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Leverkusener AutobahnenLaut neuer Studie ist der geplante Ausbau überdimensioniert

Lesezeit 4 Minuten
Blick in Richtung Stelze (Hochstraße A) mit dem Überflieger, der abgebrochen wird. Foto: Ralf Krieger

Die Autobahn ist jetzt schon breit, sie könnte breiter werden als die Landebahn am Frankfurter Flughafen. Eine neue Studie sagt, das sei überdimensioniert.

Eine neue Studie sagt unter neuen Voraussetzungen einen sehr viel geringeren Verkehrszuwachs voraus und stellt den Autobahnausbau infrage.

Den Einwand, dass die Ausbaupläne für die Autobahnen 1 und 3 auf dem Leverkusener Stadtgebiet überdimensioniert sein könnten, gibt es seit deren Veröffentlichung. Jetzt stützt eine neue Studie der Schweizer Prognos AG diese Zweifel an den Vorhersagen des Bundesverkehrsministeriums. Die macht ganz andere Prognosen bezüglich der zu erwartenden Verkehrsmengen. Die im Auftrag von Greenpeace erstellte Studie hat sich die Ministeriums-Prognose vorgenommen und neu bewertet. Nimmt man sie ernst, steht der Bundesverkehrswegeplan infrage, der für die Autobahnausbau-Pläne auch in Leverkusen zugrunde gelegt wurde.

Derzeit wird von offizieller Seite nicht am Ausbau der Autobahnen 1 und 3 in der Stadt Leverkusen gerüttelt, die Autobahnen sollen so verbreitert werden, wie man das vor 2016 berechnet und prognostiziert hat. Der Ausbau würde extrem: Die Autobahn würde an manchen Stellen auf bis zu fast 80 Meter Breite ausgebaut, das ist mehr als die große Landebahn am Frankfurter Flughafen.

Das Leverkusener Bündnis „Keinen Meter mehr!“ fordert seit langem die Überprüfung dieser mittlerweile fast zehn Jahre alten Prognose. Legt man nun die neue Prognos-Studie zugrunde, müssten die Leverkusener Autobahnen nicht ausgebaut werden: Im Szenario der Schweizer Experten sinkt die Verkehrsleistung bis 2040 um 6,6 Prozent und bis 2050 um 7,5 Prozent. Die Verkehrsleistung ist die Summe aller Fahrten auf den Autobahnen. Die Prognose des Verkehrsministeriums in Berlin erwartete dagegen, dass die Verkehrsleistung dagegen bis 2041 um 6,8 Prozent steigen sollte.

Insgesamt sollen laut Prognos Verkehrszahlen des motorisierten Individualverkehrs (MIV) sinken. Wie kommen die Wissenschaftler dazu, einen Rückgang vorherzusagen, wo doch die Auto-Zulassungszahlen in den vergangenen Jahren immer nur eine Richtung kannten: Sie stiegen?

Greenpeace: Ministerium hat Klimawandel nicht genügend eingerechnet

Laut der neuen Studie habe man damals im Ministerium ungenügend eingerechnet, dass sich durch den Klimawandel im Verkehr einiges ändern wird. Schon jetzt sei spürbar, dass die Mobilitätskosten insgesamt stiegen, auf Strom und Kraftstoffe werde der CO₂-Preis aufgeschlagen, das soll sich auch auf den Güterverkehr auswirken. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Trend Homeoffice und Videokonferenzen statt Geschäftsreisen und der – wenn auch langsame – Ausbau des ÖPNV Auswirkungen haben werde. Besonders, wenn der auf dem Land geschieht.

Eine weitere Verminderung der Zahl der Fahrten des motorisierten Individualverkehrs sieht die Prognos-Studie durch zunehmende Tempobegrenzungen auf Autobahnen. Diese würden Autofahrer zum Umstieg in die Bahn animieren. Den gleichen Effekt hätte eine mögliche Straßenbenutzungsgebühr, deren Einführung die Schweizer annehmen. Auch das 49-Euro-Ticket leiste einen großen Beitrag für den Umstieg von der Straße auf die Schiene.

Für Leverkusen und das ganze Rheinland etwa spüren Bahnfahrer jetzt schon durch den RRX-Ausbau, dass sich im Angebot verändert und noch entscheidend verbessern könnte. Vorausgesetzt, dass die Züge zuverlässig fahren, können sie einen Teil der auf den Autobahnen stattfindenden Autofahrten verhindern. Prognos hat zudem auch die Folgen der alternden Gesellschaft eingerechnet: Mit zunehmendem Alter sinkt die Nutzung des eigenen Autos.

Greenpeace schreibt, die Studie zeige, dass die teuren Straßenpläne des Ministeriums nicht nur klimaschädlich, sondern auch unnötig seien. Statt den offensichtlichen Sanierungsstau vorhandener Brücken und Fernstraßen zu beheben und sie auf einem guten Niveau zu erhalten, plane der Verkehrsminister etwa 3000 Kilometer neue Bundesstraßen und gut 850 Kilometer zusätzliche Autobahnen. Eine verfehlte Infrastrukturpolitik setze nicht nur Fehlanreize in der Verkehrspolitik, sie verschlinge auch finanzielle Ressourcen, die an anderer Stelle, zum Beispiel bei der Bahn, dringend gebraucht würden.

Fazit: Die durch Prognos berechneten Eckwerte stellten den Umfang der aktuell vorgesehenen Straßenverkehrsprojekte massiv infrage, schreibt Greenpeace. Worte, die in Leverkusener Ohren gut klingen; entscheidend aber werden neue Vorhersagenzum Verkehrsvolumen sein, die auch das Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegeben hat. Das Ministerium ist gesetzlich verpflichtet, Bedarfspläne zu überprüfen. Diese Ergebnisse will man im Sommer 2024 veröffentlichen. Auswirkungen auf Einzelprojekte seien nicht ausgeschlossen. Hoffnung darf Leverkusen also noch haben, dass der Autobahnausbau in Landebahngröße noch verhindert werden kann.