Alte Diskussion neu belebtSPD wünscht sich Tempo 30 für Teil der Ortsdurchfahrt Kuchenheim

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Die Ortsdurchfahrt in Euskirchen-Kuchenheim wird von mehreren Autos in Blickrichtung der Kamera befahren.

Die Euskirchener SPD-Fraktion wünscht sich für die Ortsdurchfahrt Kuchenheim eine Tempo-30-Regelung.

Eine Verkehrsberuhigung der Ortsdurchfahrt Kuchenheim ist nicht einfach zu erreichen, denn es handelt sich um eine Bundesstraße.

Große Hoffnungen waren mit dem Integrierten Handlungskonzept (InHK) für Kuchenheim verbunden, das der Euskirchener Stadtrat 2015 beschlossen hatte. Mit der Umsetzung sollte der Ort lebenswerter werden, das wichtigste Ziel bestand darin, den Durchgangsverkehr zu reduzieren.

Bauliche Maßnahmen jedoch, die die Stadt vorschlug, um den Verkehrsfluss zu hemmen und so die Ortsdurchfahrt (B56/B266) für möglichst viele Autofahrer unattraktiv zu machen, ließ das Land NRW nicht zu. Auch andere Projekte kamen nicht voran, die Modernisierung des Bahnhofsumfelds zum Beispiel oder die Umgestaltung des Areals rund um die Kirche.

2020 trug der Euskirchener Stadtrat das Konzept zu Grabe 

So wurde das InHK 2020 zu Grabe getragen. Der Rat folgte dem Vorschlag der Stadtverwaltung, das Konzept nicht weiterzuverfolgen. Im Ort fehle es an der Identifikation mit dem Gesamtprojekt, hatte die Verwaltungsspitze argumentiert, nachdem der Versuch einer Verkehrsberuhigung scheiterte.

Gleichzeitig beschloss der Stadtrat einstimmig, man werde eine neue Version erarbeiten, wenn die Westumgehung fertig sei. Das ist mittlerweile der Fall. Die neue Straße, die B56 und K24 miteinander verknüpft, wurde im März 2024 für den Verkehr freigegeben. Der Startschuss für das nächste Handlungskonzept ist mit der Eröffnung der Westspange allerdings nicht verbunden.

Die Euskirchener SPD greift das Thema wieder auf

Die SPD griff das Thema jetzt wieder auf. Sie bat die Verwaltung, im Ausschuss für Tiefbau und Verkehr darüber zu berichten, welche temporeduzierenden Maßnahmen in der Kuchenheimer Ortsdurchfahrt möglich seien und wie man den Straßenraum besser gestalten könne.

Fraktionschef Michael Höllmann verwies dabei auf Oberdrees. Durch den Rheinbacher Ortsteil verläuft, nur wenige Kilometer entfernt, die gleiche B266 wie in Kuchenheim. Und dort, in Oberdrees, gilt seit einigen Monaten Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit.

Die SPD gehe davon aus, so Höllmann, dass in Kuchenheim die gleiche Regelung anwendbar sei. Im Bereich des Markts könne man dort mit Tempo 30 Abgase und Lärm mindern und für Autofahrer die Nutzung der Westspange attraktiver machen, ergänzte der SPD-Sprecher.

2021 rollten täglich mehr als 8000 Fahrzeuge durch Kuchenheim

Er bat außerdem um Informationen darüber, wie sich seit der Eröffnung der Umgehung die Verkehrsmengen in der Ortsdurchfahrt geändert hätten. Aktuelle Zahlen liegen allerdings nicht vor, wie der städtische Fachbereichsleiter Bernd Kuballa erklärte. Die letzten bekannten Daten stammten von 2021. Damals seien in der Ortsdurchfahrt bis zu 8200 Kraftfahrzeuge pro Tag gezählt worden.

Die Auswirkungen der Umgehung könne man noch nicht beurteilen –  zuerst, so Kuballa, müsse ein Gewöhnungseffekt eintreten, denn noch sei die Westspange nicht jedem bekannt.

Der Landesbetrieb Straßen in Euskirchen erklärt das Prozedere

Unabhängig davon ist es nicht einfach, auf der B56/266 Tempo 30 einzuführen. „Bundesstraßen haben die Aufgabe, allen Verkehrsteilnehmenden nach Möglichkeit ohne Einschränkungen zur Verfügung zu stehen“, erklärte Torsten Gaber, Pressesprecher der Euskirchener Niederlassung des Landesbetriebs Straßenbau NRW, auf Anfrage.

Als Baulastträger spreche der Landesbetrieb sich grundsätzlich gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen aus, die das Ziel hätten, die Benutzung einer Straße unattraktiv zu machen. Wenn allerdings triftige Gründe vorlägen, die für eine Tempobegrenzung sprächen, könnte sich die zuständige Straßenverkehrsbehörde über die ablehnende Stellungnahme des Landesbetriebs hinwegsetzen.

Mehrere Autos passieren das Tempo-30-Schild in der Kuchenheimer Straße.

Am Kindergarten in der Kuchenheimer Straße gilt Tempo 30. Dies ist aber eine Ausnahme.

Tempo 30 darf nach Gabers Angaben unter anderem an schützenswerten Einrichtungen angeordnet werden wie Kitas, Schulen oder Altenheimen. Der Kindergarten in der Kuchenheimer Straße ist ein Beispiel dafür. Und es gibt weitere Gründe, unter anderem konkrete Gefahrenstellen und Lärmschutz. Letzterer führte in Oberdrees zu der Geschwindigkeitsbegrenzung, wie ein Sprecher der Stadt Rheinbach dieser Zeitung sagte. Sie hatte dazu ein entsprechendes Gutachten erstellen lassen.

Stadt Euskirchen: Lärmgutachten für Kuchenheim wäre der zweite Schritt

Ob eines der genannten Kriterien in Kuchenheim zutreffe, müsste im Detail geprüft werden, wenn die Stadt Euskirchen „auf uns und die anderen zuständigen Behörden zukommt und Tempo 30 für zielführend erachtet“, so Gaber. „In solchen Fällen würden wir einer Geschwindigkeitsbegrenzung dann natürlich auch zustimmen.“

In Kuchenheim wäre ein Lärmgutachten erst der zweite Schritt, erklärte die Stadtverwaltung. Schritt eins, so Fachbereichsleiter Kuballa, sei eine belastbare Verkehrszählung. Davon rät die Verwaltung jedoch gegenwärtig ab, da eine Zählung wegen mehrerer Baustellen in der Umgebung kein realistisches Bild ergeben würde.

Als Beispiele nannte er unter anderem die Sperrungen der B56 in Ludendorf und der K51 (Monikastraße) im Schornbusch oder auch die geplante Sperrung der L210 in Richtung Ipas. Sie führen dazu, dass Autofahrer andere Routen wählen als üblich, sodass für Kuchenheim kein unverfälschtes Ergebnis ermittelt werden könnte, so Kuballa. Er geht davon aus, dass eine Verkehrszählung erst im Januar 2025 realistische Daten ergibt. Bis dahin werde sich auch der Gewöhnungseffekt in Sachen Westspange eingestellt haben.