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Kein Papier mehrWie ein Schleidener Gastronom auf Digitalisierung setzt

Lesezeit 5 Minuten

Die neuen Mehrwegboxen, in denen Gerichte mitgenommen werden können, stellen Petra Kaspar und ihr Sohn Martin vor.

Schleiden-Vogelsang – Die Digitalisierung ist auch im Hotel- und Gaststättengewerbe unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Wie weit die Entwicklung bereits fortgeschritten ist, kann man jetzt in der Gastronomie in Vogelsang erfahren. „Egal, wo wir auf der Welt gerade sind, wir können mit dem Handy auf alle Daten zugreifen“, berichtet Martin Kaspar, Generalbevollmächtigter der Kaspar-Gastronomie, die das Restaurant in Vogelsang und die Burgschänke in Dreiborn betreibt: „Wir brauchen kaum noch Papier.“

Seine Ausführungen zu dem Thema stießen jetzt in Vogelsang auf großes politisches Interesse. Neben dem künftigen Landrat Markus Ramers (SPD) hörten auch die Bundestagsabgeordneten Detlef Seif (CDU) und Markus Herbrand (FDP) interessiert zu. FDP-Chef Christian Lindner hatte eine Videobotschaft geschickt.

241 Kilogramm pro Jahr

241 Kilogramm Papier verbraucht ein Deutscher laut Kaspar pro Jahr, und damit mehr als jeder andere Einwohner eines G20-Staats. Um dies zu ändern, setzt der Diplom-Verpflegungsbetriebswirt auf moderne Technik. In den beiden Betrieben, die von Mutter Petra Kaspar geführt werden, läuft mittlerweile fast alles digital. „Von den Reservierungen über die Beratung der Gäste bis hin zum Angebot und der Rechnung sind bei uns alle Schritte voll automatisiert“, sagt der Generalbevollmächtigte.

Neue App

Die Erfassung der Kontaktdaten von Besuchern ist für Restaurants, Hotels, Freizeitanbieter, Veranstalter und Vereine in Corona-Zeiten Pflicht. Die Eifel Tourismus (ET) GmbH stellt dafür nun eine kostenlose Melde-App zur Verfügung, die von der Agentur Shapefruit AG aus Bad Neuenahr-Ahrweiler konzipiert wurde.

Nutzer müssen nur einen Barcode scannen, ein Formular online ausfüllen und es freischalten. Nach 30 Tagen werden die Daten gelöscht. Weitere Informationen gibt es unter Telefon 0 65 51/96 56-33 oder per E-Mail an kohler@eifel.info und im Internet. (wki)

https://tourismus.eifel.info/meldeapp-eifel

So könnten etwa Teilnehmer von Busreisen vor der Anreise per App schon zu Hause die Speisekarte ansehen und ihr Essen bestellen. Die Digitalisierung spare nicht nur Papier, sondern liefere auch zahlreiche Daten, die für Betriebe wichtig seien. „Umsätze können nach Uhrzeiten, Tagen oder Sitzplätzen und sogar bei bestimmten Witterungen und Temperaturen ermittelt werden. Wenn wir wissen, wie das Wetter wird, können wir in etwa vorhersagen, wie hoch die Einnahmen sein werden“, so Kaspar. Diese Daten seien auch wichtig für die Einsatzplanung der Mitarbeiter.

Tücken der Digitalisierung

Die Kundenzufriedenheit wird am Ausgang des Restaurants ebenfalls digital abgefragt. „Durch die Antworten wissen wir, an welchen Tagen die Kunden besonders zufrieden waren und welche Angebote gut angenommen wurden.“ Darüber hinaus wird auch die Produktion bei Kaspar digital überwacht. So wird unter anderem gewährleistet, dass das Frittenfett einwandfrei ist, die Kühltemperaturen stimmen und die Putzpläne eingehalten werden. Doch die Digitalisierung hat auch schon mal ihre Tücken: „Wenn wir kein W-Lan haben, funktionieren die Kassen nicht.“

Verfolgten interessiert die Vorträge: Markus Herbrand (v.r.) , Detlef Seif und Markus Ramers .

Patrick Rothkopf vom Hotel-Restaurant Rothkopf in Euskirchen, Vizepräsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Nordrhein, spricht bei der Digitalisierung von einem bundesweiten Trend: „Immer mehr Vorgänge im Hotel- und Gaststättengewerbe werden automatisiert.“

Das Spektrum reiche von Kassensystemen über Hygienekonzepte bis zu Buchungs- und Bestellprogrammen. „Die Zahl der Betriebe, die auf solche Lösungen setzen, wächst kontinuierlich und schnell.“ Auch die Verwendung regionaler Produkte werde immer wichtiger. „Die Gäste fordern solche Angebote. Es gibt das Sprichwort ,Regional schlägt Bio’“, erzählt Rothkopf. In seinem Haus werden Eier und Fleisch aus der Region serviert: „Wenn man aber das Fleisch nur von einem Anbieter beziehen will, stößt man hier und da an Grenzen, weil ein Betrieb eine bestimmte Liefermenge nicht sicherstellen kann.“

Fokus auf die Region

Martin Kaspar hat sich in Zeiten der Corona-Pandemie dazu entschlossen, noch mehr auf regionale Produkte zu setzen. So werden in beiden Restaurants unter anderem Nudeln aus Marmagen, Apfelsaft aus Einruhr und Bier aus Gemünd angeboten. „Unser Honig soll auf Vogelsang geerntet werden. Wir arbeiten dafür mit einem Imker zusammen“, berichtet Kaspar. Um noch mehr für die Umwelt zu tun und den Verpackungsmüll zu reduzieren, setzt er ab sofort zudem auf wiederverwertbare Menüboxen in drei verschiedenen Größen. „Ich habe die Verpackungen vor rund zwei Wochen mit meiner Mutter in einer Fernsehshow gesehen und gleich gedacht, das ist was für uns“, erzählt der Betriebswirt.

Melanie Mai von dem Kölner Unternehmen Vytal rechnet vor, dass 60 Prozent der 281 000 Tonnen Abfall, die jährlich in Deutschland durch Einwegverpackungen entstehen, auf Essensbehälter zurückzuführen sind. Ein Mehrwegbehälter sei schon ab der zehnten Befüllung umweltfreundlicher als eine Einwegverpackung, „und unsere Boxen können mehr als 200-mal befüllt werden“. Die Behälter – im Angebot sind drei Größen von 500 bis 1250 Milli-Liter und eine geteilte Menübox – seien zu 100 Prozent auslaufsicher und für Mikrowellen und Spülmaschinen geeignet. „Derzeit haben wir bundesweit rund 200 Partner. Das Netz wird aber weiter ausgebaut“, so Mai. Im Kreis Euskirchen ist Kaspar der erste Kunde. Die Gastronomen müssen laut Mai die Behälter nicht kaufen oder mieten, sondern zahlen eine Gebühr von 15 bis 20 Cent für jede Befüllung.

Wer bei dem Mehrwegsystem mitmachen will, muss sich zuerst die kostenlose Vytal-App herunterladen und sich registrieren. Alternativ kann man auch eine Mitgliedskarte in den teilnehmenden Betrieben kaufen. Im Restaurant wird dann der QR-Code des Kunden und der Schale gescannt. Danach kann man sein Essen in einer Mehrwegschale mitnehmen. Nach dem Verzehr können die Schalen innerhalb von 14 Tagen bei jedem Partner zurückgegeben werden, damit sie gereinigt und wieder genutzt werden können. Wer die Schalen nicht abgibt, muss nach 14 Tagen eine Gebühr von zehn Euro zahlen.

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„Das ist ein sehr guter Ansatz, auch für die Rückgabe der Behälter“, meinte Detlef Seif: „Wir müssen den Verpackungsmüll reduzieren und deshalb ist die Mehrweglösung der richtige Weg.“ Markus Ramers betont, dass die Corona-Pandemie die Gastronomie und Hotellerie vor große Herausforderungen stelle: „Von daher ist es ein gutes Zeichen, wenn in so einer schwierigen Zeit solche Projekte umgesetzt werden.“