Das Ally Pally der Eifel ist derzeit im Bürgerhaus in Schleiden-Herhahn. 180 Darter ermitteln dort ihre Meister und die Fans sorgen für Stimmung.
TrendsportParallel zur WM in London spielen 180 Darter im Ally Pally der Eifel um Titel
Mächtig was los ist in den Tagen rund um das Neujahrsfest in Herhahn. Zumindest das Bürgerhaus manifestiert sich in dieser Zeit als Kulminationspunkt für den Trendsport Darts, der sich stetig wachsenden Interesses erfreut. Parallel zur Weltmeisterschaft, die aktuell im Londoner Alexandra Palace stattfindet, der allgemein in typisch englischer Manier liebevoll auf „Ally Pally“ verkürzt wird, bittet der Junggesellenverein Olef (JGO) zum vierten Mal zur Schleidener Stadtmeisterschaft im Steeldarts. Was vielleicht ein wenig provinziell klingen mag, ist längst ein Selbstläufer geworden. 180 Darter wetteifern an zwei Wochenenden um den Titel des Stadtmeisters. Die Startplätze dafür waren in zwei Tagen vergeben, so groß war das Interesse.
Was nun für ein stattliches Gedränge im Saal des Bürgerhauses sorgt. Am Wochenende zwischen Weihnachten und Neujahr ist die Vorrunde angesetzt. Jeweils 90 Spieler treten am Samstag und Sonntag gegeneinander an, um die 64 Plätze für die Endrunde auszuspielen, die am kommenden Wochenende stattfindet.
Die Eifeler sorgen für Stimmung wie im Ally Pally in London
Doch zu der Veranstaltung kommen längst nicht mehr nur die Sportler selbst. Denn Darts macht auch beim Zuschauen Spaß, wie im „Ally Pally“ bei den mehrstündigen Übertragungen der Weltmeisterschaftsfights zu sehen ist – live und am Bildschirm. Es versteht sich von selbst, dass sich auch im Bürgerhaus Herhahn immer wieder eine Traube von konzentrierten Beobachtern rund um den Fernseher bildet – vor allem, wenn der Deutsche Ricardo „Pikachu“ Pietreczko erfolgreich um den Einzug in das Achtelfinale der Darts-WM spielt.
Dass Darts ursprünglich ein Kneipensport ist, will auch die Schleidener Stadtmeisterschaft nicht verbergen. Laute Musik heizt die Stimmung an und macht Gespräche eher etwas mühsam, auf den Stehtischen haben die Besuchergruppen kleine Bierfässchen aufgebaut, um die herum die Steeldarts gelagert werden, bis sie zum Einsatz kommen. Denn das bevorzugte Zielwasser der Eifeler Darter wird mit Malz und Hopfen gebraut. Die Stimmung ist harmonisch und herzlich, hier treffen sich Freunde.
Auch Daniel Schade ist gekommen, um seine Sportskameraden vom Kaller Darts Club zu unterstützen. In den vergangenen Jahren konnte er immer wieder durch gute Leistungen auf sich aufmerksam machen, doch in diesem Jahr ist er nur Zuschauer. Eine Verletzung in der Schulter hindert ihn an der Teilnahme. „Ich habe Darteritis, ich kriege keinen Dart vom Finger“, scherzt er. Doch auch passiv will er sich das Ereignis nicht entgehen lassen. „Ich finde die Gaudi hier geil“, sagt er. Jedes Jahr kämen mehr Leute, und es werde immer mehr Dart in der Eifel gespielt, wie auch die neugegründete Darts-Liga beweise. „Früher gab es in den Kneipen Elektrodarts, jetzt in jedem Ort einen Dartsclub“, freut er sich.
Darts füllt die Lücke in der ruhigen Zeit nach Weihnachten
An insgesamt elf Boards messen sich die Konkurrenten im Bürgerhaus, dicht umstanden von den Zuschauern. In zehn Gruppen mit jeweils neun Spielern sind die Teilnehmer in dieser Meisterschaft aufgeteilt. Jeder Wurf wird direkt auf Tablets eingegeben, die Zeit der manuellen Datenübermittlung gehört auch hier längst der Vergangenheit an. Die Stadtmeisterschaft ist nun komplett digital, die Daten sind sofort im System.
„Mittlerweile kennen wir viele Leute, umso mehr Spaß macht es“, sagt Lars Griskewitz, Vorsitzender der Olefer Junggesellen, die sich den Organisationsstress gerne antun. Eher zufällig sei es zu dem Termin zwischen den Jahren gekommen, berichtet er: Diese sei normalerweise eine veranstaltungsfreie Zeit, in der die Menschen jedoch nach Erlösung von den immer gleichen Wiederholungen im Fernsehen gieren. Genau diese stille Zeit wird auch von den Machern der Darts-WM schon erfolgreich als bislang unentdeckte Lücke genutzt.
„Wir wollten unbedingt wieder ins Bürgerhaus und mussten eine Zeit finden, in der es an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden zur Verfügung steht“, erklärt Griskewitz. Denn angesichts der langen Karnevalssession sei die Location bis in den März hinein ausgebucht gewesen. Also die Zeit rund um Neujahr: „Das passt uns auch gut, auch wenn es schon etwas Stress ist, das kurz nach Weihnachten zu veranstalten.“ Doch es sei wichtig gewesen, dass das Finale im neuen Jahr stattfindet.
Am Wochenende dreht sich in Herhahn wieder alles um Darts. Am Freitag, 3. Januar, 18 Uhr, wird ein freies Training angeboten, während um 19 Uhr das Ligaspiel der Dreiborner Dart-Spitzbuben DSB gegen den SC Sötenich stattfindet. Anschließend wird ein Rudelgucken des Finales der Dart-WM geboten. Die Finalrunde startet am Samstag, 4. Januar, um 10.30 Uhr. Nach dem Finalspiel, das gegen 19 Uhr erwartet wird, gibt es eine After-Darts-Party mit DJ Dave Krumz.
Darts-Liga im Kreis Euskirchen
Der Wettkampfgedanke ist tief im Menschen verwurzelt. Wer etwas kann, der will auch wissen, ob er das nicht ein wenig besser kann als die anderen. Schneller, höher, weiter – oder eben wie beim Darts: genauer. Doch der Wettkampf und die Präzision waren nicht das Einzige, was vier Menschen aus dem Kreis Euskirchen zur Gründung der Eifeler Darts-Liga getrieben hat.
Nicht zufällig war die Schleidener Stadtmeisterschaft 2024 der Startpunkt, denn die Veranstaltung hat sich längst zum Familienfest der Eifeler Darter entwickelt. „Zuerst war die Idee, eine Thekenliga zu bilden“, erinnert sich Ingo Höger aus Dreiborn. Doch schnell sei mehr daraus geworden. Auch im Nordkreis haben sich daraufhin die Clubs zusammengetan, berichtet Andreas Enkirch vom Stotzheimer Darts-Club. „Wir haben uns ins gemachte Nest gesetzt und uns dem Südkreis angeschlossen“, gesteht er lächelnd. Mit Tobias Aschermann und Leon Ebmeier riefen Höger und Enkirch die Eifeler Darts-Liga ins Leben, die am 1. August Fahrt aufgenommen hat.
19 Mannschaften machen aktuell in der zweigeteilten Liga mit. In der Vorrunde spielen Nordkreis und Südkreis getrennt die besten Mannschaften aus, die in der Rückrunde in der „Champions League“ um den Titel des Eifelmeisters antreten.
„Der Darts-Boom ist extrem“, sagt Höger. Schon hätten sich fünf weitere Mannschaften für das nächste Jahr angemeldet. Rund 190 Spieler seien bereits in der Liga aktiv. „Der Sport wird immer mehr im Fernsehen gezeigt, und jeder versucht es selber“, so Höger. Richtig Fahrt aufgenommen habe Darts bereits durch Corona, als alle zu Hause gesessen und dabei die im Keller hängende Dartscheibe als Zeitvertreib entdeckt hätten.
So finden manche Spiele neben Sportlerheimen und Gaststätten auch in privaten Kellern statt. „Diese Sportart kann jeder machen, egal, wie alt, wie schwer“, erklärt Enkirch die Faszination. Die Atmosphäre sei familiär, es werde sich nicht angegiftet: „Ich habe lange Fußball gespielt, da war das anders.“ Beim Darts würden die Rivalen nach dem Spielen gemeinsam ein Bier trinken und seien Freunde, ergänzt Höger. Mal sei man besser, mal schlechter – und oft entscheide die Tagesform. Auch würden die besseren Spieler die schlechteren mitziehen und Tipps geben, etwa andere Darts zu nehmen oder mal eine andere Technik anzuwenden. „Bei Darts frisst jeder auf demselben Brett“, fasst es Ingo Höger zusammen.