Laden des Glücks: Michael Kuklik und Agathe Marks lieben die Musik – und ihren Beruf, der für sie Leidenschaft ist.
Copyright: Ralf Krieger
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Leverkusen-Opladen – Man muss schon verrückt sein, in der heutigen Zeit so etwas zu machen wie Michael Kuklik und seine Lebensgefährtin Agathe Marks. Das sagen sie ja selbst: Sie verdienten quasi ihr eigenes Hartz IV. Sprich: Es reicht gerade so, um die Miete zu zahlen, sich selbst zu versorgen und, als persönlichen Luxus, ein Auto bezahlen und einen Hund halten zu können.
Das Wichtigste aber ist: Jedes Mal, wenn Michael Kuklik (43) und Agathe Marks (44) so etwas sagen und aus ihrem Leben erzählen, dann lächeln und lachen sie und haben die beste Laune überhaupt. Gute Laune ist mehr wert als jeder Benz oder Super-Urlaub oder Palast dieser Welt. Und ihre gute Laune hat zu tun mit: Musik. Vor allem auf Vinyl.
Die verkaufen die beiden nämlich in ihrem Laden an der Düsseldorfer Straße 179. Musik, die sich in den Rillen auf einer Langspielplatte oder einer Single befindet. Musik, die man noch auf die „Oldschool-“Weise, die traditionelle und kultige eben, hören kann: auf dem Plattenspieler mit kratzender Nadel und Hintergrundknacken und mit großen Plattenhüllen, die man dabei in die Hand nehmen und betrachten kann.
Alles rund um die schwarze Scheiben: Bei „Second Hand Music“ können die Vinyl-Fetischisten und -Sammler nicht nur Schallplatten kaufen – sie können sie auch in einer LP-Waschmaschine professionell reinigen lassen.
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Und genau das ist der Punkt: Das, was die beiden Leverkusener hier in dem kleinen Ladenlokal schräg gegenüber der Villa Römer tun, hat etwas mit zur Profession gemachter Leidenschaft und mit einem zu Geld gemachten Hobby zu tun. „Kann man einen schöneren Beruf haben?“, fragt Michael Kuklik entsprechend mehr rhetorisch denn ernsthaft auf eine Antwort wartend, weil er weiß: Von 100 Menschen würden 100 Menschen diese Frage mit einem „Nein!“ beantworten.
Seit der Schulzeit ist Musik ein Lebensmittel für die beiden, die in den 80ern aufwuchsen mit Depeche Mode, The Cure, Metal der alten Schule. Mit allem also, was damals relevant war für jemanden, der es auf wirklich gute Musik anlegte.
Bis heute haben sich Michael Kuklik und Agathe Marks zudem einen derart konsequenten Musik-Hunger erhalten, dass sie neue Entwicklungen, neue Künstler, neue Trends im Auge behalten. Und als sie sich nach eigene Worten irgendwann in ihren alten Pflegeberufen zu Genüge aufgerieben hatten, kam eins zum anderen: Sie eröffneten 2008 einen Second-Hand-Laden auf der Kölner Straße, verkauften neben vielen anderen Dingen – Antiquitäten, Büchern, Elektronikteilen – eben auch Schallplatten.
Einige aus der eigenen Sammlung. Andere aus Sammlungen, die ihnen Freunde, Bekannte und Unbekannte überließen, weil in irgendeiner Wohnung der Platz mal wieder zu eng geworden oder ein passionierter Sammler gestorben war.
„Die nettesten und treusten Kunden“
„Und damals haben wir festgestellt, dass von all unseren Kunden die am nettesten und treusten waren, die im Laden nach Vinylplatten suchten.“ Denn Musikfans und Schallplattenliebhaber seien fast immer Nerds, Freaks, positiv Verrückte, wandelnde Lexika, kurz: Menschen, mit denen man zwangsläufig ins Gespräch kommen muss, mit denen es niemals langweilig wird und die am freundlichsten sind. Das erfährt ja auch jeder, der nun in Michael Kukliks und Agathe Marks’ Laden kommt: Ein Schritt über die Schwelle – und es winkt eine gute Zeit zwischen Stöbern im Plattenregal und Klönen am Verkaufstresen.
Weil die Mieten in Opladen irgendwann zu teuer wurden, siedelten die beiden um in einen Mini-Geschäftsraum an der Sandstraße. Und im vergangenen Jahr eben dorthin, wo sie jetzt sind, wo nun Jimi Hendrix und Bob Marley als Riesen-Porträts vom Schaufenster grüßen und der Musik sammelnde Vinyl-Fetischist alles zwischen Rock, Pop, Punk, Blues, Metal und sonstigen Subgenres findet, was er vielleicht schon immer gesucht hat – oder von dem er bislang gar nicht wusste, dass er es sucht, bis er es hier findet und mit vor Aufregung und Jägerglück zitternden Fingern aus dem Regal zieht. Rolling Stones. Beatles. Metallica. Lynyrd Skynyrd. Yardbirds. David Bowie. Die Ärzte. Die Toten Hosen. Bad Religion. Und so weiter und so fort.
Und stetig kommt mehr Ware hinzu. Durchschnittlich drei bis fünf Anrufer melden sich täglich, um Schallplatten – und manchmal auch CDs – aus Kellern oder von Dachböden anzubieten. An diesem Tag im Juni, an dem Michael Kuklik und Agathe Marks leidenschaftlich von ihrer Leidenschaft erzählen, schleppen binnen einer Stunde gleich zwei Damen einen Wäschekorb mit LPs in den Laden.
Kein Platz für Operetten und Schlager
Die eine möchte Schallplatten ihrer Tochter – die sie aus Burscheid geschickt hat, nachdem sie neulich den Laden beim Vorbeifahren entdeckt hatte – verkaufen. Die andere hat Platten ihres Mannes dabei, die „er nicht mehr braucht“. Jeweils ein kurzer Blick genügt und das Urteil ist gesprochen: Die Dame aus Burscheid bekommt nach kurzem Handeln einen guten Preis, und das LP-Lager an der Düsseldorfer Straße wächst wieder ein Stückchen weiter.
Die andere muss leider wieder von danen ziehen, weil sie hauptsächlich Operetten, Schlager und ein paar Klassikplatten im Korb hat. „Das tut mir leid, aber die werden Sie kaum noch los heutzutage“, sagt Michael Kulik freundlich. Und lächelnd natürlich.
Und er gibt der Dame ein paar Tipps mit auf den Weg, wie sie ihre Ware vielleicht doch noch an den Mann oder die Frau bringen kann. Das ist selbstverständlich. Denn niemand soll in seinen Laden kommen und ihn unzufrieden wieder verlassen. Das ist bei Michael Kuklik und Agathe Marks eine Unmöglichkeit.
Natürlich, das geben sie zu, sei dieses Geschäft, diese Insel der Musikglückseligkeit, nur trag- und haltbar, weil sie einen Teil der gebrauchten Ware parallel auch im Internet verkaufen. Anders geht es heutzutage nicht. Entsprechend ist der Tag des Inhaber-Duos auch mit viel Computertipperei verbunden – von der Verwaltungsarbeit nebenbei mal ganz abgesehen. Und trotzdem: Kommt jemand herein, dann zählt nur das Fachsimpeln über gute und schlechte Alben. Das Abwägen, wer für welches Genre prägend war und ist. Und die Frage, welche Lieblingsplatte man sich jederzeit daheim auf dem Plattenspieler anhören würde. Auch nach Jahrzehnten noch – weil das mit der übers Vinyl kratzenden Nadel eben nie aus der Mode kommt. Genauso wie gute Plattenläden.
Der Plattenladen („Second Hand Music“) von Michael Kuklik und Agathe Marks befindet sich an der Düsseldorfer Straße 179 und ist geöffnet montags bis freitags von 12 bis 15, dienstags und donnerstags von 17 bis 20 Uhr sowie nach Absprache unter 0151/ 40 77 79 32. Das Angebot im Laden umfasst derzeit gut 2000 Tonträger. Im Internet-Shop der beiden (auf der Plattform „Ebay“ unter „Buyneedfulthings“) bieten sie gut 6000 Artikel, vor allem Schallplatten, an.