Für Karl Lauterbach steht ein Teil seines politischen Erbes auf dem Spiel.
KoalitionsbruchSo reagiert Leverkusens politische Klasse auf das Ampel-Aus
Das Aus der Ampel und der Verlust der Mehrheit könnte für Karl Lauterbach tragische Folgen haben: Die Krankenhaus-Reform steht mehr denn je auf der Kippe. Sie ist zwar vom Bundestag beschlossen, stößt aber im Bundesrat auf erheblichen Widerstand. Und die CDU hat schon signalisiert, dass sie in der Gesundheitspolitik nicht mit SPD und Grünen zusammenarbeiten will. Stand jetzt gehören Lauterbachs Gesetzesinitiativen auch für den Bundeskanzler nicht zu den Dingen, die unbedingt noch erledigt werden sollen, bevor Olaf Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage stellt.
Aber der Gesundheitsminister aus dem Wahlkreis Leverkusen / Köln kämpft: „Die Krankenhausreform, sie wird und sie muss kommen“, so der SPD-Politiker beim Deutschen Pflegetag in Berlin. Für Lauterbach sind auch die Gesetzespläne für die Pflege, etwa zu mehr Kompetenzen für dringend benötigte Pflegekräfte, essenziell. Aber darum steht es noch schlechter. Dennoch zeigt sich der Sozialdemokrat „optimistisch, dass wir an dieser wichtigen gemeinsamen Baustelle weiterkommen werden“. Auch ohne Mehrheit im Bundestag.
Schützenhilfe bekommt Lauterbach am Donnerstag von der Präsidentin des Deutschen Pflegerates, Christine Vogler. Das Pflegekompetenzgesetz müsse noch vor der nächsten Bundestagswahl auf den Weg gebracht werden. Stand jetzt sei der Koalitionsbruch „für die Pflege eine Katastrophe“.
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Für Nyke Slawik, die im Wahlkreis Leverkusen-Köln IV für die Grünen 2021 in den Bundestag eingezogen ist, kam die Nachricht über das Ende der Ampel zwar überraschend, aber nicht ohne Ansage. In der Situation nach der „für alle hier schockierenden Tatsache des Wahlsiegs von Donald Trump“, habe sie eine Ahnung gehabt, denn es habe Nachrichten aus FDP-Kreisen gegeben, dass es diese Woche mit der Regierung vorbei sei. Lindner habe die Öffentlichkeit definitiv angelogen, als er am Abend den Journalisten gesagt habe, dass es Scholz gewesen sei, der der Koalition ein Ende gesetzt habe. Den Bruch habe er geplant. Und jetzt? „Dass wir den Haushalt vorher nicht verabschiedet haben, ist, mit Verlaub, eine beschissene Lage für das Land.“ Slawik und ihre Partei seien auch deshalb daran interessiert gewesen, die Koalition fortzuführen.
„Es war richtig, dass wir vor drei Jahren in die Regierung gegangen sind, denn wir haben viel erreicht“, sagt Slawik, unter anderem für eine klimaneutrale Zukunft brauche man die Grünen. Für Leverkusen und seine Autobahnthemen werde es nach dem Bruch der Koalition jetzt sicher nicht einfacher, sagt Slawik.
Slawik will wieder antreten
Slawik erklärt auf Anfrage, dass sie bei den kommenden Neuwahlen sehr gerne wieder im Wahlkreis antreten würde, „ich habe das als großes Privileg empfunden, im Bundestag mitarbeiten zu können.“ Im Wahlkreis 101 haben die Grünen 2021 19,2 Prozent geholt, bundesweit 14,8 Prozent.
Serap Güler, die Bundesvorstandsmitglied der CDU ist und noch für die Leverkusener CDU im Bundestag sitzt, verbreitet auf ihrem „x“-Account ihre Ansicht: Selten sei ein Abgang einer Regierung so stil- und würdelos gewesen. Deutschland brauche jetzt keine Experimente, verwendet sie ein Zitat Konrad Adenauers. Man brauche eine starke, erfahrene Regierung, damit meint sie die CDU.
Gülers Leverkusener Parteifreund, der CDU-Vorsitzende und Landtagsabgeordnete Rüdiger Scholz, zeigt sich etwas gelassener. Zwar fordert auch er „so schnell wie möglich Neuwahlen“. Aber mit dem Plan des Bundeskanzlers, die Vertrauensfrage erst Mitte Januar zu stellen, hat er kein Problem: „Das Heft des Handelns hat Olaf Scholz in der Hand“, sagt er dem „Leverkusener Anzeiger“.
Zur Frage, ob die CDU-Bundestagsfraktion letzten ursprünglichen Ampel-Gesetzen noch zu einer Mehrheit verhelfen könnte, äußert sich der Rheindorfer zurückhaltend: „Vielfach hakt es im Detail.“ Eins zu eins könnte sicher kaum eine Gesetzesinitiative mit CDU-Stimmen durch den Bundestag kommen. Andererseits zeige die Vergangenheit: „Wir haben ja nicht alle Gesetze abgelehnt.“
Seinen CDU-Kreisverband sieht Rüdiger Scholz auch auf eine vorgezogene Bundestagswahl gut vorbereitet. Im ursprünglichen Zeitplan wären Bundestags- und Kommunalwahl zusammengefallen, was den Aufwand verringert hätte – nicht finanziell, aber organisatorisch.
Richrath sieht die „Sollbruchstelle“
Oberbürgermeister Uwe Richrath zeigt sich nach der Entwicklung der vergangenen Tage nur noch wenig überrascht vom Aus der Ampel. Die Koalition sei „an ihrer Sollbruchstelle“ gescheitert: der Schuldenbremse. Der Sozialdemokrat hält sie natürlich für falsch angesichts der enormen Herausforderungen, die Deutschland zu bewältigen habe. „Wir müssen Geld ins System bringen“, betont Richrath.
Es sei zwar nötig, schnell klare Verhältnisse zu schaffen. Aber die schwierige Situation sei auch Gelegenheit, alte politische Muster zu verlassen und auch eine Minderheitsregierung handlungsfähig zu machen. „Wir dürfen jetzt nicht mehr Partei-Partei machen.“ Wenn politische Konkurrenten sachbezogene Kompromisse fänden, „wäre das ein gutes Zeichen für das ganze Land“, so Richrath. Als Oberbürgermeister ohne feste eigene Mehrheit ist das für den Sozialdemokraten seit dem ersten Tag der Amtsübernahme tägliches politisches Geschäft.
Leverkusens SPD gibt sich kämpferisch
Die Leverkusener SPD gibt sich am Tag nach dem Ampel-Aus kämpferisch: „Die stagnierenden Löhne, unzuverlässige Bahnverbindungen und die hohe Steuerlast für die arbeitende Mitte sind Probleme, die Mut und Investitionen erfordern. Die Entscheidung des Kanzlers, Christian Lindner zu entlassen, war daher richtig und längst überfällig. Jetzt bietet sich die Chance für echten Fortschritt“, sagt Darius Ganjani, Vorsitzender des Unterbezirks.
Olaf Scholz habe „eine überfällige Richtungsentscheidung für unser Land getroffen“ und dem „gesamten Land aus der Seele gesprochen“, ergänzt die Fraktionsvorsitzende, Milanie Kreutz: „Wir sind fest entschlossen, das verlorene Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger hier in Leverkusen wieder aufzubauen.“
Insofern seien die vorgezogenen Neuwahlen „keine schlechte Nachricht“, so Ganjani. Sein Stellvertreter Paul-Leander Schmidt schlägt den Bogen zum designierten Kandidaten: Das Votum für Karl Lauterbach sei „klarer denn je“. Er stehe für „soziale Gerechtigkeit, Gesundheitsreformen und pragmatisches Regierungshandeln. Er wird auch weiterhin für die Interessen der Menschen hier vor Ort einstehen“.