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Burscheider Schüler im Interview„Wir wollen nicht, dass der halbe Erdball Wüste wird“

Lesezeit 6 Minuten

Der 15-jährige Falko Schröder besucht das Werner-Heisenberg-Gymnasium in Lützenkrichen.

Leverkusen – Seit August protestieren Schüler in ganz Europa jede Woche unter dem Motto „Fridays For Future“ für eine nachhaltigere Klimapolitik. An diesem Freitag wird erstmals auch in Leverkusen demonstriert. Maximilian Stier hat sich mit dem 15-jährigen Falko Schröder aus Burscheid unterhalten. Der Neuntklässler vom Werner-Heisenberg-Gymnasium gehört zu den Organisatoren der hiesigen bevorstehenden Demo auf dem Rathausvorplatz.

Falko, wie bist du auf „Fridays For Future“ aufmerksam geworden und wieso bringst du dich mit ein?

Vor ungefähr zwei Wochen bin ich über eine Whats-App-Gruppe auf die Leverkusener Lokalgruppe von „Fridays For Future“ aufmerksam geworden. Der Link zu der Gruppe wurde im Freundes- und Bekanntenkreis geteilt. Zurzeit sind wir rund 180 Leute in der Gruppe. Mein zentraler Beweggrund beizutreten war, dass ich mich sehr für Klima- und Umweltfragen interessiere. Von dem ausgehend, was ich über den Klimawandel weiß, bin ich mir sicher, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Sonst gibt es für mich und die Generationen nach mir keine vernünftige Umwelt mehr.

Du bist als Pressesprecher der Leverkusener Lokalgruppe Mitglied des Organisationsteams. Wer gehört noch dazu?

In Leverkusen sind wir 13 Leute, die zum Orgateam zählen. Wir sind für verschiedene Aufgaben zuständig. Zum Beispiel die Anmeldung der Veranstaltung oder die Betreuung unserer Instagram-Seite @fridaysforfuture_leverkusen. Unsere Absprachen laufen vor allem online ab. Am Samstag und am Mittwoch haben wir uns aber auch persönlich getroffen, um Plakate für die Demo herzustellen. Zwei von uns sind außerdem als Leverkusener Vertreter in das deutschlandweite „Fridays For Future“-Gremium eingebunden.

Wie erlebst du dein Umfeld: Gibt es Rückendeckung seitens deiner Schule und bestimmter Lehrer für euer Engagement?

Die meisten Lehrer finden es gut, dass wir bei „Fridays For Future“ mitmachen. Bei uns am Werner-Heisenberg-Gymnasium ist wegen eines Berufsinformationstages für die Oberstufe am kommenden Freitag sowieso unterrichtsfrei. Andere Schule bieten die Teilnahme an der Demo hingegen beispielsweise als Exkursion an. Mir sind aus Leverkusen nur wenige Beispiele bekannt, wo Lehrer oder Schulen wirklich was gegen die Demo haben.

Mit wie vielen Demonstranten rechnest du am Freitag?

Wir haben beim Amt 120 erwartete Teilnehmer angegeben. Vielleicht werden wir ein bisschen darüber liegen, 150 Leute könnte ich mir vorstellen. Aber auch, wenn wir letztlich weniger werden, würde ich nicht von einem Misserfolg sprechen. Denn fest steht ja, dass wir junge Leute zusammenbekommen werden, die bereit sind, aktiv für ihre Zukunft einzustehen.

Plant ihr, in Zukunft häufiger auf die Straße zu gehen?

Für uns Leverkusener steht fest, dass wir an allen internationalen Protesttagen teilnehmen wollen. Ein solcher ist auch jetzt der 15. März. Da wird es allein in Deutschland an rund 150 Orten „Fridays For Future“-Proteste geben. Im April wird es vor der Europawahl noch einmal einen internationalen Protesttag geben, der genaue Termin steht noch nicht fest. Jeden Freitag werden wir aber nicht demonstrieren gehen. Das ist auch nicht unser Ziel: Wir wollen nicht ständig auf die Straße müssen, sondern hoffen auf die Politik, dass wir möglichst schnell gehört und unsere Anliegen berücksichtigt werden.

Ein wenig provokant gefragt: Glaubst du wirklich, dass euer Protest gehört wird ihr und Veränderungen bewirken könnt?

Ich kann im Moment nicht sagen, ob wir der entscheidende Stupser für eine bessere Politik sein werden. Aber sicher ist, dass wir gehört werden. Viele Politiker haben sich bereits zu „Fridays For Future“ geäußert, einige positiv. Und das ist wichtig. So wird unser Verlangen nach einer vernünftigen Zukunft sichtbar. Wir wollen nicht, dass der halbe Erdball Wüste wird.

Zu den prominentesten Politikern, die sich negativ über „Fridays For Future“ geäußert haben, gehört Christian Lindner. Er meint, die Beschäftigung mit Klimafragen sollte Profis überlassen werden. Was möchtest du ihm entgegen?

Ich fand das eine ziemlich blöde Aussage, uns zu unterstellen, dass wir keinen Plan von der ganzen Materie hätten. Ich kann zwar nicht so gut die wirtschaftlichen Folgen einer nachhaltigeren Klimapolitik einschätzen, aber ich habe mich mit den Wirkungen auf das Ökosystem beschäftigt. Und Umweltaspekte sind mir wichtiger, als die Folgen für einzelne Unternehmen, die Gewinne nicht mehr auf Kosten der Umwelt machen können.

Was können und sollten junge Menschen für das Klima tun, außer demonstrieren zu gehen?

Ich wünsche mir, dass möglichst viele meiner Altersgenossen sich für unsere Zukunft engagieren, sie aktiv mitgestalten. Jeder kann in seinem eigenen Leben umweltbewusst agieren: Kürzere Strecken häufiger mal mit dem Fahrrad fahren oder nicht immer das günstigste Produkt aus China kaufen, sondern etwas, was nicht erst über die sieben Weltmeere geschickt werden musste. Es geht nicht darum, radikal auf alles zu verzichten, was schlecht für die Umwelt ist. Wir haben als Schüler auch nicht das Geld dazu, vollkommen umweltbewusst zu leben. Aber kleine Taten sind immer möglich.

Das sagen die Schulen in leverkusen über die Proteste während der Schulzeit

Seit einigen Monaten demonstrieren in ganz Europa Schüler unter dem Motto „Fridays For Future“ für mehr Engagement in Sachen Klimaschutz. Sogar die Kanzlerin sah sich bereits genötigt, die Kundgebungen zu kommentieren. Mittlerweile schwappen die Schülerproteste bis nach Leverkusen. Am Freitag wird ab 11.30 Uhr vor dem Rathaus demonstriert. Breitenwirksam debattiert wird derweil insbesondere, ob es Schülerinnen und Schülern gestattet werden sollte, während der Schulzeit an den Protesten teilzunehmen. Wir haben uns bei einigen Leverkusener Schulen umgehört, welche Erfahrungen sie bislang mit den Protesten gemacht haben und inwieweit sie ihren Schülerinnen und Schülern eine Teilnahme ermöglichen.

Theodor-Wuppermann-Hauptschule/ Theodor-Heuss-Realschule

Kein Thema ist „Fridays For Future“ an der Theodor-Wuppermann-Hauptschule und an der Theodor-Heuss-Realschule, wie es aus den jeweiligen Schulleitungen heißt. Bisher hat sich die dortige Schülerschaft nicht an den Demonstrationen interessiert gezeigt.

Marienschule

Auch an der Opladener Marienschule haben bislang nur einzelne Schüler um die Erlaubnis zur Teilnahme gebeten. In diesen Fällen wurde eine Beurlaubung vonseiten der Schule gewährt, berichtet Werner Voß, der stellvertretende Leiter des Gymnasiums. „Wir achten dabei darauf, dass eine Haltung dahintersteckt und niemand einfach nur Unterricht vermeiden möchte.“

Gesamtschule Schlebusch

Weitaus größer ist das Interesse hingegen an der Gesamtschule Schlebusch. Dort ermöglicht Schulleiter Bruno Bermes, dass ganze Klassen und Kurse gemeinsam an der Demonstration am 15. März vor dem Rathaus teilnehmen.

Da es sich um einen politischen Protest handelt, wird aber kein Schüler zur Teilnahme gezwungen. „Ich sehe die Demonstration als außerschulischen Lernort an. Klassen und Kurse besuchen ja auch gemeinsam Museen oder Sportstätten.

Bei der Demonstration können sie etwas darüber lernen, wie Demokratie funktioniert.“ Wichtig ist ihm die Vor- und Nachbereitung der Demonstrationsteilnahme im Unterricht. „Das erkläre ich zur Voraussetzung dafür, dass ich den gemeinsamen Unterrichtsgang bewillige. Fragen, die geklärt werden sollten, sind zum Beispiel „Wie läuft eine Demonstration ab?„ oder „Wer lädt zu den »Fridays For Future« Protesten ein?“.

Schulleiter genehmigt Teilnahme ein Mal

Derzeit planen ein Sozialwissenschaften- und ein Geschichtskurs teilzunehmen. Bermes vermutet, dass noch weitere Kurse und Klassen folgen werden, da die Schülervertretung für eine Beteiligung mobilisieren möchte. Regelmäßig werden Schüler der Gesamtschule fortan aber nicht demonstrieren. „Ich bewillige das ein Mal. Ins Museum Ludwig geht man mit der Klasse ja auch nicht jede Woche.“