LeverkusenBayer bietet Häuser für Geflüchtete an, die Stadt lehnt ab
Leverkusen – Der durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine ausgelöste Strom der Geflüchteten erinnert in Leverkusen in manchen Facetten an 2015. Damals gab es eine heiße Diskussion über die „Bullenklöster“, Bayers Lehrlingsheime an Titan- und Birkengartenstraße. Nicht wenige hielten sie für sehr geeignet, darin hunderte vor dem Krieg Geflüchtete unterzubringen, aber dazu kam es nicht.
Aus rechtlichen Gründen tabu
Neben technischen Problemen bemühte man als Ablehnungsgrund die Seveso-II-Richtlinie. Was tausende Lehrlinge seit den 50er-Jahren überstanden hatten, ging jetzt nicht mehr: Die aus dem Krieg Geflüchteten dürfe man nicht den Gefahren der nahen Chemieindustrie aussetzen, hieß es. Das sei aus rechtlichen Gründen tabu, erklärte damals die Baudezernentin Andrea Deppe.
Wenig später wurden die Blocks abgebrochen, bis heute ist dort eine Brache, die Grundstücke hat der Investor Gernot Paeschke gekauft, unter anderem sollen dort bald Wohnungen entstehen.
Es sind wohl dieselben Bedenken, die jetzt sieben Jahre später verhindern, dass in der sogenannten Beamtenkolonie im tiefsten Wiesdorfer Süden Wohnhäuser von Geflüchteten bezogen werden können. Denn was es dort noch gibt, ist derzeit mehr als begehrt: leere Wohnungen und Häuser.
Häuser stehen teilweise seit Jahren leer
Zum Teil stehen die Häuser schon seit Jahren komplett oder teilweise leer. Die Antwort auf eine Anfrage bei der Stadtverwaltung kommt relativ verklausuliert daher: „Da die Beamtenkolonie als Werkssiedlung planungsrechtlich festgelegt ist, kann zur Zeit noch nicht über eine weitere Nutzung entschieden werden.“
Leer stehen zum Beispiel die Häuser an der Ludwig-Girtler-Straße 11 und 4, nebenan weitere Wohnungen und auch das Erdgeschoss einer Villa an der Düsseldorfer Straße; dem Augenschein nach ist mindestens eine weitere Wohnung nicht bezogen. Bayer lehnt auf Anfrage eine inhaltliche Stellungnahme gleich ganz ab. Eine Sprecherin schreibt: „In diesen schwierigen Zeiten prüfen wir selbstverständlich, wie wir den Menschen unbürokratisch und schnell helfen können. Dazu führen wir auch Gespräche mit der Stadt Leverkusen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir über die laufenden Gespräche nichts sagen können.“
Häuser der Stadtverwaltung angeboten
Bayer könnte dabei nach Informationen des „Leverkusener Anzeiger“ gar nicht mal schlecht aussehen. Zwar lassen sie die Wohnungen zum Teil seit Jahren trotz Wohnungsnot leer stehen. Die Immobiliensparte des Konzerns soll den freien Wohnraum unlängst aber der Stadtverwaltung zur Unterbringung Geflüchteter angeboten haben. Demnach soll das Bauamt bei der ablehnenden Haltung wegen Seveso-II geblieben sein – wie schon 2015 bei den Bullenklöstern.
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Aber: Die gute Wendung der abgelehnten amtlichen Inanspruchnahme ist anscheinend noch nicht ganz verloren. Das Amt schreibt noch, man wolle bei übergeordneten Behörden anfragen, ob und welche Ausnahmeregelungen zur Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine möglich seien. Ende also offen; es müsste nur eine andere Behörde die Verantwortung übernehmen.