Die Bedeutung rechter Medien ist gewachsen. Journalist Hans Demmel sprach in Vogelsang darüber, wie sie Menschen beeinflussen.
Hass und HetzeHans Demmel berichtete in Vogelsang über rechte Medien
„Es ist eine dunkle Welt mit wenig Licht und noch weniger Hoffnung. Alles ist schlecht“, berichtete Hans Demmel. In dieser Welt sei die Regierung unfähig, Zuwanderung eine Bedrohung und die Wirtschaft am Ende. Demmels Beschreibung bezog sich dabei nicht auf eine fiktive Welt in einem Science-Fiction-Roman. Vielmehr beschreibt der Journalist die Darstellung von Deutschland in rechten Medien, die er in einem Selbstversuch ein halbes Jahr lang als einzige Informationsquelle genutzt hat.
Seine Recherchen hat er anschließend mit seinem Kollegen Friedrich Küppersbusch in dem Buch „Anderswelt – Eine Reise ins Dunkel“ aufgeschrieben. Nach Vogelsang war Demmel aber alleine gekommen, weil sein Mitstreiter kurzfristig an Corona erkrankt war.
Thomas Kreyes, Geschäftsführer von Vogelsang IP, schlug in seiner Begrüßung den Bogen zum Veranstaltungsort: „Indoktrination war auch das Ziel der NS-Stätte Vogelsang. Jeden Tag bekamen die Männer dort Rassismus und Antisemitismus in den Kopf gesetzt.“ Das habe auch Wirkung gezeigt, denn später hätten viele der Lehrgangsteilnehmer als Zivilverwalter in den Ostgebieten schreckliche Verbrechen begangen. Sie seien auch für die Deportation von Millionen von Menschen verantwortlich gewesen.
Demmel, der mehr als 40 Jahre für verschiedene Zeitungen und Fernsehsender gearbeitet hat, erklärte, dass die „herkömmlichen Medien“ mit Auflagenschwund und sinkenden Einschaltquoten zu kämpfen hätten, während die „alternativen Medien“ deutliche Zuwächse zu verzeichneten. Rechte und Querdenker würden über die angebliche „Lügenpresse“ schimpfen. Demmel hatte in seinem Selbstversuch mehrere Blätter gelesen, die dem rechten Spektrum zugeordnet werden.
Mit der Finanzkrise 2008 begann die Entwicklung
„Deren Leser wollen nur noch das glauben, was ihre Vorurteile bestätigt“, sagte Demmel. Erschreckend sei, dass diese Entwicklung zum Teil auch von ehemals renommierten Journalisten befeuert werde. Die Wege zu Verschwörungstheorien seien offensichtlich sehr kurz. In den Blättern sei vieles zu lesen, was als „völkisch“ gelte und den Holocaust relativiere.
Begonnen habe die Entwicklung mit der Finanzkrise 2008: „Dann folgten 2015 das Flüchtlingsproblem und 2020 die Corona-Maßnahmen.“ Die Menschen seien von den Auswirkungen unterschiedlich betroffen gewesen. Aktuell sorge der Ukrainekrieg für Diskussionen.
Für die Faktenchecks sei Küppersbusch zuständig gewesen: „Es war erstaunlich und erschreckend zugleich, wie einfach zu belegen war, dass es sich bei den Behauptungen um Lügen handelte.“ Demmel brachte das Beispiel einer vermeintlichen Umfrage einer US-amerikanischen Universität, die angeblich ergeben hatte, dass 90 Prozent der Journalisten in den USA politisch links seien. „Wir haben bei der Universität nachgefragt. Die Untersuchung gibt es gar nicht.“ Nichtereignisse würden aufgeblasen.
Hans Demmel über rechte Medien: „Hass und Hetze jenseits der Fakten“
Dabei werde auf psychologische Erkenntnisse zurückgegriffen: „Menschen glauben vor allem den Nachrichten, die ihre eigene Sicht bestätigen.“ Dadurch würden sich Meinungen immer mehr verfestigen und gegenteilige Ansichten ausgeblendet. In Deutschland seien gerade Bundeskanzler Olaf Scholz und die Grünen Ziel von „Hass und Hetze jenseits der Fakten“. Das Gemeinwesen werde verunglimpft: „Das hat mit dem Staat, in dem ich lebe, nicht viel zu tun.“
Er habe viele der Autoren der rechten Medien in den vergangenen Jahrzehnten persönlich kennengelernt: „Das sind oft Menschen, die in ihrem Leben eine große Kränkung erfahren haben, weil sie beispielsweise entlassen wurden oder ihr Geschäft zusammengebrochen ist. Den Applaus und die Zustimmung, die sie brauchen, holen sie sich dann halt woanders.“ Mittlerweile gebe es im deutschsprachigen Raum rund 300 Webseiten, die eindeutige rechte Inhalte hätten.
Versuch, die politische Mitte zu verschieben
„Wer das glaubt, sitzt in der Falle“, fasste Demmel seine Erfahrungen zusammen. Komprimierter Hass und Hetze, die überwiegend mit unwahren Fakten arbeite, könnten einen Menschen beeinflussen: „Am Ende stellt man sich die Frage: ,Spinnen die? Oder spinne ich?'“ Es sei der Versuch, die politische Mitte zu verschieben. Das erkläre auch die aktuell guten Umfragewerte der AfD.
Die etablierten Medien seien auch nicht unvoreingenommen, meinte ein Besucher beim anschließenden Austausch mit Demmel. So habe man an Donald Trump kein gutes Haar gelassen. „Da fällt mir in der Rückschau aber auch nicht viel Positives ein“, antwortete Demmel kurz und trocken.
Ein anderer Zuhörer wollte wissen, wie man der Entwicklung begegnen könne. „Man wird wohl nicht darum herumkommen, miteinander zu reden, auch wenn das deutlich schwieriger geworden ist“, sagte der Buchautor.