Prozess gegen Clan-Chef Michael G.Das Opfer ist immer noch am Boden zerstört
- Im Prozess gegen Michael G. kommen die Opfer zu Wort.
- Das Ehepaar erklärt, wie sich der Clan-Chef sein Vertrauen erschlichen hat.
- Die Ehefrau zeigt sich bis ins Mark getroffen von dem fast millionenschweren Betrug.
Leverkusen – Als Richter Hartmut Helmes sie fragt, wie sie den gigantischen Betrug verkraftet hat, wird die Stimmen von Gertrud L. (Name geändert) brüchig. „Ich war wie wahnsinnig“, sagt die 68-Jährige im Kölner Landgericht. „Ich bin abgemagert, nächtelang durch die Straßen gelaufen, habe Tabletten genommen, weil ich nicht mehr schlafen konnte. Irgendwann bin ich in der geschlossenen Psychiatrie aufgewacht. Und wusste nicht, wie ich da überhaupt hingekommen bin.“
Ihr Leben habe sich „komplett verändert. Ich fühle mich zu Hause nicht mehr wohl“, berichtet die Frau aus Frechen weiter. Ende 2016 waren sie und ihr Mann an den Leverkusener Clan-Chef Michael G. geraten. Ein Jahr später waren sie um 944.000 Euro ärmer, steht in der Anklage. Nach und nach hat danach Michael G. dem nicht unvermögenden Paar immer mehr Geld abgenommen. Mit abenteuerlichen Begründungen.
Die Ehefrau war bis zum Schluss ahnungslos
Gertrud L. hatte von dem immensen Geldabfluss zwischen Januar und Ende Oktober 2017 erst erfahren, nachdem die Polizei mit dem Ehepaar gesprochen hatte. Im Kölner Polizeipräsidium war eine große Ermittlungskommission seit langem mit den Machenschaften des Clan-Chefs aus Leverkusen und seiner Helfer befasst. Auch die Telefone der Familie wurden überwacht.
Als die Polizei einschritt, war es für André und Gertrud L. aber schon zu spät. Michael G. hatte längst ihr Vertrauen gewonnen.
Am Anfang stand ein Hausverkauf
An den heute 42-Jährigen war das Frechener Ehepaar im Zuge eines Immobiliengeschäfts geraten. Ein Makler hatte sie mit Michael G. und einem seiner Helfer zusammengebracht. Dieser wurde vom Clan-Chef als Cousin vorgestellt – auch das war eine Lüge.
Tatsächlich unterschrieb dann auch nicht Michael G. den Kaufvertrag über die beiden Häuser der Familie L. an der Hauptstraße in Frechen, sondern der Helfer. Über den Kaufpreis wurde noch ein bisschen verhandelt, aber schließlich flossen 1,39 Millionen Euro.
Die erfundene Familie Goldmann
Das war es dann aber auch so ziemlich: Danach floss vor allem Geld in die andere Richtung, zu Michael G. Der hatte sich als Spross einer ursprünglich deutsch-, jetzt amerikanisch-jüdischen Familie namens Goldmann vorgestellt. Sein Vater betreibe in den USA lukrative Geschäfte, er selbst sei für Europa zuständig, so die Behauptung des Clan-Chefs.
Dollars da, aber keine Euro
Das Verhältnis zu seinem Vater habe er immer wieder als schwierig beschrieben, sagte André L. – und das habe als Begründung dafür hergehalten, dass Michael G. angeblich immer wieder finanziell in der Klemme war: An ein großes Dollarvermögen komme er nicht heran, er brauche aber Euro, um seine rund 400 Beschäftigten in Deutschland zu bezahlen. Dass André L. und der Clan-Chef überhaupt so eng wurden, habe an Michael G. gelegen, sagt das Opfer am Dienstag. Immer wieder habe der 30 Jahre Jüngere gemeldet, sich auch nach seinem nicht so guten Gesundheitszustand erkundigt.
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Irgendwann sei das Vertrauensverhältnis so stark gewesen, dass er zu seine Frau gesagt habe: „Wenn wir so einen Sohn gehabt hätten, das wäre schon was.“ Gertrud L. sagt vor Gericht auf die routinemäßige Frage, ob sie mit einem der Angeklagten verwandt oder verschwägert sei, hingegen diesen Satz: „Gott sei Dank nicht.“