Beim zweiten Leverkusener Jugendstadtrat lernten Schülerinnen und Schüler, wie Politik funktioniert und formulierten ihre Forderungen.
2. JugendstadtratLeverkusens Jugend will Wlan, mehr Busse, Schwimmkurse und gute Toiletten
Welche Themen kommen auf, wenn Jugendliche Politik machen? Auf eine Imagekampagne für den Beruf des Altenpflegers würde man vermutlich nicht als Erstes tippen. Dennoch ist genau das der erste von 24 Tagesordnungspunkten der zweiten Sitzung des Leverkusener Stadtrats: „Die Stadtverwaltung wird gebeten, eine jährliche Kampagne zum Thema Altenpfleger in Schulen durchzuführen und den Beruf attraktiver zur Schau zu stellen“, beantragt die CDU-Fraktion des Jugendgremiums.
Die beachtliche Selbsteinschätzung der Jugendlichen: „Jugendliche tendieren zu einer negativ behafteten Meinung gegenüber älteren Menschen“. Diese Vorurteile müssten abgebaut werden.
Dem widerspricht Marwin Klos: „Ich weiß aus familiärer Erfahrung, dass das unter den aktuellen Bedingungen kein guter Beruf ist.“ Überlastung, schwere körperliche Arbeit, schlechte Bezahlung – deswegen möchte der Fraktionsvorsitzende der „Unabhängigen Wählergemeinschaft“ keine Werbung für diesen Beruf machen. „Aber die Frage ist doch: Wie gestaltet man den Beruf attraktiver? Die Überlastung kommt doch durch den Fachkräftemangel, deswegen muss man mehr dafür begeistern“, entgegnet Johann Adam (CDU). Letztlich wird der Antrag abgelehnt: Auch mit dem Hinweis darauf, dass dies außerhalb des Aufgabenbereichs der Stadt liegt.
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Zum zweiten Mal haben sich 52 Jugendliche für drei Tage zusammen gesetzt, um zum einen zu lernen, wie Kommunalpolitik funktioniert und dabei gleichzeitig aktiv einzugreifen. Der Jugendstadtrat ist als Planspiel angelegt: Es wurden Parteien gebildet, die zunächst Themen innerparteilich ausgearbeitet und diese anschließend in Fachausschüssen vorgetragen und diskutiert haben.
Jugendstadtrat tagt unter Vorsitz des Oberbürgermeisters
Im ersten Jugendstadtrat gab es vier Parteien: CDU, SPD, Grüne und FDP. Damit waren die kleineren Parteien im Leverkusener Rat nicht berücksichtigt, obwohl eigentlich die echten Mehrheitsverhältnisse abgebildet werden sollen. Deswegen wurde im zweiten Jugendstadtrat die FDP in die Partei der „Unabhängigen Wählergemeinschaft“ überführt – einen Zusammenschluss aller kleineren Ratsparteien. Der krönende Abschluss war dann am Donnerstag die von Oberbürgermeister Uwe Richrath höchstpersönlich geleitete Sitzung im großen Ratssaal.
Simon Frädrich, bei der Stadt verantwortlich für den Jugendstadtrat, ist sehr zufrieden mit der zweiten Auflage: „Wir haben das Format weiterentwickelt und es hat sich gezeigt, dass es immer sinnvoll ist, die Jugendlichen selbst daran mitwirken zu lassen.“ Besonders positiv ist Frädrich aufgefallen, wie gewissenhaft sich die Jugendlichen mit den Themen auseinandersetzen: „Das ist hier kein Wolkenkuckucksheim, das hat schon Hand und Fuß.“
Aus dem Jugendstadtrat 2022 hat sich ein harter Kern von 12 Jugendlichen gebildet, die nicht nur die Anträge aus dem ersten Turnus weiter vorangetrieben, sondern auch den zweiten Jugendstadtrat mit vorbereitet haben. Viele standen außerdem als zusätzliche „Fraktionsgeschäftsführer“ während der drei Projekttage als aktive Ansprechpartner zur Verfügung.
„Das hat mir dieses Mal besser gefallen, dass es mehr Helfer gab“, sagt Frieda Doppelfeld. Die 13-jährige Schülerin des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums ist bereits zum zweiten Mal dabei, in diesem Jahr als Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Es ist toll, dass dieses Jahr ganz andere Menschen dabei sind, die auch andere Ideen haben.“
Zentrale Jugendthemen kommen in den Stadtrat
Die zentralen Themen, die die jeweiligen Fraktionsgeschäftsführer im Vorgespräch nennen, kommen dann doch eher aus der direkten Lebenswelt der Jugendlichen. Die unabhängige Wählergemeinschaft fordert die Sanierung von Schultoiletten. „Das Argument, dass die von Schülern ohnehin immer wieder beschädigt werden, ist der falsche Ansatz“, begründet Marwin Klos (16). „Wir fordern, dass auch nach 21 Uhr mehr Busse fahren“, sagt Lorind Amede (15) für die SPD.
„Jugendliche sind eher auch mal länger draußen und wenn dann nur noch wenige Busse kommen, kann das auch gefährlich sein.“ Die CDU setzt sich für kostenloses Wlan in der City und die Aufstellung von solarbetriebenen Bänken ein, die mit Handy-Ladestationen ausgestattet sind. „Das haben wir bei einem Treffen auch den großen Politikern erklärt und die waren durchaus dafür“, sagt Jan Peter Eul (14). Für mehr und günstigere Schwimmkurse setzen sich die Grünen ein. „Die Stadt soll die Schwimmkurse finanziell unterstützen, damit auch Mitglieder finanziell schwacher Familien eine Chance haben, schwimmen zu lernen“, sagt Frieda Doppelfeld.
Mit allen diesen Anträgen werden sich bald die „großen Politiker“ ganz offiziell beschäftigen: Sie wurden mehrheitlich von den Jugendlichen befürwortet und kommen damit in den Beratungsturnus des Stadtrates.