Simmerath-Rurberg – Es ist ein lauer Sommerabend, 24 Grad, ein paar Wolken schweben am Himmel, und auf den Wiesen oberhalb von Rurberg stehen statt Kühen Autos. Um kurz nach 17 Uhr sind es schon Hunderte, und es kommen minütlich mehr. Mit zwei Jahren Verspätung findet an diesem Wochenende die 55. Auflage von „Rursee in Flammen“ statt. Viele lassen sich das nicht zweimal sagen, und so strömen die Besucher in Scharen in den kleinen Ort.
Die meisten zieht es erst an See, Essensbuden und Getränkestände. Durch die Uferstraße wabert der Geruch von frischen Popcorn und Currywurst. Es gibt Dampfnudeln und gebrannte Mandeln. Da wundert es einen zunächst nicht, als aus der Ferne „Last Christmas“ über den See schallt. Aber Moment, es ist doch erst Mitte Juli.
Mit Weihnachtsbaum aufs Boot
Die Ursache für die weihnachtliche Musik: eine Gruppe junger Leute, die an der Crazy-Boats-Parade teilnehmen. Nur in Badekleidung und mit roten Zipfelmützen bekleidet, schippern sie auf einem weihnachtlich dekorierten Segelboot samt Weihnachtsbaum und Weihnachtsmann über den See. Ein durchaus verrückter Anblick, mitten im Sommer.
Für den ersten Platz reicht diese Präsentation beim Wettbewerb zur Parade dann allerdings nicht. Obwohl der Weihnachtsmann zwischendurch baden ging, landet die Gruppe „nur“ auf Platz zwei. Den Sieg holt sich Peter Weimbs aus Herhahn, der als Nerolix aus dem Nazemdal („Nachts im Tal“) mit seinen vier schwimmenden Enten nahezu über den See schwebt.
Es ist bereits der zweite Sieg beim Crazy-Boats-Wettbewerb für Weimbs – 2018 begeisterte er die Jury mit einem riesigen Wasserläufer. Dem 68-Jährigen macht die Parade großen Spaß. „Ich bin ein alter Karnevalist“, sagt er und lacht.
Am Freitagabend rockten Brings den Rursee
Gute Laune hat am Samstagabend auch Sander Lutterbach. Seit 2008 ist der 46-Jährige der Chef-Organisator der Veranstaltung. „Es ist einfach mega.“ Alles laufe wie am Schnürchen, sogar das Wetter spiele mit. Vier Tage Programm haben er und sein Team auf die Beine gestellt: Brings rockten den See am Freitagabend , und auch an den anderen Tagen gab es musikalisches Programm, eine große Kinder-Ecke mit Hüpfburg und Co. sowie einen bunten und abwechslungsreichen Markt.
In diesem Fest stecke ein Jahr Vorbereitung und bis zum Frühjahr sei noch überhaupt nicht klar gewesen, ob es stattfinden könne. Zwei Mal musste Lutterbach absagen – wegen Corona. „Feste abzusagen macht einfach keinen Spaß“, fasst er die Stimmung der vergangenen Jahre zusammen. Umso glücklicher ist er heute.
Marktverkäufer waren nicht ganz zufrieden
Ein paar Meter weiter mit bestem Ausblick auf das spätere Feuerwerk haben Jochen Nießen und Dani ihren Stand aufgebaut und sind nicht ganz so zufrieden wie Lutterbach. Die beiden haben ein Bekleidungsgeschäft in Simmerath und sind zum ersten Mal mit einem Marktstand bei „Rursee in Flammen“ dabei. Als Besucher kennen sie das Fest noch aus Vor-Corona-Zeiten und sind sich einig: „Früher war mehr los.“ Auch ihr Nachbar Klausi, der extra aus Niedersachsen angereist ist und allerlei Selbstgenähtes verkauft, beschreibt die Lage als „gewöhnungsbedürftig“. Laut Lauterbach sind es in diesem Jahr aber wieder so viele Besucher wie zu Rekordzeiten: 50 200 Besucher, so schätzt er am Sonntagvormittag, werden es bis zum Ende des Festes sein. Dani, Klausi und Jochen Nießen vermuten, dass viele nach den zwei Pandemie-Jahren und bei der aktuellen Inflation aufs Geld achten müssen. Trotz mangelnder Kundschaft sind sie aber bester Laune: „Spaß macht es auf jeden Fall.“
Tatsächlich findet man selbst um kurz vor 23 Uhr noch gut einen Platz am Seeufer, um sich den Höhepunkt des Festes anzusehen. Das professionelle Feuerwerk, das dem Fest seinen Namen gibt, lässt den Himmel über dem See erstrahlen. Dazu schippern zahlreiche bunt beleuchtete Boote über das Wasser. Der Zauber dauert dann allerdings lediglich zehn Minuten.
Mit der Länge eines Feuerwerks sei das so eine Sache, sagt Lutterbach am Sonntagvormittag. Dauere es zu lange, schauten viele irgendwann nicht mehr richtig hin. Ihm sei deshalb ein etwas kürzeres und dafür heftig knallendes Feuerwerk lieber. Und geknallt hat es am Samstagabend. So laut, dass sich eine Besucherin zwischenzeitlich Sorgen um die Tiere im Nationalpark machte.