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BundestagswahlDiese außerparlamentarischen Parteien werben auch in Leverkusen um Stimmen

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann steht in einer Fußgängerzone und hält einen Pass in den Händen.

Friedrich Jeschke ist Volt-Kandidat für den Wahlkreis Leverkusen/Köln IV.

Sechs Parteien hat der Landeswahlausschuss in Nordrhein-Westfalen nicht zugelassen - darunter zum Beispiel auch die Piratenpartei.

„Ich möchte später mal sowas haben“, sagt Volt-Wahlkreiskandidat Friedrich Jeschke und zeigt einen blauen EU-Pass mit zwölf gelben Sternen. Dieser selbst hergestellte Reisepass ist zwar ungültig, steht aber sinnbildlich für das, um was es der Partei Volt und Friedrich Jeschke geht: „Wir sind eine europäische Partei und wir fordern mehr Mut zu Europa“, betont der 41-Jährige. „Europäisch“ ist in diesem Fall tatsächlich wörtlich zu nehmen: Volt Deutschland existiert nicht eigenständig, sondern ist Teil der (ersten) paneuropäischen Partei Volt, die mit über 25.000 Mitgliedern in insgesamt 31 Ländern organisiert ist.

„Europa hat aktuell keine eigene Stimme und vor allem einheitliche Stimme“, moniert Jeschke. Die Europäische Union brauche deshalb Reformen, die das gewährleisten: Einen Außen- und Handelsminister, ein legislatives Initiativrecht des EU-Parlaments oder eine gemeinsame Armee seien entsprechende Beispiele, so der gebürtige Aachener. Seine in unmittelbarer Nachbarschaft zu Belgien und der Niederlande liegende Heimatstadt sei ein passendes Stichwort dafür, wie nationale Alleingänge sowohl dem europäischen Kerngedanken von offenen Grenzen sowie der eigenen Wirtschaft schaden, erklärt Jeschke und verweist auf die seit letztem Jahr angeordneten Kontrollen an den deutschen Außengrenzen.

Grenzkontrollen bedeuten wirtschaftliche Einbußen

Laut dem niederländischen Logistikverband TLN passieren täglich etwa 100.000 Lastkraftwägen allein die deutsch-niederländische Grenze, führt Jeschke weiter aus. Da sich die Betriebskosten plus Standgeld je Lkw auf etwa 100 Euro pro Stunde belaufen, bedeute dies, dass schon ein fünfminütiger Stau täglich Kosten von rund 810.000 Euro verursacht, erklärt der im IT-Sektor arbeitende Politiker. Ein solcher wirtschaftlicher Schaden betreffe natürlich gerade industriell geprägte Wahlkreise wie Leverkusen/Köln IV. „Das Problem ist, dass die Dinge nicht ganzheitlich betrachtet werden“, resümiert Jeschke.

Dass die EU die europäischen Interessen zu wenig im Blick hat, sieht auch das Bündnis Sahra Wagenknecht so. Allerdings spricht sich BSW gegen eine „immer tiefer gehende Integration in Richtung eines europäischen Bundesstaats“ aus und ist davon überzeugt, „dass Demokratie, Wohlstand und soziale Errungenschaften besser auf nationaler Ebene geschützt werden können“. Ein armutsfester Mindestlohn sowie die Abschaffung von sachgrundlosen Befristungen und Kettenbefristungen in Beschäftigungsverhältnissen seien dafür beispielsweise konkrete Ansätze. Darüber hinaus will das BSW Migration begrenzen, das Verbrennerverbot „kippen“ und den Klimawandel „durch die Förderung von Innovation“ bekämpfen. Eine stabile europäische Sicherheitsarchitektur soll langfristig mit der Integration Russlands gelingen. Für Leverkusen tritt allerdings kein BSW-Direktkandidat an.

Freie Wähler und MLPD stellen in Leverkusen Direktkandidaten

Einen solchen haben dafür die Freien Wähler aufzubieten: Jörg Badura aus Schlebusch wurde einstimmig nominiert und sieht laut der Leverkusener Kreisvereinigung bezahlbaren Wohnraum sowie die Unterstützung älterer Generationen als zentrale Themen an. Reiner Dworschak von der vom Verfassungsschutz beobachteten MLPD ist seit 2017 Direktkandidat für den Wahlkreis Leverkusen/Köln IV. Sein Anliegen sei unter anderem der Kampf gegen die Weltkriegsgefahr sowie faschistische Parteien und Organisationen, deren Verbot er fordere, so Dworschak.

Die Tierschutzpartei hat keinen eigenen Wahlkreiskandidaten, kam aber bei der zurückliegenden Europawahl in Leverkusen immerhin auf 1,5 Prozent der Stimmen. Das Wahlprogramm ist nach der „untrennbaren Einheit“ Mensch, Tier und Natur strukturiert und legt Wert auf eine ausgeprägte Sozialpolitik sowie Naturschutz. Die Satirepartei „Die Partei“ will kontraintuitive Wege gehen und beispielsweise dem „vollkommen ruinierten“ öffentlichen Nahverkehr „ein Ende setzen“: „Ein Zug, der nicht existiert, kann nicht ausfallen oder zu spät kommen. Das bringt uns schneller ans Ziel“, heißt es im Wahlprogramm.