Erwartungsvoll blickte Jean-Remi dem heraneilenden Zug entgegen. Völlig ohne Vorwarnung blieb dieser jedoch noch vor dem Erreichen des Bahnhofs „Bad Wahln“ plötzlich stehen und die gesamte Beleuchtung innerhalb der Waggons fiel aus. Dem Hobbyzugführer konnte der Stromausfall nur ein kurzes Lächeln entlocken und schon hatte er das Problem mit wenigen Handgriffen aus der Welt geschafft. „Jetzt kommt der Zug doch noch pünktlich an“, scherzte der Elfjährige, während er mit einem Handregler die Geschwindigkeit der Lokomotive einstellte.

Neben Jean-Remi steuerten am Samstag und Sonntag auch zahlreiche weitere kleine und große Zugfans ihre Gefährte bei der Jubiläumsausstellung des Eisenbahnclubs Euskirchen (ECE) ihren Zielen entgegen. Dutzende Modellbahnen legten an beiden Tagen Hunderte Meter auf den Routen quer durch liebevoll gestaltete Hafenanlagen, Wohngebiete und Fantasieorte zurück und begeisterten dabei eine Vielzahl Besucher im „Wohnraum“ der alten Tuchfabrik Euskirchen.

Modelleisenbahner kommen seit 40 Jahren zusammen

Seit mittlerweile 40 Jahren kommen die Mitglieder des ECE regelmäßig zusammen, um ihr gemeinsames Hobby zu feiern. „Für die Faszination der alten Züge, das Gestalten der Landschaften und die technischen Basteleien ist man niemals zu alt“, betonte der Vereinsvorsitzende Marcel Roels lachend. „Eine Modellbahn wird auch niemals wirklich fertig. Es gibt immer wieder neue Ideen, mit welchen Details man seine Anlage noch weiter ausbauen und mit Leben füllen kann.“

Von am Bahnsteig wartenden Personen, die ungeduldig der Ankunft ihres Zuges entgegenblicken, bis hin zu dem bunten Treiben einer kompletten Kleinstadt kannte auch die Kreativität der Aussteller am Wochenende kaum Grenzen. „Überall gibt es etwas zu entdecken und wenn man glaubt, schon alles gesehen zu haben, tauchen in einer versteckten Ecke plötzlich wieder neue Figuren auf, die eine weitere Geschichte erzählen können“, schwärmte Ausstellungsbesucher Dietmar Neumann.

Engländer brachten Mikroanlage mit nach Euskirchen

Zwei der imposanten Anlagen hatten sogar aus der Partnerstadt Basingstoke in England ihren Weg in die Kreisstadt gefunden. „Als Marcel uns zur Jubiläumsausstellung des ECE einlud, beschloss ich, eine leicht tragbare Mikroanlage zu bauen, die ich mitnehmen und zeigen konnte“, berichtete Ian Morgan von der Model Railway Society.

Die Partnerschaft beider Vereine feierte an diesem Wochenende nach 25 Jahren ebenfalls ein Jubiläum und so hatten Ian und seine Freunde ohne Zögern mit ihrem Modell der Hafenanlage St. Helens auf der Isle of Wight mehrere Hundert Kilometer Anfahrt auf sich genommen. „Ich habe die Anlage extra für diese Ausstellung gebaut. Im Maßstab von zwei Millimetern pro Fuß hat sie komplett in einen großen Koffer gepasst.“

Modelleisenbahn ist als Hobby vielen zu teuer

Von kleinen H0-Modellen im Maßstab von 1:87 bis hin zu kompletten Zugmaschinen, die bis zu zehn Personen durch den Garten transportieren können, fanden Lokomotivfans all ihre Wünsche erfüllt. Dabei reichte die Geschichte der Maschinen bis zu 100 Jahre in die Vergangenheit. „Damals waren die Spielzeuge noch so robust konstruiert, dass man damit jemanden erschlagen konnte“, scherzte Marcel Roels mit Blick auf die schweren Stahlkonstruktionen.

Trotz dieser bewegten Geschichte musste der Vereinsvorsitzende mit Blick auf die Entwicklung des Hobbys Modellbahn ein ernüchterndes Fazit ziehen. „Unser Verein feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen, aber ich glaube kaum, dass eine Ausstellung wie diese in 40 weiteren Jahren noch immer so viele Besucher anziehen würde wie heute.“ Zu wenige Kinder und Jugendliche fänden aufgrund der steigenden Kosten und auch des benötigten Platzes einen Zugang zu diesem Hobby.

Modelleisenbahn-AG an Gesamtschule Euskirchen soll Nachwuchs fördern

Ein Umstand, dem Christian Peitz entgegenwirken möchte. „Ich habe eine AG für die sechste bis zehnte Klasse gegründet, die sich rund um das Thema Modellbahn dreht“, erklärte der Ganztagskoordinator an der Gesamtschule Euskirchen. Angefangen mit ausgemusterten Modellen aus der eigenen Sammlung habe sich durch Spenden mittlerweile eine beachtliche Anzahl Züge und Technik angesammelt, die den Schülerinnen und Schülern diese Faszination näherbringen könne. „Viele Jugendliche haben heute einfach nicht das Geld, sich selbst eine Anlage für zu Hause zu kaufen. Mithilfe der AG möchte ich ihnen trotzdem die Möglichkeit bieten, ihre Kreativität im Modellbau auszuleben.“

Aufwendige Dachsanierung

Marder leistete an Hans-Verbeek-Schule in Euskirchen ganze Arbeit

Von

Tom Steinicke

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Über mangelndes Interesse konnten sich am Samstag und Sonntag weder Christian Peitz noch die Mitglieder des ECE beschweren. „Wir haben heute schon alle Speisen, die eigentlich erst für morgen eingeplant waren, verkauft und ich muss gleich neu einkaufen gehen“, freute sich Marcel Roels. „So viel Andrang haben wir nicht erwartet. Es ist für uns alle sehr schön zu sehen, dass unser Hobby auf so viel Begeisterung trifft und wir hoffen, dass dies in Zusammenarbeit mit unseren Partnern noch lange so bleiben wird.“