Der Meteorologe Karsten Schwanke findet, dass der DWD zu unsensibel mit Unwetterwarnung umgeht. In Zülpich äußerte er sich auch zum Klimawandel.
Talk in ZülpichKarsten Schwanke ärgert sich über Wetterdienst und findet Köln hässlich
Marianne Komp hatte den Wetterbericht geschaut. Die Moderation und Organisatorin von Schwade im Jade in Zülpich hatte nämlich den Meteorologen Karsten Schwanke eingeladen – Vorbereitung ist eben alles. Aber Komp hatte den Wetterbericht nicht nur als Vorbereitung für ihr Gespräch mit dem Experten Schwanke studiert, sondern auch um frühzeitig zu entscheiden, dass die Talkrunde nicht im Kirchengarten, sondern in der Kirche St. Peter stattfindet.
Mehr als 100 Zuhörer waren zur letzten Runde in diesem Jahr von Schwade im Jade gekommen. Und erfuhren unter anderem, dass Schwanke zu Jugendzeiten in der DDR an Mathematikolympiaden teilnahm und so gut dabei war, dass er damit sogar sein erstes Geld verdiente.
Karsten Schwanke studierte zunächst in Berlin dann in Hamburg
Sie erfuhren aber auch, dass der heute 55-jährige Meteorologe nach seinem Studium in Berlin und Hamburg in die Schweiz ging, um unter der Fittiche von Wetterexperte Jörg Kachelmann das Einmaleins des Fernsehwetters lernte, um dann schließlich in Köln vor der Kamera seinen eigenen Kultstatus erreichte.
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Während sich die Liebe zu Wolken, Sonne, Isobaren, Luftströmen und Wetter schnell bei Schwanke herauskristallisierten, dauerte das bei der Liebe zu Köln etwas länger. „Wie kann man eine so hässliche Stadt bauen“, habe er sich nach seiner Zeit in der Schweiz gedacht, als er dann schließlich in Köln arbeitete.
„In Köln kleben die Menschen Badezimmerfliesen an die Häuser“, führte Schwanke in Zülpich aus. Er habe sich das schließlich damit erklärt, dass die Stadt beim Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden sei und schnell wieder aufgebaut werden musste. „Vielleicht gab es damals irgendwo billige Badezimmerfliesen“, so Schwanke. Doch wenn er heute an der vierspurigen Nord-Süd-Fahrt stehe und auf das Ewigkeitsrenovierungsprojekt Oper schaue, „dann weiß ich, dass es nicht am Wiederaufbau nach dem Krieg gelegen hat, sondern die hier eben so sind.“
Der Wetterexperte sagte in St. Peter gleich mehrfach, dass er die Unterwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes nicht immer nachvollziehen könne. Die kämen ihm zu häufig. „Der Deutsche Wetterdienst muss sensibler mit solchen Warnungen umgehen, nicht immer und immer wieder warnen. Die Leute reagieren doch irgendwann nicht mehr“, sagte der Wahl-Kölner.
Unwetterwarnung: Gibt es zu viele, wird es unglaubwürdig
Die Warnung von Beginn der vorigen Woche, als auch für den Kreis Euskirchen eine Unwetterwarnung mit Regenmengen um die 70 Liter pro Quadratmeter gerechnet wurde, habe er nicht nachvollziehen können. Letztlich hatte der Experte recht. Es regnete zwar, aber bei weitem nicht in den Maßen, die angekündigt waren. „Wenn wir zu oft warnen, verlieren wir die Glaubwürdigkeit“, sagte der Diplom-Meteorologe.
Apropos Vorhersage: Schwanke berichtete vom Vorabend seines ersten Wetterberichts im Fernsehen. Er sei ganz schön aufgeregt gewesen. „Ich musste mir den Wetterbericht für ganz Deutschland ausdenken“, sagte er wörtlich. Das „ausdenken“ in seinen Ausführungen sorgte beim Publikum für den einen oder anderen Lacher. Schwanke sagte darauf, dass es sich tatsächlich so angefühlt habe. In Wahrheit sei unter den Meteorologen ein echter Wettkampf entbrannt, wer die genaueste Vorhersage liefere.
Karsten Schwanke in Zülpich: Wetter ist etwas Emotionales, Klima nicht
Unter seinen Kommilitonen im Studium sei er der einzige gewesen, der später einmal das Wetter vorhersagen wollte. Alles anderen Studenten in Hamburg wollten Schwanke zufolge in die Klimaforschung, die nach der Jahrtausendwende so richtig Fahrt aufgenommen habe.
Aber wie ist das überhaupt mit dem Wetter und dem Klima? Ist das nicht das gleiche? Für Schwanke ist es das natürlich nicht. „Das eine, das Wetter, das ist das, was jetzt da draußen in dieser Sekunde passiert. Wir fühlen es, wir bekommen es mit. Jeder Mensch hat eine Meinung zu diesem Wetter, es berührt uns auch emotional. Wir finden es doof oder gut. Je nachdem, was da draußen ist“, führte der 55-Jährige aus, während er ein Schleuder-Thermometer an einer Schnur vor sich her drehte.
Von den Zülpichern wollte er wissen, wie warm oder kalt es in der Kirche sei. 18,3 Grad waren es am Freitag gegen 20.15 Uhr in St. Peter. „Wir Menschen sind biologisch nicht in der Lage, die Temperatur, die um uns herum herrscht, auf ein Grad Genauigkeit zu schätzen“, sagte Schwanke. Und darin liege eines der größten Probleme bei der Kommunikation des Klimawandels. Es sei doch egal, ob es nun 18 oder 19 Grad sei. Man merke den Unterschied nicht.
Wo wäre also das Problem, wenn es im Sommer statt 28 statt 29 Grad sind? „Das wäre auch kein Problem. Da fällt kein Vogel tot vom Baum. Das Problem ist, dass wir diese Zahlen nicht verstehen. Wir müssen uns von diesen globalen Mittelwerten verabschieden, wenn wir den Kern dieses Klimawandels wirklich verstehen wollen“, verdeutlicht der Meteorologe: „Eine Zahl kann man nicht fühlen. Da gibt es keine Emotion zu.“
Es sei also nicht die Frage, ob es ein Grad mehr Wärme habe oder nicht. Es sei das Tempo dieser Erwärmung, das das Problem sei, so Schwanke. Da werde die Vegetation, „da werden auch wir Menschen größere Probleme haben, uns daran anzupassen“, so Schwanke.