Leverkusens Karneval in den 60ernNorbert Munnes erhob den Mottowagen zur Kunstform
- Den Kölner Künstler Norbert Munnes zog es als Karnevals-Wagenbauer nach Leverkusen.
- Bei der Polsterei von Jupp Sommer hatte er freie Bahn für seine provokanten Puppen aus Pappmaché.
- Munnes Mottowagen prägten den Leverkusener Karneval der 1960er-Jahre.
Leverkusen – Schwäbische Hexen tanzen durch Wiesdorf, ein übergroßer Wettergott Neptun aus Pappe schiebt mit dem Dreizack durch den Karnevalszug, und der Bayerlöwe reißt mit seinen Zähnen und Tatzen ein Auto, das die Pocken hat. Das war Karneval in den 1960er Jahren.
Blickt man auf die alten Fotos zum Brauchtum in der noch jungen Stadt mit dem Bayerkreuz, die Reinhold Braun für die Stadtgeschichtliche Vereinigung nun archiviert hat, begegnet einem der Ungehorsam. So wie es sich für einen Karnevalszug eben gehört. Hinter den Mottowagen steht der Kölner Künstler Norbert Munnes. Er studierte an den Kölner Werkschulen Freie Malerei bei Professor Friedrich Vordemberge.
Während seines Studiums lernte er über seine Mitstudentin Margit Sommer deren Vater, den Wiesdorfer Polsterer und Karnevals-Enthusiasten Josef (Jupp) Sommer kennen. Der hatte seiner Tochter den Auftrag gegeben, unter den Mitstudenten nach kreativen Köpfen für den Wagenbau Ausschau zu halten. Munnes macht im Hinterhof der Werkstatt vom ersten Moment an mit.
Fastelovend auf Französisch
„Es war einfach nur kalt, die Farbe ist gefroren, aber die Zeit war wunderschön“, erinnert sich die Witwe des 2001 verstorbenen Künstlers. Barbara Munnes scheint beim Blick auf die Fotos noch einmal durch die Straßen Wiesdorfs zu ziehen. Gefeiert wurde ohne Unterlass, nach dem Zoch in Partykellern, und einmal ging es sogar für drei Tage ins französische Nantes, wo unter sengender Sommersonne getanzt und gefeiert wurde.
Der Hintergrund: Regelmäßig kam eine Fußgruppe aus Nantes nach Leverkusen und wurde wegen ihrer schönen Kostüme prämiert. Munnes und andere Männer warfen sich darauf auch in hübsche, wallende Kleider, bekamen prompt ebenfalls einen Preis und die Einladung nach Nantes, der sie mit ihren Familien in die Bretagne folgten.
Bizarre Fantasiewelten aus kubikmeterweise Schaumstoff
Befreundet war Munnes mit Heinz Rumpf, dem späteren Leiter des Tiefbauamtes und Vater des Künstlers Odo Rumpf. Jede Session wurde gemeinsam gefeiert. Das Familiäre ist Barbara Munnes am Fastelovend vor allem in guter Erinnerung geblieben. Hinreißend sind die Skizzen, die der Künstler für seine Wagenbauten anfertigte. Da ist ein bunter Elefant, der später dann doch in Elefantengrau und in Lebensgröße aus Pappmaché durch die Stadt tuckerte.
„Die Traktoren waren einmal voller gefrorenem Mist. Der ist dann in der Sonne aufgetaut“, sagt Barbara Munnes. Ihr Mann, der in der Fußgruppe der Manforter Karnevalsfreunde mitlief, machte sich nichts daraus. Er war die grobe Arbeit mit Maschendraht, Gips, Dachlatten Kanthölzern und kubikmeterweise Schaumstoff gewohnt, aus denen er bizarre Fantasiewelten erschuf.
Gut acht Stunden am Tag baute er in den heißen Phasen. Im Schnitt 90 Stunden brauchte es für eine Großfigur, die am Ende nicht selten gestaucht und gequetscht werden musste, um aus dem Tor der Werkstatt auf die Straße bugsiert zu werden, wie Barbara Munnes erläutert. Nach der Freizeit, die für den Wagenbau draufging, habe damals keiner gefragt. Munnes behielt die Passion auch bei, als er als Dozent an der Düsseldorfer Kunstakademie lehrte. Den Karnevals-Mottowagen erhob er auch zur Kunstform.
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1965 zum Beispiel: Das Forum am Büchelter Hof war noch nicht in Betrieb und Bayer hatte den Stadtplanern des städtebaulichen Gutachtens für die Stadtmitte, Guther und Hillebrecht, ins Buch geschrieben, dass das städtische Kulturhaus kein eigenes Ensemble erhalten sollte. Munnes griff die Bevormundung auf und erklärte das Kölsche Original Willy Millowitsch zum Intendanten des „Büchelter Hoftheaters“.