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Currywurst, Dom, BusfahrplanWas drei US-Austauschschüler an Köln und NRW lieben

Lesezeit 7 Minuten
Köln Dom Sonne Symbolbild

Der Kölner Dom und die Hohenzollernbrücke sind nicht nur Wahrzeichen, sondern auch bei vielen Touristen und Besuchern beliebt. (Archivfoto)

  1. Wegen der anstehenden Wahl blickt die Welt auf die USA. Doch wie nehmen Amerikanerinnen und Amerikaner uns wahr?
  2. Drei Gespräche mit US-Austauschschülern zeigen, was sie an Köln und NRW schätzen und was ihnen fehlt.
  3. Der große Vergleich mit vielen Zahlen, Fakten und persönlichen Geschichten.

Köln – Nicht nur Wildpferde gibt es sowohl in den USA als auch in NRW. Die Verbindungen von Nordrhein-Westfalen zu den USA sind zahlreich. Ein Überblick in Zahlen und persönlichen Erlebnissen dreier Austauschüler.

Harley Blocker (18) lebte 2019 für neun Monate in Köln

Bevor ich im vergangenen August nach Köln gekommen bin, habe ich online recherchiert: Wie sind die Deutschen so drauf? Was sind die Do’s and Do not’s? Eine Empfehlung habe ich immer wieder gefunden: Auf keinen Fall Fremden auf der Straße zuwinken, wenn man sie nicht kennt. Ich, in Köln angekommen und neugierig, mache also genau das: Ein Mann geht an mir vorbei und ich sage „Hey!“, rechne im gleichen Moment schon damit, in einer fremden Sprache angeschrien zu werden. Doch er? Lächelt einfach und winkt zurück.

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Harley Blocker kam mit „Experiment e.V.“ nach Köln.

Ab da wusste ich, dass ziemlich viele Klischees über die Deutschen vielleicht doch nicht ganz so wahr sind. Ich habe das Gefühl, der Blick von US-Amerikanern auf Deutschland ist sowieso: Brezeln und Bier. Genauer gesagt: München. München ist Deutschland für viele Leute in den USA.

Gleichzeitig ist für viele Deutsche die USA: Waffen, New York, Trump. Wurdest du jemals angeschossen? Hast du schon mal jemanden getötet? Hast du schon einmal Donald Trump getroffen? Wirklich, diese Fragen wurden mir in meiner Schule in Köln-Porz jeden Tag von Mitschülern gestellt. Die Antwort auf alles ist übrigens: Nein.

Aber nicht falsch verstehen, ich bin sehr gerne in die deutsche Schule gegangen. Na ja, zumindest nachdem ich herausgefunden habe, wie Schule in Deutschland funktioniert. An meinem ersten Tag habe ich mir einen knallorangefarbenen Overall angezogen, dazu High Heels, habe mich geschminkt – denn bei uns in Georgia macht man das so. Man macht sich schick für den ersten Schultag. In Deutschland anscheinend nicht.

Außer mir waren alle ganz normal gekleidet. Ich wurde angestarrt. Und dann sagte ein Mitschüler, als ich so in meinem orangefarbenen Outfit vorbeilaufe, zu seinem Freund: „Die sieht aus wie ein riesiger Paprikachip.“ Rückblickend: sehr lustiger Kommentar. Aber an dem Tag ging der mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich habe mich anschließend dann für den Unterricht ein bisschen dezenter gekleidet.

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Im März musste ich leider verfrüht zurück, weil die Pandemie ausgebrochen ist – und ernsthaft: Ich vermisse Deutschland! Mittlerweile studiere ich sogar Deutsch, weil ich mir die Möglichkeit offen halten will, irgendwann zurückzukommen. Vielleicht auch für immer. Und nach Köln.

Ich habe vor meinem Austausch gebetet, dass ich nach Köln komme. Ich wollte unbedingt nah am Dom sein, diesem riesigen, großartigen Gotik-Meisterwerk. Noch bevor ich abgeflogen bin, habe ich mir die Umrisse auf mein iPad gravieren lassen. Als ich das erste Mal davor stand, musste ich vor lauter Freude weinen. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen dramatisch. Aber ich schwöre, so war’s.

Das einzige, was mich an Deutschland entsetzt hat: Dass man Geld für öffentliche Toiletten bezahlen muss. Wer kommt auf solche Ideen? Ich nicht einmal, wenn ich direkt davor stehe. Wirklich: Ich stand vor dieser Maschine und wusste nicht, was ich machen soll, damit die Tür aufgeht. Hinter mir bildete sich eine Schlange, sie wurde immer länger, die Leute wurden immer wütender. Und ich immer hilfloser. Bis ich dann ganz langsam angefangen habe, die Anweisungen auf der Tür zu übersetzen – und schnell eine Münze eingeworfen habe.

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Darüber hinaus finde ich beeindruckend, wie viel Sinn alles in Deutschland ergibt. Dass überhaupt alles Sinn ergibt. Vom Busfahrplan bis hin zum Aufbau der Regierung.

Deutschland funktioniert, während Amerika gerade auseinanderbricht. In Deutschland habe ich mich immer sicher gefühlt, ich konnte auch nachts einfach ausgehen, ohne Angst haben zu müssen, dass mir jemand mit einer Waffe begegnet. Diese Angst habe ich in meiner Heimat leider schon.

Harry Hittle (16) lebte 2018 für drei Monate in Bochum

Ich erinnere mich noch genau, als ich das erste Mal in den Deutschunterricht an meiner Schule in Bochum kam. Die Lehrerin erkundigte sich nach meinem Namen – und fragte direkt danach: „Besitzt deine Familie Waffen?“ Klar, das Image hat die USA sich selbst aufgebaut und ich verstehe, dass dieses Klischee in den Köpfen der Deutschen ist. Aber ich war trotzdem total perplex. Gleichzeitig hat sich in dieser Situation ein Vorurteil meinerseits total bewahrheitet: In den USA heißt es, Deutsche seien sehr direkt – und das kann ich nach meinen drei Monaten auch nur so bestätigen. Es gibt keinen großen Smalltalk.

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Harry nutzte das Programm „Adolesco“. 

Ihr seid einfach ein extrem effizientes Volk, in allem. Allein schon wie die Straßen gebaut sind. Ich komme aus Denver, Colorado. Und wir haben hier überall sehr breite Straßen, egal wie viele Autos da am Tag drüber fahren. In Deutschland ist das an den Verkehr angepasst. Das fand ich beeindruckend. Genauso wie den öffentlichen Nahverkehr. Überall kommt man in Deutschland mit dem Bus oder dem Zug hin. Das ist großartig.

Ansonsten habe ich das Ruhrgebiet echt lieb gewonnen. Ich durfte mir die Stadt nicht aussuchen und als es hieß, ich komme nach Bochum, war mir das natürlich überhaupt kein Begriff. Kennt man hier nicht, Bochum.

Umso mehr hat mich der industrielle Charme der Stadt begeistert. Und die Curry-Wurst. Die vermisse ich. Die kann man hier in Colorado leider nicht einfach im Supermarkt kaufen wie bei euch.

Fernanda Pérez (20) lebte 2016 für ein Jahr in Horrem

Vorab: Das Komischste an Deutschland ist ganz klar Mineralwasser. Ich meine – Kohlensäure in Wasser. Das tut doch einfach nur im Mund weh. Auch nach einem Jahr Austausch verstehe ich einfach nicht, warum ihr das macht.

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Fernanda Pérez (l. neben ihrer Gastmutter) war mit „Partnership International“ in Deutschland. 

Ich war von 2016 bis 2017 in Deutschland. Also während der letzten Präsidentschaftswahl. Ich weiß noch genau, dass ich die ganze Nacht wach geblieben bin, um live die Ergebnisse zu verfolgen. Meine Gastfamilie ist gegen sieben Uhr morgens aufgestanden. Und ich saß da und habe geweint, weil Trump gewonnen hat. Noch einige Tage danach ging es mir so schlecht, dass meine Freundinnen in der Schule die anderen bitten mussten, mich nicht auf die Wahl anzusprechen – weil mir sonst wieder die Tränen gekommen wären.

Ich habe in Horrem gelebt und viel Zeit in Köln verbracht. Ich weiß nicht, ob Kölner oder generell Deutsche eigentlich selbst merken, wie ungewöhnlich es ist, dass ihr Alltag zwischen der eigenen Geschichte stattfindet. Die vielen alten Gebäude, der Dom. Das ist so besonders. In den USA ist es ganz anders, hier haben wir sowas nicht. Ich komme aus El Paso in Texas, direkt an der Grenze zu Mexiko. Hier gibt es vor allem: viele Geschäfte, Fake-Parks und Straßen, überall.

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Eine Sache, die man sich hier über Deutsche erzählt und die definitiv stimmt: Diese Überpünktlichkeit. Ich fand das gar nicht schlimm, aber es war total ungewohnt für mich. Wenn wir in den USA 19.30 Uhr sagen – dann meinen wir eigentlich Viertel vor Acht. Frühestens. Als ich in Deutschland einmal 15 Minuten später als angekündigt zu einer Freundin gekommen bin, war die schon total besorgt und hat mich gefragt, wo ich denn gewesen sei.

Und Deutsche, das ist mir auch aufgefallen, können echt kalt zu Fremden sein. Nicht unbedingt fies, aber sehr ernst. Irgendwann saß ich im Zug von Köln zurück nach Horrem und der Mann neben mir hat „Der kleine Prinz“ gelesen – was wirklich mein absolutes Lieblingsbuch ist. Ich habe ihn angesprochen und ihm das gesagt. Und er antwortete nur: „Aha, okay.“ Das war mir so peinlich, dass ich an der nächsten Haltestelle raus bin und auf den nächsten Zug gewartet habe. Gleichzeitig sind Deutsche aber auch total herzlich, wenn sie dich kennengelernt haben, finde ich.

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Alles in allem hatte ich wirklich eine großartige Zeit bei euch. In meiner Gastfamilie gab es große Fans des 1. FC Köln und ich war fast jedes Wochenende mit ihnen im Stadion. Ich habe selbst Fußball im Verein gespielt und fand diese Begeisterung der Zuschauer großartig.

Und Karneval! Karneval war auch toll. Ich durfte sogar mit auf einen der Wagen im Zug, weil eine Freundin da Kontakte hatte. Zum Glück wurde mir vorher erklärt, es sei ganz normal an diesen Tagen, dass Fremde einem Kusshändchen zuwerfen. Das hätte mich vielleicht sonst verwirrt.Als ich nach einem Jahr zurückgeflogen bin, konnte ich sogar fließend Deutsch sprechen. Kann ich eigentlich noch immer. Nur die Artikel haben mir Probleme gemacht: Der, die, das. Nächtelang habe ich mir Lern-Videos angeschaut und versucht zu erraten, welches Geschlecht die Dinge haben. Und wirklich: Es war ein Raten, denn es gibt keinen Sinn dahinter, kein System.