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Willi Grafs TodestagGedenkfeier mit ergreifenden Momenten in Euskirchen

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Dr. Hildegard Kronawitter, Vorsitzende der Weiße-Rose-Stiftung, unterhält sich nach der Gedenkfeier für den Widerstandskämpfer Willi Graf mit einem Mann aus dem Publikum.

Dr. Hildegard Kronawitter, Vorsitzende der Weiße-Rose-Stiftung, hielt bei der Gedenkfeier für den Widerstandskämpfer Willi Graf die Hauptrede, anschließend sprach sie mit Zuhörern.

Vor 80 Jahren wurde der in Kuchenheim geborene Widerstandskämpfer Willi Graf hingerichtet. In Euskirchen wurde jetzt an ihn erinnert.

Wie mutig Willi Graf war, zeigte sich schon in jungen Jahren. Als Gymnasiast weigerte er sich, in die Hitlerjugend einzutreten. Nicht nur, dass er – so formuliert es Dr. Hildegard Kronawitter – mit dieser Haltung aus seinem Umkreis hervorstach. Er gefährdete damit auch sein Abitur. Einige Jahre später bezahlte Graf seine Unerschrockenheit mit dem Leben: In München-Stadelheim wurde er am 12. Oktober 1943 als Mitglied der Widerstandsgruppe Weiße Rose von den Nationalsozialisten hingerichtet.

Norbert Michels,Geschäftsführer des Diözesanrates der Katholiken im Erzbistum Köln, spricht in ein Mikrofon.

Zur Begrüßung und zum Abschied sprach Norbert Michels, Geschäftsführer des Diözesanrates der Katholiken im Erzbistum Köln.

Auf den Tag genau 80 Jahre später, am Donnerstag, wurde in Euskirchen an den gebürtigen Kuchenheimer Graf erinnert. Die Gedenk- und Festveranstaltung, musikalisch begleitet von dem virtuosen Gitarristen Rolf Beydemüller, fand in der Gesamtschule statt. Mit gutem Grund: Sie wird bald in Geschwister-Graf-Gesamtschule umbenannt, um das Wirken Willi Grafs und seiner Schwester Anneliese Knoop-Graf zu würdigen. So haben es der Stadtrat und die Schulgremien beschlossen.

Rund 80 Zuhörerinnen und Zuhörer waren in Euskirchen zusammengekommen

Die Feierstunde war eine von mehreren Veranstaltungen in dieser Woche, zu der der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Köln, die Stadt Euskirchen, der Kreis Euskirchen, die Pastorale Einheit Euskirchen und das Katholische Bildungswerk im Kreis Euskirchen eingeladen hatten. Die zentrale Rede in der Schulmensa, wo rund 80 Zuhörerinnen und Zuhörer zusammengekommen waren, hielt Hildegard Kronawitter, Vorsitzende der Weiße-Rose-Stiftung.

Zur Einführung hatte Norbert Michels gesprochen, Geschäftsführer des Diözesanrates. Er dankte den Kooperationspartnern und den Gästen dafür, dass sie durch ihre Teilnahme Flagge zeigten und einen Menschen ehrten, der sich gegen die menschenverachtende Willkür des Nationalsozialismus eingesetzt habe.

Vizebürgermeisterin würdigt Graf als einen der bedeutendsten Söhne Euskirchens

Euskirchens stellvertretende Bürgermeisterin Sandra Eisermann (CDU) nannte Graf „einen der bedeutendsten Söhne unserer Stadt“. Er habe die Stimme erhoben, wo andere schwiegen, und versucht, andere aufzurütteln angesichts der NS-Verbrechen. „Sein Mut hat ihn das Leben gekostet“, sagte Eisermann. „Unsere Aufgabe ist es, die Erinnerung an Willi Graf unsterblich zu machen.“ Sein Schicksal sei Beispiel und Mahnung zugleich.

Auch Landrat Markus Ramers (SPD) erinnerte an Grafs Mut und die Entschlossenheit, sich gegen Unrecht und Unterdrückung zu erheben. Daraus leitete Ramers den Appell ab, sich jederzeit für Menschlichkeit einzusetzen, gerade wenn es ungemütlich werde. „Wir alle sollten Willi Graf in unserem Herzen tragen“, rief er dem Publikum zu.

Erinnerungen an das Leben des gebürtigen Kuchenheimers

Michels, Eisermann und Kronawitter hoben hervor, dass Graf in einer vom katholischen Glauben geprägten Familie aufwuchs – einer Familie allerdings, „die nicht dezidiert gegen den Nationalsozialismus eingestellt war“, wie die Stiftungsvorsitzende ergänzte: „Der Vater war national-konservativ.“

Als Gymnasiast in Saarbrücken – dorthin war er 1922 mit den Eltern und den beiden Schwestern umgezogen – schloss sich Willi Graf dem katholischen Schülerbund Neudeutschland und der Gemeinschaft Grauer Orden an. Als die Nazis christlich orientierte Jugendgruppen verboten, blieb er unbeeindruckt, was ihm Untersuchungshaft einbrachte, so Kronawitter, die das Leben des gebürtigen Kuchenheimers nachzeichnete.

Weiße Rose rief zum Widerstand gegen Hitler auf

Als Sanitäter, unter anderem in der Sowjetunion eingesetzt, lernte er die Schrecken des Krieges kennen, als Medizinstudent in München jene Menschen, die sich später zur Weißen Rose zusammentaten, um mit Flugblättern und an Hauswände geschriebenen Parolen („Hitler Massenmörder“) zum Widerstand gegen die Diktatur aufzurufen.

In der Aula der Gesamtschule Euskirchen sitzen in Stuhlreihen Männer und Frauen bei einer Gedenkfeier für den Widerstandskämpfer Willi Graf.

Rund 80 Zuhörer und Zuhörerinnen kamen in der Aula der Gesamtschule Euskirchen zusammen, um des Widerstandskämpfers Willi Graf zu gedenken. Markus Juraschek-Eckstein (vorne) rezitierte aus Briefen Grafs.

Nachdem Sophie und Hans Scholl am 18. Februar 1943 im Münchener Universitätsgebäude beim Platzieren von Flugblättern beobachtet worden waren, flog die Gruppe auf. Sechs Mitglieder wurden vom Volksgerichtshof unter der Leitung von Roland Freisler zum Tode verurteilt.

Rezitator trug in Euskirchen ergreifende Briefe aus der Todeszelle vor

Kronawitter stellte Grafs unerschütterliche christliche Grundhaltung heraus und erinnerte daran, dass das Erzbistum München und Freising ein Seligsprechungsverfahren eingeleitet hat. Der Glaube an Gott war auch immer wieder Thema in den zum Teil in der Todeszelle verfassten Briefen Grafs an seine Familie, aus denen in Euskirchen in beeindruckender Manier der Rezitator Markus Juraschek-Eckstein vortrug.

Es waren ergreifende Passagen, geschrieben mit viel Empathie für Eltern und Schwestern, „obwohl er sich selbst in einer trostlosen Lage befand“, so Kronawitter. „An diesem Tag werde ich aus dem Leben scheiden“, heißt es im Abschiedsbrief vom 12. Oktober 1943 an die Familie. Und: „Lebet wohl, seid stark und voller Gottvertrauen.“