Leverkusener Senioren„Bevor ich meinen Führerschein abgebe, müsste etwas passieren“
Leverkusen – Führerschein abgeben und dafür ein ÖPNV-Ticket erhalten? Diese Idee einer Bürgerin hat die SPD aufgegriffen, die Leverkusener Politik wird nach der Sommerpause einen Vorschlag erarbeiten. War in der ursprünglichen Anfrage von Altersgrenzen keine Rede, konkretisierte Stadtsprecherin Britta Meyer, dass sich die Idee auf ältere Mitbürger und Mitbürgerinnen beziehe. Wie finden die Leverkusener Seniorinnen und Senioren einen solchen Vorschlag? Würden sie ihren „Lappen“ abgeben? Für ein Stimmungsbild haben wir uns in der Opladener Fußgängerzone umgehört.
„Ich würde das ehrlich gesagt aus Gründen der Bequemlichkeit nicht machen. Um zu Bus und Bahn zu gelangen, müsste ich ein ganzes Stück laufen. Das wäre schon ein weiter Weg“, sagt eine 79-Jährige. „Außerdem ist ein Auto auch ein Stück Sicherheit, wenn man abends im Dunkeln unterwegs ist. Da fühle ich mich einfach besser aufgehoben.“
9-Euro-Ticket als kleine Kostprobe
Ein 75-Jähriger erklärt: „Eigentlich nutze ich keine öffentlichen Verkehrsmittel, da sie mir zu teuer sind.“ Mit dem Auto spare er sogar Geld, behauptet er. „Doch mit dem 9-Euro-Ticket fahre ich momentan ab und zu und könnte mir deshalb vorstellen, das Angebot anzunehmen, obwohl ich meinen Führerschein gerne als Andenken behalten würde“, sagt er und lacht.
Auch ein Pärchen, beide 81 Jahre alt, berichtet, dass es derzeit öfter mit dem 9-Euro-Ticket fahre und sich vorstellen könnte, den Führerschein gegen ein kostenloses ÖPNV-Ticket einzulösen. „Wenn wir mal konditionelle Schwierigkeiten haben werden, scheint mir das ÖPNV-Ticket eine gute Alternative zu sein“, sagt der Mann. „Man sollte frühzeitig merken, dass man unaufmerksam wird und Autofahren nicht mehr sicher für einen selbst und andere ist“, ergänzt seine Frau.
Eine weitere Leverkusenerin sagt, dass sie durch ihren Behindertenausweis das Glück habe, jetzt schon kostenlos mit Bus und Bahn fahren zu dürfen. „Sicherlich wäre es eine gute Möglichkeit für andere ältere Menschen, die auch nur leichte Beschwerden haben, kostenlos auf Bus und Bahn umzusteigen zu können.“
„Bevor ich meinen Führerschein abgebe, müsste schon etwas passieren“
Gisela Schumann hat zu dem Thema eine ganz klare Meinung. „Bevor ich meinen Führerschein abgebe, müsste schon etwas passieren.“ Seit knapp vier Jahren ist die 68-Jährige Vorsitzende der Senioren-Union in der CDU. Sie findet die Idee, mehr mit dem Bus zu fahren, prinzipiell gut, doch „die Verbindungen sind zum Teil eine Katastrophe“.
Ein Besuch kürzlich in Köln habe bei ihr mit einem verspäteten Bus angefangen, auch auf die Bahn habe sie in Manfort eine Viertelstunde warten müssen. Viel schlimmer sei noch der Rückweg gewesen, letztens habe sie auch bei 30 Grad in der Sonne gesessen und auf den Bus gewartet. Es müssten also die Haltestellen erstmal besser bestückt werden: Mit Sitzgelegenheiten und Dächern.
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Gisela Schumann weist aber auch auf den Gesundheitsaspekt hin: Das Ein- und Aussteigen sei für Senioren nicht immer einfach. Teils könnten Leute auch nicht lange zu Fuß unterwegs sein, wegen Knieproblemen oder Herzerkrankungen. Aber Auto fahren könnten dann einige noch. „Man muss sich doch auch versorgen können“, spricht Schumann das Thema der Unabhängigkeit an. Diese Leute lägen der Gesellschaft nicht auf den Nerven. Sonst sei man abhängig zum Beispiel von den eigenen Kindern.
Kulturelle Prägung
Aber auch kulturelle Prägungen spielen eine Rolle. Die 68-Jährige schaut zurück: „Ich bin mit dem Auto groß geworden, das war ein Fortschritt. Auto bedeutete Freiheit und Mobilität“, erinnert sich Schumann. Das sei alles ihre „ganz persönliche Meinung“, betont sie, sie schätzt aber, dass viele Seniorinnen und Senioren ähnlich denken.
Mehr Unfälle mit Senioren?
Nicht unwichtig in der Debatte ist auch die Frage nach der Verkehrssicherheit. Verursachen Seniorinnen und Senioren mehr Unfälle im Straßenverkehr, wäre es unter Sicherheitsaspekten sinnvoll, wenn sie weniger Auto fahren? Ein Anruf bei der Polizei in Köln, die auch für das Leverkusener Stadtgebiet zuständig ist, zeigt: Im laufenden Jahr gab es insgesamt 67 Unfälle, bei denen mindestens eine Person über 65 Jahren beteiligt war und mindestens eine Person verletzt wurde.
Egal, ob es ein Rad-, Auto- oder Fußgängerunfall war: Bei mehr als der Hälfte (40) war der Unfall verursacht von einem Senior oder einer Seniorin (65+). Die Unfälle mit Seniorenbeteiligung haben sich im Vergleich zum vergangenen Jahr deutlich erhöht, fast verdoppelt. Allerdings könne das natürlich auch ein Pandemie-Effekt sein, dass die Menschen dieses Jahr wieder mobiler sind, mutmaßt Polizeisprecherin Anja Luxem.