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Interview

FDP-Neustart
NRW-Landeschef Höne: „Hoffe, dass Christian Lindner sich weiter einbringt“

Lesezeit 4 Minuten
FDP-Landeschef Henning Höne.

FDP-Landeschef Henning Höne.

Henning Höne ist Landeschef der NRW-FDP und Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Düsseldorfer Landtag. Im Interview erklärt er, wie er seine Partei nach der herben Schlappe bei der Bundestagswahl wieder aufbauen will.  

Herr Höne, der neue Bundestag hat sich konstituiert – ohne FDP. Was macht das mit dem größten Landesverband?

Henning Höne: Eine wichtige Stimme fehlt jetzt. Niemand wird sich für Leistungsgerechtigkeit und Eigenverantwortung einsetzen. Das ist sehr schmerzhaft.

Die FDP braucht einen Neustart. Hatten Sie kein Interesse, Nachfolger von Christian Lindner zu werden?

Mein Name wurde ebenfalls in diesem Zusammenhang genannt, aber ich habe mich frühzeitig entschieden, nicht zu kandidieren. Als Vorsitzender des größten Landesverbandes der FDP bin ich mir meiner Verantwortung bewusst. Deswegen werde ich für einen Platz im Präsidium der FDP kandidieren, das ist die Schaltzentrale der Partei. Wir haben von Anfang an kollegiale Gespräche über den Neustart geführt. Ich unterstütze Christian Dürr.

Warum?

Ich will sowohl meiner Verantwortung in NRW als auch für die Bundespartei gerecht werden. Christian Dürr erfährt viel Unterstützung in der Partei. Er ist ein guter Brückenbauer und auf dem Berliner Parkett erfahren und bekannt. Das ist ein Vorteil, den wir nutzen sollten.

Alles zum Thema Christian Lindner

Der NRW-FDP verbleibt der Düsseldorfer Landtag als öffentliche Bühne. Kann NRW zur Rettungsinsel werden?

Ja, NRW muss zu einer Rettungsinsel des Liberalismus werden, aber auch die anderen Landtage, in denen die FDP vertreten ist. Das hat von 2013 bis 2017 schon einmal gut funktioniert. Ich spüre, dass es in der Landtagsfraktion und bei allen Mitarbeitern eine „Jetzt erst recht“-Stimmung gibt. Das macht mir Mut.

Wird der Ton der Liberalen im Landtag jetzt rauer?

Nicht per se. Wir haben ja immer den Finger in die Wunde gelegt und klare Kante gezeigt – das werden wir weiterhin tun. Wir sind im Landtag die einzige demokratische Fraktion, die keine Rücksicht auf den Bund nehmen muss. Auch die Grünen regieren über das beschlossene Milliarden-Schuldenpaket für Klimaschutz jetzt in Berlin faktisch mit. Unser Alleinstellungsmerkmal nehme ich gerne an; aber Opposition ist kein Selbstzweck. Wo es sinnvoll ist, setzen wir auf eine konstruktive Zusammenarbeit.

Die FDP stellt in einigen NRW-Kommunen auch Bürgermeister

Wie beurteilen Sie die Chancen bei der Kommunalwahl – droht erneut ein unerfreulicher Wahlabend?

Jede Wahl ist anders. Die Kommunalwahl ist ein erster Zwischenschritt auf dem Weg zu einem Neustart. Die FDP hat mit mehr als 1000 Mandatsträgern eine starke kommunale Verankerung und stellt in Kommunen wie Stemwede, Kaarst, Hallenberg und Steinfurt auch Bürgermeister. Wir werden dieses Mal wieder einen Schwerpunkt auf den Haustürwahlkampf setzen. Das persönliche Gespräch ist gerade bei der Kommunalwahl nicht durch digitale Kampagnen zu ersetzen.

Am Wochenende findet der Landesparteitag in Duisburg statt. Wie schätzen Sie die Stimmung ein?

Es wird natürlich eine erste, breitere Aufarbeitung unseres Bundestagswahlergebnisses geben. Und das wird nicht die letzte Chance zu einer Analyse sein. Mir ist allerdings zugleich wichtig, dass wir jetzt auch nach vorne gucken und neue Schwerpunkte setzen. Das gehört beides zusammen.

Welche Themen wollen Sie zum Neustart setzten?

Wir legen einen Leitantrag mit dem Schwerpunkt Bildungspolitik vor. Der Bildungserfolg hängt immer noch viel zu stark vom Einkommen der Eltern ab. Diese Ungerechtigkeit muss beseitigt werden.

„Bildungserfolg hängt zu stark vom Einkommen der Eltern ab“

Das fordern andere Parteien aber schon lange…

Aber passiert ist nichts. Wir haben in unserer Regierungszeit das Modell der Talentschulen eingeführt, das eine besondere Förderung für Schulen in sozialen Brennpunkten vorsieht, wo erfolgreicher Unterricht am schwierigsten ist. Aber von Schwarz-Grün wurde das nicht bedarfsgerecht ausgebaut und es ist bei einem Flickenteppich geblieben.

Was planen Sie genau?

Wir müssen einen Fokus auf die Grundschulen richten. Dort wird das Fundament für den Bildungserfolg gelegt. Hier benötigen wir eine ganz andere Aufstellung. Ich spreche mich dafür aus, dass wir die Ganztagsbetreuung verbindlich für alle einführen. So könnten alle Kinder davon profitieren, dass sie etwa bei den Hausaufgaben unterstützt werden. Der geschlossene Ganztag wäre auch ein wichtiger Schritt, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf entscheidend nach vorne zu bringen.

„Der geschlossene Ganztag wäre ein wichtiger Schritt, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf entscheidend nach vorne zu bringen“

Hört sich so an, als würde die neue FDP wieder eher sozial-liberal ticken….

Mir geht es immer um die Suche nach vernünftigen Lösungen, nicht um die Frage einer Rechts- oder Linksausrichtung der Partei.

Christian Lindner kommt nicht zum Parteitag. Welche Rolle spielt er künftig in der NRW-FDP?

Er kann aus familiären Gründen nicht kommen. Das geht vor, da habe ich volles Verständnis. Christian bleibt natürlich ein überzeugter Liberaler. Ich hoffe, dass er seinen Rat und seine Erfahrung auch als einfaches Mitglied weiter mit einbringt. Wir haben ja unsere Handynummern und bleiben im Austausch.

Die AfD hat sich im Bundestag verdoppelt – tragen dafür auch die Liberalen Verantwortung?

Dafür tragen alle demokratischen Parteien die Verantwortung, wir auch. Die Ampel hat es nicht geschafft, die Probleme in der Migration zu lösen und wirtschaftliche Lage zu verbessern. Wir als FDP wollen die Probleme angehen, die zum Aufwuchs bei der AfD geführt haben. Man muss zwischen den Wählern und den Funktionären der Partei klar unterscheiden. Letztere sind oft Rechtsextremisten, das gilt für die Wähler ganz überwiegend nicht.

In NRW regiert die CDU mit den Grünen. Kann die FDP die Union bis zur Landtagwahl 2027 von der Umklammerung lösen?

Die FDP NRW macht sich nicht von anderen Parteien abhängig. Wir sind nur als eigenständige Kraft stark. Die geplante Neuverschuldung im Bund zeigt ja, dass die CDU nicht bereit ist, grundlegende Reformen anzugehen und sich stattdessen politische Handlungsspielräume lieber durch Kreditaufnahme erkauft. Die CDU macht freiwillig linke Wirtschaftspolitik. Dafür stehen wir nicht zur Verfügung.