vor, die Bäume zu fällen. „Nachdem Ordnungsamt und Polizei im Herbst 2022 eingeschritten sind, um das Fällen aller Bäume auf dem Grundstück zu unterbinden, hat die Gemeinde sogar eine Ordnungsverfügung erlassen“, informiert Gäbler.
Darin sei unmissverständlich formuliert worden, dass die noch auf dem Grundstück stehenden Bäume nicht gefällt werden dürften. Für einen Verstoß gegen diese Ordnungsverfügung sei ein Zwangsgeld angedroht worden, so Gäbler: „Wir haben auch in dem aktuellen Fall vom Samstag keine Ausnahme von der Baumschutzsatzung erteilt.“
Nachdem Anwohner am Samstag den erneuten Motorsägeneinsatz auf dem Grundstück gemeldet hatten, rückte das Ordnungsamt der Gemeinde an. „Wir haben einen Baustellenstopp verhängt, damit die vom Grundstückseigentümer mit dem Fällen beauftragten Forstarbeiter ihre Arbeit einstellen“, sagte Ordnungsamtsleiter René Schreiber am Samstag vor Ort.
Mit zahlreichen Fällkeilen wurden „Fakten geschaffen“
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Arbeiter bereits zwei Kiefern und einen Ahorn gefällt. „Allerdings waren auch schon an weiteren Bäumen Fällkeile herausgesägt worden“, so Schreiber: „Aus forstlicher Sicht ist das ein sehr ungewöhnliches Vorgehen.“ Ihm dränge sich der Verdacht auf, dass die Arbeiter auf jeden Fall hätten Fakten schaffen wollen. „Aus Gründen der Verkehrssicherheit müssen wir mindestens fünf weitere Bäume, die bereits angesägt wurden, jetzt auch noch fällen lassen“, so Schreiber.
„Es ist eine absolute Frechheit, sich auf diese Weise über gültige Bestimmungen hinwegzusetzen“, schimpft Albert Müllenborn, der nur wenige Gehminuten entfernt von der Fläche im Genfbachtal wohnt und für die UNA im Gemeinderat sitzt. „Dem Bürger wird dadurch doch vermittelt, dass die Baumschutzsatzung keinen Wert hat und man der Dumme ist, wenn man sich dran hält“, so Müllenborn. Die UNA werde das Thema nach Karneval erneut in die politischen Gremien bringen, kündigte er an.
Politiker und Bürger aus Nettersheim sind empört
„Die Art und Weise, wie hier Fakten geschaffen wurden, ist nicht in Ordnung“, sagt auch die Nettersheimer Naturschützerin Dr. Elke Sprunkel: „Aus meiner Sicht ist auch die Lage des Baugrundstücks problematisch, schließlich werden hier Flächen an einem Steilhang versiegelt, und das Genfbachtal war 2021 extrem vom Hochwasser betroffen.“
Doch die Möglichkeit, die Bebauung zu verhindern, sieht die Gemeinde nicht. „Die Kreisverwaltung hat die Baugenehmigung erteilt“, so Gäbler. Wegen des ersten Verstoßes gegen die Baumschutzsatzung aus dem Jahr 2022 befindet sich die Gemeinde derzeit in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Aachen. „Im Zweifelsfall steht aber eher ein Haus auf dem Grundstück, bevor es dort zu einer Entscheidung kommt“, sagt Gäbler.
Bußgeld von bis zu 50.000 Euro möglich
In der Gemeinde Nettersheim besteht bereits seit dem Jahr 1985 eine Baumschutzsatzung. Bäume, die in einer Höhe von einem Meter mehr als 80 Zentimeter Stammumfang haben, dürfen demnach nicht ohne Genehmigung gefällt werden. Bis zu 50.000 Euro Bußgeld oder Ersatzpflanzungen sieht die Satzung bei Verstößen vor.