Kabarett am Burscheider BadehausVon Amöben, Trumps und Suizid-Hühnern
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Burscheid – Windeln fürs Gesicht, Suizidhühner, die freiwillig in die Fritteuse springen, und die Herrschaft vom Plastik-Satan – klingt verrückt? Ist es auch. Klingt surreal? Ist es nicht. Warum und wie man darüber lachen kann, war am Samstagabend auf einer Open-Air-Bühne vor dem alten Badehaus in Burscheid zu sehen.
„Bedroht von Rechten und Beschränkten, nicht beschränkt von Corona und bedrohten Grundrechten!“ Dieses Statement führten Britta von Anklang und Andreas Breiing vom Kabarett-Duo „Die Buschtrommel“ mit spitzer Zunge, erstklassigem Schauspiel und ausdrucksstarkem Gesang aus.
Dabei bekam allen voran der US-Präsident sein Fett weg. Dessen größter Erfolg in der Pandemie bestünde in der unübertrefflichen Negativität seines Corona-Testergebnisses und der Erkenntnis, dass man auf das Virus nicht schießen kann. Von Anklangs Lösungsvorschlag: Das Zurückgreifen auf Praktiken der Urvölker, die in Pandemien schonmal gerne den Anführer umbrachten. Während die Politik in Deutschland zwar nicht aus dem „Dschungelcamp der Demokraten“ gewählt wird und damit deutlich weniger wahnsinnig sei, ließe sich über „Burscheider Amöben“ – AfD-Wähler – und „Güllejule, die nur vom Saufen Ahnung hat“, auch nicht freuen. Lachen aber schon.
Doch nicht nur die Politik wurde auf der wegen der Coronabestimmungen eigens errichteten Außenbühne zur Schnecke gemacht: Auch die männliche Spezies musste einiges einstecken. Ironisch wurden dem „deutschen Qualfleisch-Fresser, der nicht redet wenn auch schreien geht“ drei unabänderliche Eigenschaften zugeschrieben: Die Unfähigkeit, auf Kirmes oder Schützenfest Toiletten zu benutzen, die Etablierung eines fleischlosen Tags in der Woche (schließlich habe jeder Mann ein Recht auf 300 Gramm Fleisch pro Tag und darf kein Gemüse essen) und die Empörung über eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen. Doch so viel die Kabarettisten sich auch an sexistischen und altmodischen Rollenbildern bedienen, so viele Fakten über Massentierhaltung, die Verwerflichkeit des Plastikgebrauchs und die Dringlichkeit nachhaltigen Handelns lieferte das Duo auch.
Ob Amöbe oder nicht, knapp 50 Besucher lachten über die gesellschaftskritischen Witze des Künstlerduos. „Wir sind glücklich, dass heute so viele gekommen sind und wollen damit allen Beteiligten die Möglichkeit bieten, wieder mal ein wenig Geld zu verdienen,“ freute sich Veranstalterin Vera Leweke vom Burscheider Kulturverein. Die Veranstaltung war zwar nicht ausverkauft, das sei aber zu erwarten gewesen. „Viele fühlen sich noch zu unsicher,“ so Leweke.
Open-Air-Premiere
Die anwesenden Gäste wirkten jedoch alles andere als unsicher: „Nach so einer langen Zeit in den eigenen vier Wänden tut es einfach gut, noch mal unter Leute zu kommen und soziale Kontakte zu pflegen,“ sagte Renate Thews: „Und wenn man dabei auch noch genießen kann, was man in unserem kleinen Ort geboten bekommt, dann ist das super, optimal, hervorragend und fantastisch!“
„Wir haben lange überlegt, wie wir das umsetzen können,“ erklärte Bürgermeister Stefan Caplan: „Obwohl eine Outdoor-Veranstaltung deutlich mehr Planung und Geld kostet, haben wir uns dazu entschieden, das Risiko einzugehen! Und wenn man dafür mit so einem tollen Abend belohnt wird, hat sich der Mut doch schon gelohnt.“
Die Stimmung war dementsprechend bereits am Einlass vielversprechend. „Du auch-hier!“ und „Schön, dich wiederzusehen!“ war oft zu hören – und auch durch „Gesichts-Pampers“ gut zu verstehen.