Seit zehn Jahren kochen Ehrenamtler in Euskirchen für Bedürftige. Auch das Gemeinschaftserlebnis lässt donnerstags bis zu 90 Menschen die Suppenkirche aufsuchen.
Evangelische KirchengemeindeIn Euskirchen gibt's den Teller Suppe gegen Not und Einsamkeit
Man könnte das Jubiläum mit großen Zahlen beschreiben. Seit zehn Jahren gibt es die Suppenkirche der evangelischen Kirchengemeinde Euskirchen, 522-mal haben die ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen in dieser Zeit warme Mittagsmahlzeiten zubereitet für insgesamt 38.000 Menschen. Beeindruckender als die Zahlen aber ist, was die Gäste über die Suppenkirche sagen.
Diakon Jens Schramm zitiert einige von ihnen bei der Jubiläumsfeier. „Die Menschen, die das machen, sind Engel“, so habe eine Frau das Team gelobt. Ein anderer habe gesagt, der Donnerstag sei der schönste Tag der Woche: Es sei gut, mal einen Tag nicht nur zu Hause zu sein. Denn: „Armut macht sehr einsam.“ Da geht ein zustimmendes Gemurmel durch die Reihen derer, die auch an diesem besonderen Donnerstag Gast der evangelischen Kirchengemeinde sind.
40 Menschen helfen in der Euskirchener Suppenkirche
Vor elf Jahren, so erzählt Schramm, sei die Idee aufgekommen, Essen für bedürftige Menschen anzubieten. „Wir hatten die Räume, wir hatten Equipment, aber wir hatten kein Geld.“ Und die Idee für den Namen hatten sie auch schon: Suppenkirche, denn Suppenküche wäre doch zu simpel gewesen. Der Erlös des Gemeindefestes 2014 diente als Grundstock.
Auf einen Aufruf in der Presse meldeten sich fast 60 Menschen, die mithelfen wollten. Mehr als 40 blieben, die tatsächlich das Kochen, das Bedienen, den Abwasch und das Aufräumen übernahmen und zum Teil bis heute übernehmen. Ein einziges Mal sei der Mittagstisch ausgefallen, berichtet Jens Schramm: nach der Flut, als es keinen Strom gab. Während der Corona-Pandemie gab es die „Suppenkirche to go“ – Portionen zum Mitnehmen.
Noch ein paar Zahlen zum Jubiläum: 20 Kilo Kartoffeln haben Hannelore Knospe, Sigrid Jamrosy und Gisela Ladentin geschält, dazu acht Sorten Gemüse geschnippelt. Schließlich gibt es zum Zehnjährigen die gleiche Suppe wie beim allerersten Mal. Dass sie immer noch genauso gut schmeckt, kann Olli bestätigen. Er war es nämlich, der damals den ersten Teller entgegennahm – das Foto davon habe er noch.
Und seitdem, so erzählt es der Mann, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, habe er nicht einen Donnerstag in der Suppenkirche verpasst. Warum auch? „Hier schmeckt es mindestens so gut wie in einem Restaurant.“ Er kann sich an kein einziges Mal erinnern, an dem das Essen nicht lecker gewesen sei. Das sei aber nur einer der Gründe immer wiederzukommen. „Hier trifft man seine Leute wieder, wir sind eine Gemeinschaft“ sagt Olli.
Die Frauen in der Küche und im Speisesaal – Männer sind hier eindeutig in der Minderheit – haben ein ganz schön anstrengendes Ehrenamt. Und das nicht nur, weil das Rühren mit dem riesigen Holzlöffel im 40-Liter-Topf Schwerarbeit ist. Sie stellen den Speiseplan auf und gehen einkaufen. Sie schnippeln, kochen, decken die Tische ein, füllen die Teller, räumen ab, bringen die Küche wieder auf Hochglanz.
Um 8 Uhr am Donnerstagmorgen fangen sie an, schildert Sigrid Jamrosy. Vor 15.30 Uhr seien sie selten fertig: „Das ist ein langer Tag.“ Die rund 40 Ehrenamtlerinnen haben sich in Gruppen aufgeteilt, die sich abwechseln.
Zum Thema Einkaufen erzählt Pfarrer Frank Thönes eine schöne Geschichte. Nach einem Großeinkauf an der Fleischtheke im Supermarkt habe ein anderer Kunde spontan die Rechnung übernommen, nachdem er zufällig gehört habe, dass das Essen für die Suppenkirche bestimmt gewesen sei.
Im vergangenen Jahr einen Ausflug nach Maastricht gemacht
Der Euskirchener Bürgermeister Sacha Reichelt lobte die kirchliche Suppenküche als die tollste Idee nicht nur seit zehn, sondern mindestens seit 20 Jahren. Jens Schramm hatte erzählt, dass man im vergangenen Jahr einen gemeinsamen Ausflug nach Maastricht gemacht hat. „Das war schön“, rief eine Frau spontan. Also steuert Reichelt die Idee bei, die Stadt könne den nächsten Ausflug unterstützen. Ein Ziel hatte er auch schon ins Auge gefasst: Helfer und Essensgäste könnten in die Partnerstadt Charleville-Mézières reisen.
Einen Geburtstagskuchen gibt es auch, liebevoll dekoriert mit einer großen Zehn und kleinen Möhren, Erbsen und Kohlköpfen. Auch wenn der Versuch, ihn mit einem Mini-Feuerwerk in den abgedunkelten Raum zu schieben, erfolglos angebrochen werden muss, schneiden ihn Bürgermeister Reichelt, Pfarrer Thönes, Diakon Schramm und Iris Hoffmann, Ehrenamtskoordinatorin der evangelischen Kirche, gemeinsam an.
An der Essensausgabe bildet sich eine lange Schlange an der Essensausgabe. Die Frauen schöpfen Suppe in Teller, reichen Brotscheiben an. Der Topf leert sich schnell. Ist es schon einmal vorgekommen, dass die Küchenmannschaft zu wenig gekocht hatte? Gisela Ladentin lächelt. „Es waren schon mal mehr Gäste als erwartet.“ Denn die Zahl schwanke zwischen 70 und 90 Gästen – die übrigens nicht nachweisen müssen, dass sie wenig Geld haben.
Wenn ein Rest bleibt, freut Olli sich. Er nimmt gern eine Portion mit für den nächsten Tag.