Leverkusen – „Wir haben das Hochwasser nicht verhindern können, haben aber auch nicht zur Verschärfung der Situation beigetragen.“ So fasste Georg Wulf, der Vorstand des Wupperverbands, die Rechtfertigung seiner Behörde zusammen. Mit einem Team war Wulf am Donnerstag zur Sitzung des Leverkusener Umweltausschusses aus Wuppertal angereist, um zu den Vorgängen des Starkregen- und Hochwasserereignisses vom 14. und 15. Juli Stellung zu nehmen, das weite Teile von Opladen und Schlebusch stark betroffen hat, aber auch die Orte, oberhalb an den Flussläufen wie Wuppertal, Solingen und Leichlingen sowie Odenthal.
Und Wulf machte eines klar: Was statistisch wie ein Jahrtausendhochwasser daher gekommen ist, werde keine tausend Jahre brauchen, um sich zu wiederholen.
Dass es zuvor Unwetterwarnungen gegeben habe, stellte der Wupperverbandschef gar nicht in Frage. Allerdings seien die vom Deutschen Wetterdienst ergangenen Warnungen, an denen man sich orientiert habe, von punktuellen Starkregen-Ereignissen ausgegangen.
Was dann aber kam, war ein Starkregen mit Rekord-Niederschlagsmengen, der das gesamte Einzugsgebiet der Wupper betraf: Binnen 24 Stunden fielen 100 bis 150 Liter auf den Quadratmeter, in der Spitze waren es in Wipperfürth 167 Liter. Und – wie Dr. Marlene Liebeskind, Bereichsleiterin Gewässerentwicklung beim Wupperverband, es zuspitzte: „Am Ende ist aller Regen aus dem Bergischen in Leverkusen angekommen, in der Spitze 500 Kubikmeter in der Sekunde.“
Rekordmengen an Wasser
Das sei mit keiner Talsperre aufzuhalten gewesen, das sei auf weite Flächen auch unterhalb der Talsperren niedergegangen und der Wupper zugeflossen. Unterm Strich seien an diesem Tag 100 Millionen Kubikmeter Regen über dem Bergischen gefallen – das entspreche etwa dem Gesamtinhalt der Großen Dhünntalsperre. Was Extrempegelstände zur Folge hatte, an der Wupper wie auch an der Dhünn. Und Schäden im gesamten Verbandsgebiet, auch an kleineren Bachläufen, die auf einmal zu reißenden Flüssen wurden.
830 Schadensmeldungen unmittelbar an Gewässern hat der Wupperverband abzuarbeiten, dessen Mitarbeiter seither nahezu pausenlos im Einsatz seien. 21 Fremdfirmen arbeiten zurzeit an der Beseitigung von Dhünn, Wupper und ihren Zuflüssen.
Ob der Wupperverband in dieser Notsituation richtig gehandelt hat oder ob vorher der Wasserstand der Talsperren hätte gesenkt werden müssen, wie es jetzt vielfach heißt, werden auf Bestellung der Verbandsrates und der Bezirksregierung hin nun unabhängige Gutachter der RWTH Aachen überprüfen.
Dennoch hat der Verband schon Konsequenzen aus der Katastrophe gezogen. „Wir wollen größere Puffer einbauen“, so Georg Wulf. Größere Retentionsräume auch im Sommer, genauere Messungen und Prognosen, die im Notfall Warnungen möglich machen, verbesserte Meldeketten zu den Kommunen und den Feuerwehren.
Konkret sollen Deiche an Wupper und Dhünn erhöht werden. Die TBL werden einen zusätzlichen Deich in Schlebusch bauen. Der Ophovener Weiher, dessen Wasser das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium flutete, soll 2024 umgebaut und vergrößert werden, der Wasserstand der Talsperren auch im Sommer gesenkt werden– auch zulasten der Trinkwasserversorgung.
Im Umweltausschuss wurde dieser Darstellung des Wupperverbandes viel Lob und Anerkennung zuteil. Kritik gab es allerdings weiterhin an der als einseitig empfundenen Orientierung an den Prognosen des DWD – auch andere Wetterdienste sollten berücksichtigt werden. Und ein proaktives Kommunikationssystem, das die Flussanlieger im Notfall rechtzeitig warne, solle installiert werden. Schließlich seien solche Flutkatastrophen nicht erst in tausend Jahren wieder zu befürchten.