Schleiden – Die Diskussionen über eine Instandsetzung der Oleftalbahn nach der Flutkatastrophe gehen weiter. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Detlef Seif hat jetzt in einem Schreiben an die Bürgermeister von Kall, Schleiden und Hellenthal ein Moderationsverfahren vorgeschlagen, in dem die Vor- und Nachteile des Projekts diskutiert werden sollen.
Sein FDP-Kollege Markus Herbrand warnt davor, voreilig Fördermittel für die Reaktivierung auszugeben, und will stattdessen über Alternativen nachdenken. Für die Reaktivierung der Strecke spricht sich die Schleidener SPD in einem Antrag an den Stadtrat aus.
Ein Wiederaufbau und eine Modernisierung der Oleftalbahn könnten über das Aufbauhilfegesetz 2021 finanziert werden, erklärt Seif. Die Bürgermeister und Räte in Kall, Hellenthal und Schleiden müssten nun entscheiden, ob ein Wiederaufbau gewünscht sei.
Seif: Wesentliche Verbesserung der Anbindung des Schleidener Tals
„Nur wenn hierüber Einigkeit besteht, wird die Bahn AG als Eigentümerin überhaupt ein Interesse an einem Wiederaufbau haben“, betont der Abgeordnete. Der sei aber nur vertretbar, wenn es nicht bei der geringen Auslastung der Vergangenheit bleibe. „Die Oleftalbahn stand kurz vor der Einführung eines Regelbetriebs. Bei einer guten Taktung könnte sie zu einer wesentlichen Verbesserung der Anbindung des Schleidener Tals beitragen“, meint Seif.
Er höre immer wieder von Bürgern, dass sie sich mehr Schiene, mehr Züge und generell Verbesserungen bei Bus und Bahn wünschten. „Ich denke an den Bäckerlehrling aus Hellenthal, der leichter zur Berufsschule nach Köln kommt, und an den Café-Inhaber in Gemünd, der von mehr Tagestouristen profitieren kann“, sagt der CDU-Politiker. Schienenverkehr schaffe neue Potenziale.
Außerdem seien Orte und Baugebiete attraktiver, wenn ein Schienenangebot existiere, mit dem Pendler schnellere Anschlüsse an den Bahnhof Kall erhielten. Seif weiter: „Kall könnte dann als Bahnknotenpunkt eingestuft werden, mit der Folge einer besseren finanziellen Förderung.“
Voraussetzung sei eine leise Antriebs- und Fahrtechnik
Voraussetzung sei aber, dass eine saubere und leise Antriebs- und Fahrtechnik auf der Oleftalbahn eingesetzt werde. „Eine Vollelektrifizierung dürfte ausscheiden, da etwa im Bereich des mehr als 200 Meter langen Tunnels in Gemünd keine Oberleitung errichtet werden kann, weil der Tunnel nicht hoch genug ist“, hat sich Seif schon informiert.
Alternative umweltfreundliche Lösungen könnten für ihn eine Teilelektrifizierung oder der Einsatz von Hybridtechnik oder grünem Wasserstoff sein. „Darüber hinaus müssen aber auch die aktuellen Konflikte gelöst werden, die aus einem zu nahen Verlauf an der Wohnbebauung und der fehlenden Sicherung der Kreuzungsbereiche resultieren. Am Ende der Debatte kann man dann auch zu dem Ergebnis kommen, dass ein Wiederaufbau nicht sinnvoll ist“, sagt Seif. Doch zuerst einmal müssten sich aber die Kommunen grundsätzlich für den Wiederaufbau aussprechen. In ein Moderationsverfahren will sich Seif einbringen.
Anfrage zum Wiederaufbau
Nicht zufrieden mit der Antwort auf seine Anfrage ist der FDP-Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand. Er wollte von der Bundesregierung wissen, ob die durch die Flut zerstörten Bahnanlagen zeitnah beim Wiederaufbau mit neuester Technik zukunftsfähig aufgestellt werden. Dabei solle, so Herbrand, auf langwierige Planungsverfahren verzichtet werden.
Das Verkehrsministerium verweist darauf, dass viele Strecken schon wieder befahrbar seien. Bei den Planungen würden alle Möglichkeiten zur Beschleunigung ausgeschöpft, die im „Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens ,Aufbauhilfe’“ vorgesehen seien.
Herbrand ist das angesichts der Lage in den betroffenen Gebieten und der Forderungen des Nahverkehrs Rheinland nach einem bürokratiearmen Wiederaufbau der Bahn-Infrastruktur viel zu wenig und vor allem zu unkonkret. Er befürchtet, dass nichts beschleunigt wird und vieles auf der Strecke bleibt. Leidtragende seien dann die vielen Betroffenen vor Ort. Bund und Staatsunternehmen Bahn müssten jetzt endlich klotzen und nicht kleckern. (wki)
Sein FDP-Kollege Markus Herbrand aus Gemünd warnt davor, „voreilig politische Beschlüsse auf den Weg zu bringen, die möglicherweise im Nachgang bedauert werden, weil sie einer wirklich zukunftsfähigen und nachhaltigen Lösung zur Nutzung dieser Trasse im Wege stehen.“ Die politisch Verantwortlichen vor Ort sollten darüber nachdenken, wie die Trasse zukunftsfähig genutzt werden könne.
Herbrand plädiert für wasserstoffbasierten Busverkehr
Dabei müssten auch die Fragen nach einem wirtschaftlichen Betrieb und den Vorteilen für die Menschen in der Region beantwortet werden. Bei allem nachvollziehbaren Interesse an schnellen Lösungen dürfe es keine voreiligen Beschlüsse geben. Herbrand weiter: „Ein möglicherweise dauerhaft zu subventionierendes Schienenprojekt ohne Mehrwert für die Mehrheit der Menschen kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein.“
Er regt an, auf der Trasse einen wasserstoffbasierten Busverkehr zu erproben, der vielleicht auch noch autonom gesteuert werde. Auch andere touristische Nutzungen wie Wander- und Radwege, Mountainbike- oder Seilzugstrecken und Ähnliches seien denkbar.
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Die Schleidener SPD will dagegen, dass sich der Stadtrat für eine Reaktivierung der Oleftalbahn ausspricht. Bürgermeister Ingo Pfennings (CDU) soll die Deutsche Bahn AG auffordern, die durch die Flutkatastrophe zerstörten Gleisanlagen im Schleidener Tal zu reparieren.
„Die Reaktivierung der historischen und denkmalgeschützten Oleftalbahn wird bereits seit längerem geplant. Mittlerweile haben unter anderem der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und die Rhein-Sieg-Eisenbahn GmbH diese Vorhaben begrüßt und halten diesen Schritt für absolut notwendig“, heißt es in dem Antrag. Mit einer Reaktivierung könne der Tourismus im Stadtgebiet angekurbelt und zudem ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.