Auch neben den Spielen, die für den Deutschen Kindersoftwarepreis Tommi getestet werden, hat die Bücherei ein breites Spiele-Sortiment.
Als Jury für SoftwarepreisKinder und Jugendliche zocken in Euskirchener Stadtbibliothek
„Gaming ist nicht nur etwas für einsame Nerds in der Bude“, stellt Julia Rittel, die Leiterin der Euskirchener Stadtbibliothek, fest. „Nach Schulschluss oder am Wochenende ist unsere Gaming-Ecke voll“, pflichtet ihr ihre Kollegin Carmela Rizzuto bei. Die Computer- und Konsolen-Spiele runden das klassische Angebot einer Bibliothek ab.
In Euskirchen ist die Gaming-Ecke im zweiten Stock und damit mitten in der Kinder- und Jugendabteilung. Ein Raumtrenner grenzt die Spieleecke ab. Es gibt Kopfhörer, der Ton aus einem Lautsprecher ist extra leise gestellt, um die anderen Besucherinnen und Besucher in der Bibliothek nicht zu stören.
Euskirchen: Stadtbibliothek bietet Spiele für Kindersoftwarepreis an
Die Medienpädagogin Julia Rittel arbeitet seit sieben Jahren mit Carmella Rizzuto, Fachangestellte für Medieninformationsdienste, zusammen. Das Angebot der elektronischen Spiele gibt es in Euskirchen noch länger.
Seit 2013 treffen sich regelmäßig Kinder und Jugendliche in der Stadtbibliothek, um ihrem Job als Juroren nachzugehen: Sie testen Spiele für den Deutschen Kindersoftwarepreis Tommi. In diesem Jahr ist die Bücherei in Euskirchen einer von drei Standpunkten in NRW, in denen sich junge Jurys zum Zocken treffen.
Die Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen acht und 14 Jahren bewerten im Rahmen des Softwarepreises, welche Spiele, Apps und Bildungsangebote ihnen am besten gefallen. „Normalerweise sind die Jugendlichen fitter als wir“, scherzt die 30-jährige Rizzuto.
Junge Jury zockt Spiele wie Super Mario Bros. Wonder
Neben der Bildungsförderung haben die Spiele auch eine soziale Dimension, so Rittel. Und die wird beim gemeinsamen Zocken in der Bibliothek schnell sichtbar: Sam (11) und Reik (8) freuen sich, als Juroren den Titel „Super Mario Bros. Wonder“ anspielen zu können.
Ihre Blicke wechseln ständig vom Mitspieler zur Leinwand, auf die das Spiel projiziert wird. Vor den beiden Testern hüpfen die zwei Klempner-Brüder in der farbenfrohen „Super Mario“-Spielwelt in und auf Röhren – so, wie es die inzwischen nicht mehr wirklich jungen Zocker schon aus der Ur-Version kennen, die Mitte der 1980er-Jahre erschienen ist.
Die Mitglieder der Tommi-Jury tragen zusätzlich orangefarbene Bänder mit Namenskarten um den Hals, die sich beim Zocken leicht mitbewegen. Die Farbe kennzeichnet, dass sie Spiele mit einer Altersfreigabe ab sechs Jahren ausprobieren können. Für Games, die ab zwölf Jahren vorgesehen sind, braucht es für die jungen Juroren hingegen weiße Bänder. Die farbliche Codierung hilft Carmela Rizzuto und der Bibliotheks-Crew schnell, die Freiwillige Selbstkontrolle (FSK) mit den jungen Testerinnen und Testern abzugleichen.
Der Ton zum Spiel kommt aus dem Projektor, ist aber nicht zu laut – schließlich sollen die anderen fünf Tester nicht gestört werden. Danach geht es an die Bewertung. „Seid so ehrlich, wie ihr könnt“, rät Rizzuto. Die Testbögen werden ausgefüllt und eine Einschätzung zum Spiel wird von den Jungen aufgeschrieben. Rizzuto bezeichnet das als „Medienkritik“.
Testerinnen und Tester sind fit im Umgang mit Medien
Generell seien die schriftlichen Bewertungen erst einmal eher einsilbig, berichtet die 30-Jährige. Während einige der jungen Juroren sofort mit pfiffigen Kommentaren zu den Spielen aufwarten können, geschehe das bei anderen auf ihre Nachfrage hin. Dann, so Rizzuto, komme aber größtenteils viel Sinnvolles heraus.
Die Medienkompetenz der jungen Testpersonen zeigt sich, so Rizzuto weiter, auch im Umgang mit den Spielen. Für „Just Dance 2024“, bei dem die Spieler mitmachen und tanzen müssen, wählen sie zum Beispiel bewusst eher alberne Lieder aus und tanzen hierzu selbstironisch.
Doch nicht immer wird zusammen getestet. Testerin Alex (13) mag es, sich ein wenig zurückzuziehen und die Games für sich auszuprobieren. „Ich kann hier sehen, ob es sich lohnt, das Spiel schon früh oder eher nicht zu kaufen“, erklärt sie, während sie an der Playstation 5 zockt.
Vergangenes Jahr sei sie auch schon in der Tommi-Jury gewesen und komme dazu dieses Jahr gerne wieder in die Stadtbibliothek. „Die Spielvariation und die Möglichkeit, verschiedene Konsolen auszuprobieren, gefallen mir“, sagt Alex.
Apps, Spiele und elektronische Geräte werden bewertet
Das Spieleangebot, das die jungen Juroren für den Softwarepreis unter die Lupe nehmen, begrenzt sich nicht auf virtuelle Welten auf dem Bildschirm. Hierunter fällt zum Beispiel das elektronische Spielzeug „Airo – mein interaktiver Roboter“. Der kleine Roboter kann mittels Künstlicher Intelligenz Gesten und Sprachbefehle der Tester erkennen und damit trainiert werden.
Neben Aktionen wie dem Testspielen für den Deutschen Kindersoftwarepreis veranstalte die öffentliche Bücherei auch regelmäßig Events. „Wir wollen einen Dritten Ort anbieten, zwischen Arbeit und Konsum“, erläutert die Bibliotheksleiterin Julia Rittel.
Für sie haben das dauerhafte Spielangebot in der Bibliothek, der Deutsche Kindersoftwarepreis und die MINT-Bildung, bei der es vor allem in der Schule um die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik geht, einiges miteinander zu tun: „Wir wollen Spiele medienkritisch als Art des Geschichtenerzählens vermitteln. Das Zusammenführen von Games und Programmieren trägt dabei zur MINT-Bildung bei.“ Daher arbeite die Bibliothek auch eng mit einigen Schulen zusammen.
Wo die Idee zum Tommi herkommt
Der Kindersoftwarepreis Tommi wird seit 2002 jährlich von einer Jury aus Kinder und Jugendlichen verliehen. Die jungen Testerinnen und Tester treffen sich in diesem Jahr in rund 50 öffentlichen Bibliotheken. Hier probieren sie rund 70 (Computer-)Spiele und Bildungsangebote aus und bewerten diese.
Die Spiele und Bildungsangebote sind vorab von Expertinnen und Experten nominiert worden.
Der Preis geht auf den Journalisten sowie Kinder- und Jugendbuch-Autor Thomas Feibel zurück. Der Tommi soll eine positive Perspektive auf Kinder und Computer bieten – eine Gegenposition zur „Killerspiel“-Debatte anfang der 2000er – und auch einen Beitrag zur Prävention leisten.
Manga Day war ein Erfolg
Mehr als 350 Personen haben in der Stadtbibliothek den Manga Day besucht, wie die Stadtbibliothek mitteilte. Das Event fand zum ersten Mal in Euskirchen statt, bundesweit war es der dritte Manga Day.
Das Programm sei gut angenommen worden: Besonders der Workshop, bei dem die Teilnehmenden Collagen aus alten Mangas herstellen konnten, war laut den Veranstaltern sehr beliebt. Insgesamt seien 30 Kunstwerke entstanden.