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Aktivposten und GeschichtszeuginZwischen Cockpit, Zeichenbrett und Hockeyfeld

Lesezeit 4 Minuten
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  1. Sie war Architektin, Sportlerin, Pilotin und ist heute immer noch ehrenamtlich aktiv.
  2. Ihre Bauten sind immer noch Markenzeichen im Stadtbild.
  3. Ihre ganz große Leidenschaft galt dem Flugsport.

Leverkusen – Ein Schulterzucken folgt der einfachen Erklärung. Die Mutter war Lehrerin, das wollte sie ursprünglich auch werden. Daher hatte Renate Steudel immer ein Ehrenamt, in dem sie „etwas weitergeben konnte.“ Das Didaktische und das „In-die-Hände-Spucken“, wie sie sagt, hat die 78-Jährige nie abgelegt. 2013 wurde sie mit dem Ehrenamtspreis des Fördervereins Freudenthaler Sensenhammer ausgezeichnet. „Es ist ganz wichtig, dass die Leute geleitet werden. Sonst verlieren sie die Lust“, lautet ihre Devise. Schwierig sei es heute, dass tendenziell zu viel in die Freizeit gepackt werde.

Renate Steudel ist auf dem Hockeyfoto von 1968 in der Mitte als Torfrau zu sehen. Ihren Übungsleiterschein machte sie an der Sporthochschule Wedau bei Duisburg.

Das sagt Renate Steudel: Sie gab unter anderen Kurse beim Bayer-Skiclub, bis ihre Schüler selbst für den abendlichen Hüttenzauber zu kaputt waren, spielte Hockey im RTHC, in dem sie seit 1955 Mitglied ist. Sie ist dort heute noch im Tennis aktiv, ist 35 Jahre mit Motoren- und Segelflugzeugen geflogen. Ihre Freizeit hat sie also auf dem Kurtekotten verbracht. Heute schaut sie als Schatzmeisterin des Fördervereins Freudenthaler Sensenhammer, dass der Museumsbetrieb eine Zukunft hat – und das, obwohl sie für Museen eigentlich nie etwas übrig hatte.

Eine Ur-Leverkusenerin

Renate Steudel (78) ist eine Ur-Leverkusenerin, und auch wenn sie während ihres Architekturstudiums in Berlin und München mondänere Städte kennengelernt hat, mochte sie von ihren Wurzeln nicht weg. Bereits als Praktikantin arbeitete sie im Architekturbüro von Jochen Heuser, das unter anderen das Freiherr-vom-Stein Gymnasium sowie das Leichlinger Gymnasium, Hochhäuser in Rheindorf und Chorweiler baute. Sie arbeitete mit am Entwurf für das Sportzentrum Bayer, was auch mit dem für die 70er Jahre typischen Innenausbau mit Bar, viel Holz und Skandinavien-Look verbunden war. Neun Jahre arbeitete sie bei Heuser, 1976 machte sie sich selbstständig.

Das Modell, das Bayer vom Kurtekotten anfertigte, zeigt, was geplant war: Die Hockey-Abteilung sollte sechs Außenplätze, statt der heutigen zwei Spielfelder haben. Im Bild auch die Tennis-Abteilung, ein Restaurant für den RTHC, Luftsportclub Bayer sowie der Bayer-Reiterverein. Renate Steudel wirkte mit.

Unprätentiös kommentiert sie die Wohnbauten, die sie während ihre Selbstständigkeit an unterschiedlichen Stellen in Leverkusen entwarf. In ihrem Büro an der Driescher Hecke in Schlebusch hängen Bilder von Häusern in Odenthal oder Wiesdorf an der Wand.

„Villa Protz“, nennt sie den Auftrag eines Riesenkastens mit Walmdach samt Schwimmbad, den bei ihr ein Ehepaar in Auftrag gab. Und sie freut sich noch heute an einem Projekt an der Felix-von-Roll-Straße. „Da waren nicht so enge Richtlinien und Raum für Gestaltung und Phantasie.“

Die Formsprache zum Beispiel eines Terrassenhauses, das sie mit der Leverkusener City Bau entwarf, verrät, dass ihre Generation von der Formsprache Mies van der Rohes oder Le Corbusiers geprägt worden sein dürfte. Eine Bungalowsiedlung hinter dem Herkenrath Hof zeigt, dass auch auf begrenzten Grundstücken viel Individualität und Privatsphäre durch Innenhöfe und Winkel möglich ist. „Das sind die Teppichhäuser“, sagt sie. Denn das Prinzip des Grundrisses funktioniere wie beim Teppichknüpfen.

Auf dem Foto von 1975 ist das Interieur der Clubtheke zu sehen. Architekt Heuser hat diese Elemente in seinem Büro entwerfen lassen.

Reinhold Braun, Vorsitzender des Bergischen Geschichtsvereins Abteilung Leverkusen-Niederwupper, archivierte nun die Bilder der Projekte sowie zur Vereinsgesichte des RTHC. Ihren Traum vom Fliegen – ein teures Hobby – erfüllte sich Renate Steudel unter anderem durch Baustunden im Verein, später machte sie ihren Fluglehrer. „Ich habe voll hingelangt“, sagt sie zum Fliegen.

Die Kollegen Alfred Henneböhl und Georg Wetzel hatten sie auf den Sport gebracht. „Wetzel hatte eine Cessna und nahm mich mit.“ Sie selbst hatte später auch ein eigenes Flugzeug oder teilte sich phasenweise sogar drei Maschinen mit Freunden. „Wir hatten eins aus dem Schrott aufgekauft, eins aus zwei Brüchen zusammengebaut und das dritte war heil und auch etwas teurer.“

Im Leichtflugzeug unterwegs

Es war das Leichtflugzeug JOB 15 aus den 1960er Jahren des österreichischen Schreiners Josef Oberlerchner. Das war ein Flugzeug, in dem auch Ersatzteile aus dem Auto eingebaut werden konnten. Zur Hälfte besaß Renate Steudel auch ein Segelflugzeug und schwärmt von der technischen Entwicklung in dem Bereich.

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„Die Flugzeuge mussten immer sehr glatt sein. Was haben wir da poliert!“ Unvergessen sind ihr die Flüge zum Beispiel über Gletscher in Frankreich. 2009 beendete sie das Fliegen. „Ich hatte immer sehr hohe Ansprüche an mich.“ Zum Ufo in der Stadtmitte sagt die flugbegeisterte Architektin, dass sie und viele Kollegen skeptisch waren, als es gebaut werden sollte. „Ach Gott, ja. Architektonisch haben wir da schon ein bisschen anders gedacht.“