Der Stadtrat soll kommende Woche dieser besonderen Städtepartnerschaft zustimmen.
Neue PartnerstadtLeverkusen will Solidarität mit dem ukrainischen Nikopol zeigen
Die Stadt Leverkusen will ein internationales politisches Zeichen setzen und in ihrer nächsten Ratssitzung am 30. März kurzfristig eine Solidaritätspartnerschaft mit der ukrainischen Stadt Nikopol eingehen. Dazu sollen die Oberbürgermeister von Nikopol, Oleksandr Saiuk, und Leverkusen, Uwe Richrath, in einer Zoom-Schaltung während der Sitzung in einen kurzen, gedolmetschten Dialog treten und anschließend eine gemeinsam schon ausgearbeitete Absichtserklärung unterzeichnen.
Den Auftrag zur Anbahnung einer Partnerschaft mit einer Stadt in der Ukraine hatte der Rat im vorigen Juni auf Antrag der Grünen bei nur einer Gegenstimme von ganz rechts beschlossen. Seither war eine Auswahl aus fünf vorgeschlagenen Städten untersucht worden. Ausgeschieden sind bei dieser Prüfung die Städte Odessa (als Millionenstadt zu groß für Leverkusen und schon mit Regensburg verpartnert), Tysmenyzja (mit 28.500 Einwohnern zu klein), Ternopil (schon mit Iserlohn verpartnert) und Tschernihiw (partnerschaftlich mit Memmingen verbunden).
Leverkusen hat eine von Größenordnung, Infrastruktur und Interessen passende Stadt gesucht, die noch nicht in Deutschland verpartnert ist, und folgt nun dem Vorschlag der ukrainischen Generalkonsulin Iryna Shum, die Nikopol vorgeschlagen hat. Die Hafenstadt im Süden der Ukraine liegt in der Region Dnipropetrowsk, die gerade vor einem Monat eine Regionalpartnerschaft mit dem Land Nordrhein-Westfalen eingegangen ist.
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Erstes Kennenlerngespräch
Am 2. März hat inzwischen ein Kennenlerngespräch der beiden Oberbürgermeister und ihrer Teams über den Internet-Dialogkanal Zoom stattgefunden. Seit dem 24. Februar 2022 steht Nikopol, das nur fünf Kilometer weit vom russisch besetzten Atomkraft Saporischschja entfernt liegt, unter russischem Beschuss. Nach offiziellen Angaben wurden bis Ende August vergangenen Jahres 21 Menschen getötet und 45 verletzt, elf Gebäude vollständig zerstört und 469 beschädigt. Inzwischen soll rund die Hälfte der Einwohnerschaft aus der Stadt geflohen sein.
Derzeit benötige Nikopol ganz dringend Fahrzeuge, um den Schutt abtransportieren zu können, sowie Kräne und Müllfahrzeuge, erläuterte Oberbürgermeister Saiuk seinen Leverkusener Gesprächspartnern. Die von den Angriffen beschädigten Häuser werden momentan notdürftig ausgebessert, größere Reparaturen und Baumaßnahmen sind erst in ruhigeren Zeiten wieder möglich. Auch braucht die Stadt rasch ein automatisiertes öffentliches Warnsystem, um die Bevölkerung bei drohenden Notsituationen am Ort direkter warnen zu können.
Grundsätzlich besteht vonseiten der Stadt Nikopol ein Interesse an einer Zusammenarbeit in den Bereichen Stadtplanung, Infrastruktur, Gesundheitswesen und Umweltschutz, Wirtschaft, Bildung, Sport und Kultur. Darüber hinaus werden Investoren für den Bau einer Abfallverwertungsanlage und die Modernisierung der städtischen Wasser- und Abwasserversorgung gesucht.
Mit der jetzt angestrebten Solidaritätspartnerschaft und der Absichtserklärung, die auf gemeinsame Werte, die Abwehr eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges als einen Angriff auf Freiheit, Frieden und Selbstbestimmung sowie eine angestrebte Integration der Ukraine in die Europäische Union Bezug nimmt, soll ein erster Schritt getan werden. Eine formale Städtepartnerschaft soll in einem zweiten Schritt folgen.
Schon jetzt aber sollen Kommunalverwaltungen, Wirtschafts- und Unternehmensverbände, Kultur- und Bildungseinrichtungen, religiöse Organisationen, Vereine und zivilgesellschaftliche Akteure mobilisiert und in die ortsbezogene deutsch-ukrainische Kooperation einbezogen werden. Dies soll auch der Stadtrat von Nikopol bekräftigen, der ebenfalls am Donnerstag tagt.
Stadt mit langer Geschichte
Die Stadt Nikopol zählt knapp 105.000 Einwohner; etwa die Hälfte soll derzeit geflohen sein. Die Hafenstadt liegt am Kachowkaer Stausee des Dnepr und ist stark industriell geprägt. Ursprünglich eine kosakische Siedlung, hat Nikopol seit 1782 Stadtrechte. Seit dem 19. Jahrhundert ist sie ein Zentrum der Manganförderung.
Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg wurde Nikopol von der deutschen Wehrmacht besetzt, nachdem die abziehende Rote Armee die Manganhütten bei ihrem Rückzug zerstört hatte. Dennoch wurde die Manganförderung schnell wieder hochgefahren und deckte in den Kriegsjahren 1942/43 den größten Teil des Manganbedarfs der deutschen Rüstungsindustrie ab. Entsprechend heftig wurde das Terrain von der Wehrmacht gegen die unabwendbare Rückeroberung durch die Rote Armee bis Anfang 1944 verteidigt.
Nikopol ist heute geprägt von den Industriezweigen Metallurgie, Stahlrohrindustrie und Metallverarbeitung und beherbergt unter anderem den ukrainischen Marktführer in der Herstellung von nahtlosen Rohren.