„Ihm war nicht bewusst, dass er jemanden entführt haben soll.“ Der Polizist, der Emre A. (Name geändert) nach der Festnahme am Burger King in Opladen auf die Wache fuhr, wunderte sich über den mutmaßlichen Geiselnehmer. „Ich war überrascht, wie nett der war.“ Und kooperativ: Sogar den Entsperrcode seines Handys habe er den Polizisten verraten. Der Leverkusener habe „die Sache verharmlost“: Er und sein Komplize hätten ihrem Opfer sogar erlaubt, seinen Standort mitzuteilen. Daraufhin erfolgte am Freitag, 13. Mai 2022, der Zugriff durch ein mobiles Einsatzkommando der Polizei.

Die hatte die Entführung „absolut ernst genommen“, berichtete am Dienstag ein weiterer Polizist im Düsseldorfer Landgericht. Dazu gab es auch allen Grund. Das beweisen die Anrufe der Entführer bei einem Freund des Opfers, die vor Gericht abgespielt wurden. Dieser Mann sollte dem Entführten aus der Patsche helfen und 150.000 Euro besorgen. Es habe „klare Anweisungen“ gegeben, so der Kommissar.

Polizisten schnitten Anrufe der Entführer mit

Er war zunächst am Mittag jenes Freitags nach Neuss gerufen worden. Dort war das Opfer in ein Auto bugsiert worden. Womöglich mit Waffengewalt. Jedenfalls hatte der Freund eine Pistole gesehen. Kaum hatten die Polizisten mit der Vernehmung des Freundes begonnen, klingelte dessen Handy. Meist waren die Entführer dran, gelegentlich auch das Opfer.

Zwischendurch hörte sich das alles sehr ernst an. Einer der Entführer fing an zu brüllen und drohte, den Mann in Bosnien verschwinden zu lassen. Und: „Ich schneide dem sein Scheiß-Ohr ab!“ Dazu kam, dass die Forderungen immer höher wurden. Zunächst ging es noch um 55.000 Euro, die das Opfer den beiden Leverkusener Entführern offenbar schuldete. Schließlich war von 150.000 Euro die Rede.

Ein sehr knappes Ultimatum

Dann war da noch das Ultimatum: „Bis 15 Uhr habt Ihr Zeit“, hieß es irgendwann. Das war gegen 13 Uhr. Bei der Polizei war man auch sicher, dass sich der Entführte kaum hätte zur Wehr setzen können. Der Mann, der inzwischen eines natürlichen Todes gestorben ist, sei „schmächtig“ gewesen, so ein Polizist. Die Männer, die ihn aus dem Neusser Büro gezerrt hätten, dagegen groß und muskulös.

„Jetzt halt die Fresse!“ Das hörte eine Frau, die gegenüber des Büros auf der Büdericher Straße in Neuss arbeitet, wo die späteren Entführer ihr Opfer abgepasst hatten. Daraufhin sei sie ans Fenster gegangen. Die 62-Jährige wurde ansonsten Zeugin eines Wortgefechts in einer fremden Sprache, womöglich Türkisch. Ihr sei die Situation am Mittag allerdings nicht besonders gefährlich vorgekommen. Sonst hätte sie ja die Polizei gerufen. Klar, ein Mann sei von zwei anderen in ein Auto mit Leverkusener Kennzeichen geleitet worden. Gewalttätig habe das aber nicht ausgesehen. Der Volvo – er gehörte dem Komplizen von Emre A. – sei „auch ganz normal weggefahren“.

Mann von Auto mitgeschleift

Prozess um Raubüberfall auf Leverkusener Kiosk

Von

Thomas Käding

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Bleibt die Frage, welchen Anteil Emre A. an der Tat hat, die auch sein Komplize keineswegs als Entführung sieht. Man habe dem Opfer bei Burger King ja sogar noch das Essen bezahlt, erinnerte sich ein Polizist an die freimütige Aussage des Mittäters. Der hat sich übrigens abgesetzt. Bleibt der jetzt 31 Jahre alte ehemalige Versicherungsmakler, der sich vor Gericht verantworten muss.