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FDP beschließt Programm: Bekenntnis zu Schwarz-Gelb

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Düsseldorf/Köln – Mit dem Bekenntnis zu Beitragsfreiheit in den Kitas, mehr Bildungsgerechtigkeit und schnellerer Digitalisierung zieht die nordrhein-westfälische FDP in den Landtagswahlkampf. Vier Monate vor der Wahl beschloss ein digitaler Parteitag am Samstag mit großer Mehrheit ein entsprechendes Wahlprogramm. Im Falle einer weiteren Regierungsbeteiligung der FDP werde es mindestens ein weiteres beitragsfreies Kitajahr in NRW geben, versicherte der Spitzenkandidat und Landesparteichef Joachim Stamp.

Eltern müssen in NRW in der Regel schon jetzt in den letzten beiden Jahren vor der Einschulung keine Kita-Beiträge mehr zahlen. Das Programm sieht vor, „schrittweise” auch die weiteren Kita-Jahre beitragsfrei zu stellen. „Das geht nicht in einem Schlag”, sagte Stamp. Vorgesehen sind zudem flexiblere Öffnungszeiten.

Überraschend sprach sich der Parteitag nach kontroverser Debatte mit großer Mehrheit dafür aus, die bei Eigentümern in NRW seit langem heftig umstrittenen Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte die Rechtslage erst 2020 reformiert, um Spitzenbelastungen abzuflachen, war aber bislang gegen eine vollständige Abschaffung.

Alles zum Thema Joachim Stamp

Sowohl Stamp als auch Bundesparteichef Christian Lindner unterstrichen, die FDP werde im Landtagswahlkampf mit großer Eigenständigkeit auftreten. Es sei gut, dass die Partei in NRW ebenso wie im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Niedersachsen mit einer eigenen Handschrift in die diesjährigen Landtagswahlen gehe, sagte Lindner. Es sei klar, dass sich Landesinteressen auch von der Politik der Ampel-Koalition im Bund unterschieden.

NRW wählt am 15. Mai einen neuen Landtag. „Heute legen wir die inhaltlichen Grundlagen für den Wahlkampf. Ab morgen krempeln wir alle die Ärmel hoch”, appellierte Stamp an die rund 20.000 Mitglieder des Landesverbands. 2017 hatte die FDP bei der NRW-Landtagswahl 12,6 Prozent erzielt.

Er wolle die Koalition mit der CDU möglichst fortsetzen, sagte Stamp. Landtagsfraktionschef Christof Rasche gab das Ziel vor, im Landtag weiterhin „mindestens Platz drei” zu belegen. Die Koalition arbeite fair zusammen - auch wenn es mal unterschiedliche Meinungen gebe.

In den vergangenen Tagen hatten mehrere Spitzenpolitiker der NRW-FDP gefordert, aus ihrer Sicht überzogene Corona-Schutzmaßnahmen wieder zurückzunehmen. Wenn die pandemiebedingte Belegung der Krankenhäuser und vor allem der Intensivstationen zurückgehe, müssten Grundrechtseinschränkungen zügig überprüft und Stück für Stück beendet werden, bekräftigte Stamp.

Der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen, Alexander Steffen, kritisierte die Corona-Politik von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). „Wir sehen in Hendrik Wüst - der bei Corona bisher leider mehr Markus Söder als Armin Laschet gespielt hat - und der CDU in erster Linie einen Konkurrenten und keinen Verbündeten, und das muss im Wahlkampf klar werden”, forderte er.

Stamp versicherte: „Wir werden weiterhin notwendige Maßnahmen mittragen, aber sobald zu erkennen ist, dass sie nicht gebraucht werden und dass sie nicht den Zweck erfüllen, dann müssen sie auch wieder zurückgenommen werden”. Der stellvertretende Ministerpräsident betonte: „Es braucht mehr Besonnenheit und weniger Symbolpolitik.” Klar sei: „Der nächste Herbst darf nicht erneut ein Herbst der Zumutungen, der überfüllten Intensivstationen, der Schulschließungen und der Bürgerrechtseinschränkungen werden.”

In ihrem rund 90-seitigen Wahlprogramm definiert die NRW-FDP ihre Positionen von Kita und Schule über Einwanderung und Sicherheit bis zu Verwaltung und Wirtschaft. Unter anderem soll der derzeit mit 60 sogenannten Talentschulen laufende Modellversuch mit bester Ausstattung gerade für schwierige Stadtteile landesweit auf 1000 Schulen ausweitet werden. Gleichzeitig sollen an allen Schulen „Talentscouts” Kinder gezielt unterstützen und fördern. Außerdem solle jedes Kind ein Laptop oder ein Tablet erhalten, sagte Stamp. Gleichzeitig müssten alle Schüler und Lehrer stärker zu digitalem Lernen befähigt werden.

Darüber hinaus wolle die FDP „ein Recht darauf schaffen, jeden Behördengang digital von zu Hause aus zu erledigen”, sagte Stamp. Möglich werde das nur „mit superschnellem Internet” - auch auf dem Land. „Wir werden der Digitalisierung noch mal einen neuen Booster verpassen”, erklärte der FDP-Politiker. Das sei ein Schlüsselthema für den gesamten Wirtschaftsstandort.

Die FDP werde keinen „Bilanz-Wahlkampf” führen, da viele Aufgaben weiterzuführen seien, sagte Stamp. NRW stehe aber heute besser da als beim Regierungswechsel von Rot-Grün zu Schwarz-Gelb 2017. Seitdem seien hier rund 400.000 neue sozialversicherungspflichtige Jobs entstanden. Entbürokratisierung habe die Wirtschaft entfesselt.

Lindner sagte seinem Landesverband zu: „Wir werden uns massiv einsetzen.” Er wolle seinen Parteifreunden im Wahlkampf durch gutes Regieren in Berlin, aber auch „in Präsenz auf Marktplätzen und in den Sälen Rückenwind geben”.

© dpa-infocom, dpa:220122-99-811167/2 (dpa/lnw)