Prozess80-jähriger Autofahrer trägt Schuld an tödlichem Unfall bei Schleiden

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Eine Laterne mit einer Grabkerze hängt an einem Verkehrsschild am Ort des tödlichen Unfalles, bei dem ein Fahrradfahrer ums Leben kam.

Eine Laterne mit einer Grabkerze erinnert am Unfallort an den Tod eines Fahrradfahrers.

Wegen fahrlässiger Tötung ist ein 80 Jahre alter Mann zu einer Geldstrafe in Höhe von 4200 Euro verurteilt worden.

Ein Urteil kann weder das Leid der trauernden Hinterbliebenen, den Schock der Beteiligten noch die Verzweiflung des Angeklagten widerspiegeln, der den Verlust eines Menschen verursacht hat. „Unser Strafrecht dient dazu, die Schuld des Angeklagten zu beurteilen“, sagte Richterin Claudia Giesen. Das heiße nicht, dass der Tod in einer Geldsumme zu messen sei. Zu 4200 Euro Strafe verurteilte sie den Mann, der sich wegen fahrlässiger Tötung zu verantworten hatte.

Wie tief das Geschehen vom 1. Mai 2022 in das Leben der Beteiligten eingegriffen hat, wurde darin deutlich, dass die Witwe des Getöteten als Nebenklägerin der Verhandlung nicht beiwohnte.

Das Ehepaar war mit seinen Pedelecs auf der L 159 zwischen Schöneseiffen und Hellenthal unterwegs. Auf Höhe des Ludwigshofs wollten sie nach links auf eine Nebenstraße abbiegen. Die vorne fahrende Ehefrau gelangte über die Straße, ihr Mann wurde von dem Auto des aus Richtung Schöneseiffen kommenden Angeklagten von hinten erfasst und überrollt. Noch am Unfallort erlag der Hellenthaler seinen Verletzungen.

Unfallfahrer hat inzwischen seinen Führerschein abgegeben

Schnell sei er nicht gefahren, sagte der 80-jährige Angeklagte, der in Belgien lebt – rund 70 km/h auf der Strecke, wo Tempo 100 erlaubt ist. Er habe den Fahrradfahrer wahrgenommen und an ihm vorbeifahren wollen. Dann habe er gerade noch gesehen, dass dieser die Hand nach links herausgestreckt habe. „Dann hat es schon geknallt“, so der Angeklagte.

Da er schlecht stehen könne, habe er sich in sein Auto gesetzt und verfolgt, wie versucht wurde, den Verunglückten wiederzubeleben. Ruhig und gefasst habe er gewirkt, sagte die Polizistin, die als Erste am Unfallort eingetroffen war. Als sie ihm berichtet habe, dass das Unfallopfer gestorben sei, sei er deutlich betroffen gewesen.

„Seit dem Tag bin ich mit dem Auto nur noch ein- oder zweimal zum Einkaufen gefahren, danach nicht mehr“, berichtete er. Alleine wolle er nicht mehr fahren – nur, wenn jemand neben ihm sitze. So verzichtete er noch während der Verhandlung auf seinen deutschen Führerschein. „Warum soll ich fahren, wo ich mir ausmale, was da passieren könnte“, sagte der Angeklagte, der 14 Jahre als Berufskraftfahrer in ganz Europa unterwegs war und keine Eintragungen im Verkehrszentralregister hat.

Unfallzeuge: „Da wurde nicht ausgewichen oder gebremst“

„Ich dachte, dass er ziemlich langsam fährt“, sagte der Zeuge, der während des Unfalls hinter dem Angeklagten fuhr. Er habe die Radfahrer gesehen, daher den Vordermann nicht überholt. Die Situation habe er als kritisch empfunden. „Da wurde nicht ausgewichen oder gebremst“, schilderte er die Abläufe.

Das Sachverständigengutachten bestätigte diese Aussage. Acht Sekunden Zeit habe der Autofahrer gehabt, um die Radfahrer zu erkennen. Er habe weder kurz vor noch nach dem Aufprall mit dem Fahrradfahrer gebremst. Dadurch sei das Fahrzeug über das Unfallopfer gefahren. Dass die dadurch verursachten Verletzungen den Tod verursacht hatten, hatte eine Obduktion bestätigt.

„Acht Sekunden – das ist in solchen Situationen eine Ewigkeit“, betonte Nebenklage-Vertreter Sebastian Pelzer. Das Maß der Unachtsamkeit sei nicht gering, betonte auch die Richterin: „Ich hoffe für alle Beteiligten, dass sie mit ihrer Traumabewältigung Fortschritte machen.“

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