Währen die virtuelle Bayer-Aktionärsversammlung lief, kamen nur wenige Demonstranten vor der Konzernzentrale zusammen – auch der Protest lief virtuell.
Bayer AGVirtueller Protest zur virtuellen Hauptversammlung
Im „Baykomm“ laufen wahrscheinlich die letzten Vorbereitungen zur virtuellen Hauptversammlung. Bayers Aktionärstreffen waren immer ein Anlass für Kritiker, gegen die Konzernpolitik zu demonstrieren und die Aktionäre anzusprechen. Jetzt findet der Protest lediglich online und in den Medien, im öffentlich-rechtlichen Radio, in der Zeitung und im Fernsehen statt. Virtuell also, wie auch die Hauptversammlung.
Etwa 25 Demonstranten hängen auf dem Platz vor der Konzernzentrale ihre Banner auf: „Glyphosat stoppen – Opfer entschädigen“ und „Klima-Killer stoppen“, sind die bekannten Forderungen der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“, zum Beispiel.
Zum Kommunikationszentrum „Baykomm“ ist heute kein Durchkommen, Bayer hat zum Schutz im Carl-Duisberg-Park einen Bauzaun ziehen lassen. Nähert man sich, sind sofort Wachleute zur Stelle. Das Baykomm dient als Sendestudio, es wurde offenbar mit großem Aufwand innen umgestaltet: Von dort werden die Reden von Aufsichtsrat und vom scheidenden Vorstand gestreamt. Bayer hat Hausrecht, erlaubt keinen unabhängigen Einblick. Der Konzern hat eine Anfrage des „Leverkusener Anzeiger“ für ein Foto vor Ort abgelehnt. Nicht mal einen Blick durchs Fenster erlaubt der Konzern.
Innen wird gestreamt, vor der Zentrale halten Kritiker ihre Reden. Malte Kemp spricht für Die Linke Leverkusen. Beim Thema Autobahnausbau in Leverkusen spiele Bayer eine unrühmliche Rolle, kritisiert er. Bayer und seine Nachfolgefirmen hätten von Anfang an gegen einen Tunnel gearbeitet. Vor kurzem war bekannt geworden, dass die Leverkusener Stadtgesellschaft keine Unterstützung beim Protest gegen den Autobahnausbau von Bayer und seinen Sportvereinen zu erwarten habe.
Kemp sagt, dass Bayer in dieser für Leverkusen wichtigen Sache ausschließlich profitorientiert handele: Durch den Autobahn-Ausbau im Kreuz Leverkusen-West habe Bayer seine Altlast, die Giftmüll-Deponie, an die Allgemeinheit abgegeben und aus den eigenen Büchern nehmen können.
Ein Redner der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, ein Bauer, sagt, dass Bayer Profite mit Agrochemie und Saatgut-Patenten mache: Ein tiefer Eingriff in die bäuerliche Freiheit sei das. Saatgut-Patente seien ausschließlich gut für die Agrar-Industrie, die ihre Ziele mit großem Lobbydruck durchsetze.
Der Protest findet wegen der virtuellen Hauptversammlung ausschließlich für Kameras statt: Die Übergabe eines symbolisch mit Bayerkreuz und Totenkopf angemalten Glyphosat-Kanisters an die Wachleute vor der Konzernzentrale musste eine Aktivistin mehrfach nachspielen: Erst fordert der WDR-Kameramann eine Wiederholung der Übergabe, dann der Video-Filmer der „Coordination“.
Das ist aber egal, denn kaum jemand verfolgt die Protestaktion live an der Kaiser-Wilhelm-Allee, abgesehen von Hans-Bernd Schmitz aus der Kommunikationsabteilung des Konzerns und wenigen, oft grinsenden Mitarbeitern und Wachleuten im Foyer der Konzernzentrale.
Im Gespräch kritisiert Uwe Friedrich von der „Coordination“, dass virtuell abgehaltene Versammlungen, demokratisch gesehen, ein Verlust seien. Andere Firmen hätten die Pandemieregelung schon überwunden. Anders als Bayer, sagt er, habe die BASF am Tag zuvor eine ganz normale Aktionärsversammlung mit Publikum abgehalten.