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PferdesportEin Blick hinter die Kulissen des Reitstalls Recke in Weilerswist

Lesezeit 5 Minuten
Vier Reiter mit Helmen kommen auf ihren Pferden auf den Betrachter zu.

Beim Tag der offenen Tür konnten die Pferde des Rennstalls Recke auch in Aktion bewundert werden.

Dass Rennpferde auch schon mal ihren Kopf durchsetzen - und dies auch dürfen, konnten die Besucher beim Besuch des Trainings im Rennstall erfahren.

Es sei schon ein beeindruckendes Erlebnis, einmal mit einem Reitpferd über die Rheinwiesen zu galoppieren, berichtete Christian von der Recke, Trainer des Rennstalls Recke in Weilerswist. Dieselbe Erfahrung auf dem Rücken eines Rennpferdes zu machen, sei dennoch kaum zu vergleichen. „Es ist in etwa so, als wäre man sein Leben lang Moped gefahren und würde sich dann zum ersten Mal ans Steuer eines Ferrari setzen.“

Beim Tag der offenen Tür am Samstag durften Besucher sich zumindest aus sicherer Entfernung vom Wahrheitsgehalt dieser Aussage überzeugen und einige der Vierbeiner in Aktion bewundern. „Wir möchten an solchen Tagen das Interesse für diesen Sport wecken und auch mit einigen Vorurteilen aufräumen, die sich leider sehr hartnäckig halten“, erklärte Christian von der Recke. Dazu eigne sich ein ausführlicher Rundgang, bei dem die Gäste auch einen Blick hinter die Kulissen werfen können, am besten.

Spannende Eindrücke beim Galopptraining

Tatsächlich durften die Rundgangsteilnehmer nicht nur das Galopptraining der Pferde mit ihren Jockeys begutachten, sondern auch hautnah mit den Tieren in Kontakt treten. Besonders für Besucherin Daniela Sommer, die genau wie ihr Partner Stephan Neubauer bislang kaum Gelegenheit hatte, sich mit dem Reitsport zu beschäftigen, ein erinnerungswürdiges Erlebnis.

„Als Laie macht man sich meist gar keine Gedanken, wie viele organisatorische Feinheiten im Hintergrund eine Rolle spielen, um auf der Rennstrecke erfolgreich zu sein. Ich dachte, man schickt die Pferde jeden Tag ein wenig laufen, und den Rest besorgt dann das Talent des Tieres.“

Eine junge Frau schüttelt mit einer Heugabel Stroh auf.

Vom Stall ausmisten bis zur Pferdepflege: Die Mitarbeiter boten einen Blick auf die Arbeit im Rennstall.

Christian von der Recke gibt vor den Boxen Erklärungen.

Trainer Christian von der Recke präsentierte bei einem ausgiebigen Rundgang auch Stallungen und Trainingsplätze der Rennpferde.

Stattdessen habe schon der Futterplan einige Überraschungen bereitgehalten. „Dass die Tiere nicht immer nur einfach Hafer fressen, sondern hin und wieder auch ein Leckerli verlangen, fand ich sehr lustig“, so Sommer weiter. Zudem könne das Idealgewicht mit Mohrrüben oder Maisfladen sehr genau mit nur kleinen Abweichungen bis auf zehn Kilogramm genau gesteuert werden.

„Mit den Pferden wird gearbeitet - nicht gegen sie“

Ein zweiter Punkt, den Daniela Sommer und einige andere Besucher am Tag der offenen Tür beeindruckte, war der psychologische Aspekt im Umgang mit den Rennpferden. „Die Pferde haben natürlich auch ihren eigenen Kopf, und es ist ganz bestimmt nicht unser Ziel, diesen zu brechen“, betonte Christian von der Recke. Man wolle mit den Tieren statt gegen sie arbeiten, da letztlich auch das Rennergebnis von diesem Zusammenspiel positiv beeinflusst werde.

„Ein Pferd, das ständig unter Stress steht, wird auf lange Sicht niemals die gleiche Leistung bringen können wie ein Pferd, das auch wirklich rennen will.“ Dies sei eines der zahlreichen Vorurteile, mit denen sich der Rennsport tagtäglich auseinandersetzen müsse.

Eine Reiterin schaut auf den Kopf eines Pferdes, das sie am Zügel hält.

Der Rennstall Recke präsentierte ein weiteres Mal interessierten Besuchern die aktuell 35 trainierten Rennpferde.

Dass die Vierbeiner im Rennstall Recke hingegen ihren eigenen Willen gelegentlich sogar entgegen den Wünschen des Teams durchsetzen, ließe sich am Beispiel des Vollblüters „Trooper“ erkennen. Statt genau wie seine Artgenossen in der sogenannten Führmaschine zum Auslaufen brav im Kreis zu traben, ziehe es „Trooper“ vor, einfach mitten hindurchzumarschieren, da ihm diese Anlage gar nicht passe, berichtete der Trainer lachend. Auch dieses Vorgehen ist eines von zahlreichen Puzzlestücken, die Christian von der Recke in den vergangenen Jahrzehnten mit mehr als 2000 Rennsiegen zu den Top-Drei-Trainern in Deutschland gemacht habe.

Nach der Rennzeit werden die Pferde weitervermittelt

Auch der Verbleib der Tiere nach ihrer Rennsportkarriere sei ein viel diskutiertes Thema. „Manche behaupten wirklich, die Tiere würden geschlachtet und später gegessen. Aber das ist Quatsch“, betonte von der Recke: „Alle 35 Pferde, die derzeit in unserem Rennstall trainiert werden, tragen sogar einen Stempel, dass sie nicht für den menschlichen Verzehr geeignet sind.“ Stattdessen sei eine gute Unterbringung auch nach der aktiven Rennzeit eine Herzensangelegenheit für den Trainer und sein Team.

Wir schieben die Pferde nicht einfach ab, sondern sorgen uns darum, dass sie in gute Hände kommen.
Antonia von der Recke, Tochter des Reitstallbesitzers

„Mein Vater sagt immer, dass zwar jedes Rennpferd ein Vollblüter ist, aber nicht jeder Vollblüter ist auch ein Rennpferd“, erklärte Tochter Antonia von der Recke, die für die „zweite Karriere“ der Stallpferde mitverantwortlich zeichnet.

„Wir schieben die Pferde nicht einfach ab, sondern sorgen uns darum, dass sie in gute Hände kommen. Darum bleiben wir mit den neuen Besitzern auch immer in Kontakt. Und sie schicken uns oft Bilder und Videos, wie sich die Tiere entwickeln. Nachdem wir auf und neben der Rennstrecke so lange Spaß mit den Pferden hatten, sollen die neuen Besitzer dies natürlich auch. Es ist immer wieder wunderschön zu sehen, wenn die Pferde in ihrer zweiten Karriere auch ein zweites Mal aufblühen.“

Vorurteile abzubauen, war jedoch längst nicht der einzige Zweck des Tages der offenen Tür im Rennstall Recke. So versorgte der Hausherr seine Gäste zudem mit einigen Tipps für die nächsten Pferdewetten, wobei sich diese Tipps meist mit einem Lächeln auf die eigenen Schützlinge konzentrierten. Auch Einblicke in die Monturen eines Jockeys, bei der sogar auf die Sohle der Schuhe verzichtet werde, um im Rennen Gewicht einsparen zu können, war Teil des informativen Rundgangs.

Mit viel Humor leitete Christian von der Recke die Besucher über das weitläufige Gelände und gab mit zahlreichen Anekdoten die Begeisterung für seine Leidenschaft weiter. „Nicht nur unser Stall, sondern der Rennsport an sich profitiert natürlich von solchen Tagen, wenn die Menschen, die heute hier sind, beim nächsten Rennen auch an der Strecke stehen“, erklärte der Trainer: „Darum sind wir immer froh, wenn uns dieser Blick hinter die Kulissen des Rennsports gelingt.“