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Katastrophaler ZustandDer Fichtenwald im Rheinland stirbt – diesmal wirklich!

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Der Borkenkäfer hat in den letzten Jahren die Fichtenwälder nicht nur im  Rheinland zerstört. Ursache war die anhaltende Trockenheit. 

  1. Als die Grünen in den 80er Jahren den Tod des Waldes vorhersagte, kam es am Ende doch nicht so schlimm. Und heute?
  2. Im Jahr 2019 ist der Wald so akut bedroht, wie man es sich in den düstersten Szenarien noch nicht ausgemalt hat.Der Borkenkäfer droht alle Fichtenwälder des Rheinlands zu vernichten. Nicht irgendwann – sondern jetzt.
  3. Und der Holzpreis ist im freien Fall, was die Sache noch verschlimmert. Eine Analyse.

Der Wald ist des Deutschen liebstes Kind. Er wurde in Gedichten, Märchen und Sagen beschrieben und überhöht. Volkskundliche Abhandlungen erklärten ihn zum Sinnbild germanisch-deutscher Art, als Gegenbild zur Urbanität. Der Wald ist stark und wild, Heimat seltener Tiere, er schützt vor Erosion, absorbiert CO2, macht die Luft sauber, ist Erholungsort der Menschen. Er liefert ökologische Baumaterialien für Haus, Papier oder Möbel. Ein idealer Ort. Entsprechend ging ein Aufschrei durchs Land, als Anfang der 1980er Jahre der saure Regen zu einem Waldsterben führen sollte. In dieser Phase entstand eine breite Umweltbewegung, die die Partei der Grünen hervorbrachte, aber auch den Katalysator für jedes Auto zur Pflicht machte und Blei aus dem Benzin verdammte.

Doch ein befürchtetes Baumsterben blieb aus. So geriet der deutsche Wald wieder in Vergessenheit, die Umweltbewegung konzentrierte sich auf den Kampf gegen die Abholzung des tropischen Regenwaldes. Doch auf einmal ist der Wald so akut bedroht, wie man es sich in den düstersten Szenarien der 1980er Jahre nicht ausgemalt hatte. Am 18. Januar 2018 fegte Orkan Friederike über Teile Nordeuropas und verursachte Schäden von rund einer Milliarde Euro. In den Wäldern von NRW warf Friederike rund zwei Millionen Bäume um oder knickte sie ab, die meisten davon Fichten.

Es folgte der Sommer 2018. In dem trockensten, wärmsten und sonnigsten Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung hatten die Borkenkäfer ideale Bedingungen und ein leichtes Spiel, über die angeschlagenen Wälder herzufallen. Es kam zum größten Borkenkäfer-Befall der Nachkriegszeit. Schlimmer kann es kaum kommen, dachten die Waldbauern im Land, hofften auf einen nasskalten Winter, der den Borkenkäfern den Garaus machen sollte. Doch der blieb aus.

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Die Folgen sind katastrophal. „Die Ausgangszahl von Borkenkäfern im Frühjahr war viel höher als in anderen Jahren, daher wuchs die Zahl der Tiere um das Dreifache“, sagt Förster Stephan Schütte vom Forstamt Rhein-Sieg-Erft. Der Käfer geht nur den Fichten an den Kragen. Die durch die Dürre dieses und des vorigen Sommers geschwächten Bäume können sich nicht mit Harz gegen den Parasiten wehren und sterben ab. Jeder weitere Baum wird zur Keimzelle für immer mehr Käfer, die über die nächsten Bäume herfallen.

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Stephan Schütte, Förster beim Forstamt Rhein-Sieg-Erft

Um die Schäden zu entdecken, muss man kein Waldexperte sein. Wer aufmerksam über die NRW-Autobahnen fährt, sieht in den Wäldern teils hektargroße braune Flecken. Das sind die Bäume, die der Borkenkäfer unwiederbringlich vernichtet hat. Schlimmer aber sind die Bäume, die noch grün sind und dem Käfer Nahrung bieten. „Eigentlich müssten wir diese Bäume fällen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, aber alle Forstarbeiter und Maschinen sind über Monate ausgebucht, arbeiten noch Aufträge vom Orkan Friederike ab“, sagt Ute Kreienmeier vom Verband Kommunalwald NRW. Die Folge: Der Käferbestand explodiert, scheinbar unaufhaltsam. „Wir beobachten eine dritte Brut der Borkenkäfer in nur einer Saison“, sagt Förster Schütte. Er befürchtet das Ende der Fichte im Rheinland. „Unter einer Höhe von 350 Metern wird es in einigen Jahren hier keine Fichten mehr geben“, sagt Schütte. Das ist fatal, sind doch 250.000 Hektar der 900 000 Hektar Wald in NRW von Fichten bewachsen.

Der Holzpreis hat sich halbiert

Ein die Lage verschärfendes Problem ist, dass durch das riesige Angebot der Preis für Holz dramatisch fällt. 2017 kostete ein Festmeter Holz noch knapp 100 Euro, heute sind es noch 40 bis 50 Euro, für geschädigte Bäume nur 25 bis 35 Euro. Die Rodung allein kostet mindestens 25 Euro je Festmeter, in steileren Hängen mehr. Die Einnahmen reichen keinesfalls für eine Wiederaufforstung, die rund 12.000 Euro je Hektar verschlingt.

Die Käferplage entzweit auch Umweltschützer. Naturschützer im engeren Sinne haben kein Problem mit den abgestorbenen Fichten. Sie fordern seit langem mehr Totholz im Wald, etwa für Wildbienen und Insekten. Klimaschützer dagegen argumentieren, dass nur lebende Wälder CO2 binden, tote Bäume dagegen zusätzliches CO2 freisetzen.

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In den Wäldern stapeln sich die Stämme, aber der Markt verlangt nach Schnittholz. 

Längst ist nicht nur die Fichte ein Sorgenkind. Auch die Buche leidet unter der Trockenheit. „Wir sehen, wie 200 Jahre alte Buchen zugrunde gehen, erst wegen Wassermangels, dann durch Schädlinge“, sagt Eberhard Piest, Leiter der Forstbetriebe des Grafen Spee, einer der größten Waldbesitzer des Landes mit Forsten bei Düsseldorf und im Sauerland. Auch Eschen und selbst die wärmeresistente Eiche würden absterben.

Peter Wohlleben gibt Forst die Schuld

Umweltaktivist, Förster und Buchautor Peter Wohlleben („Das geheime Leben der Bäume“) hat mit Unterstützern einen offenen Brief geschrieben , worin er der Forstwirtschaft die Hauptschuld an der Misere gibt, weil sie auf nicht heimische Baumarten und Monokulturen gesetzt habe. Bei Forst und Wald NRW will man diese Kritik nicht so stehen lassen. „Heute Fichten als Monokultur anzupflanzen wäre sicher ein Fehler. Aber die Fichtenbestände muss man im historischen Kontext sehen“, sagt Forst-und-Wald-Sprecher Michael Blaschke. Die Fichte gilt als schnell wachsender Baum, der anders als die Buche auch auf Kahlschlägen wächst. Nach dem Zweiten Weltkrieg seien die Wälder drastisch gekappt worden, die Anpflanzung der Fichte erschien dringlich und sinnvoll.

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Der Borkenkäfer

Jetzt suchen die Waldbauern nach Alternativen. Viele sehen sie in der Douglasie, angepflanzt in Mischwäldern. Naturschützer kritisieren das, weil man wieder auf nichtheimische Arten setze. Der Forst-Wissenschaftler Piest weist derlei Einwände zurück: „Wir als Waldbesitzer dürfen auch die Ökonomie nicht vergessen.“ Viele kleinere Waldbauern geben ihm Recht. Denn unisono beobachtet die Branche, dass viele Forstbesitzer ihre Wälder verkaufen wollen, weil sie unrentabel sind und das Geld für die Aufforstung frühestens in zwei oder drei Generationen wieder reingeholt werden kann.