AboAbonnieren

Kaum Personal, abgesagte FeiernDie große Lockdown-Angst der Leverkusener Gastronomie

Lesezeit 5 Minuten
LE_Haus-am-Park

Betreiberin Mirel Keča vom „Haus am Park“ hat einen kleinen Weihnachtsmarkt aufgebaut, dort gibt es Leckereien zum Selberessen oder Verschenken.

Leverkusen – In normalen Zeiten hätte man Anfang Dezember schon gar keine Reservierung mehr für seine Firmen-Weihnachtsfeier bekommen. Doch auch im Jahr zwei nach Corona ist nichts normal – und die Reservierungsbücher leer, auch ohne Lockdown. „Alle Veranstaltungen sind abgesagt, besonders Firmenfeiern“, bestätigt Mirel Keča vom „Haus am Park“ in der Bismarckstraße. „Das tut unglaublich weh.“ Dabei habe sie eigentlich gedacht, dass sie die Corona-Einbußen in der lukrativen Weihnachtszeit aufholen könnten. Einbußen von 50 Prozent, wie sie betont.

Die aktuelle Situation macht es Keča und ihrem Team sehr schwer zu planen. An Weihnachten ist ihr Restaurant ausgebucht, doch was passiert, wenn es Absagen gibt? Dann bliebe sie auf all den Einkäufen sitzen, ist ihre große Sorge. Daher steht bei ihr die finale Bestellung für Weihnachten noch aus.

36 Prozent weniger Beschäftigte

Die Absagewelle gepaart mit der Unsicherheit spüren auch viele andere Restaurants. Auch im italienischen Restaurant „La Vecchia Osteria“ in Lützenkirchen werden viele Weihnachtsfeiern abgesagt, gerade die großen.

„Die vierte Corona-Welle schlägt voll durch“, erklärt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Dazu komme die Corona-Variante Omikron. „Das sorgt für weniger Weihnachtsfeiern und weniger Gäste in Restaurants. Und das bedeutet mehr Kurzarbeit“, sagt Manja Wiesner von der NGG. Kaum eine andere Branche bekomme die „Wucht der Welle“ wirtschaftlich so zu spüren wie das Hotel- und Gaststättengewerbe. In dem in Leverkusen knapp 2.750 Menschen arbeiteten, so Wiesner.

Die Geschäftsführerin der NGG-Region Köln rechnet aber nicht mit einem gravierenden Arbeitsplatzabbau. Ihr gehe es vor allem um das „Durchhaltevermögen von Köchen, Kellnerinnen & Co.“, erläutert sie: „Das Geschäft wird nach der Welle weitergehen. Aber die Durststrecke bis dahin ist das Problem. Wer in Kurzarbeit geschickt wird und mit 60 Prozent seines Lohnes klarkommen muss, der macht das, was jeder machen würde: Der guckt sich woanders um“, sagt Manja Wiesner.

Das könnte Sie auch interessieren:

Vor der Pandemie – im Dezember 2019 – hätten in Leverkusen noch 4.300 Menschen im Hotel- und Gaststättengewerbe gearbeitet. Mittlerweile sei die Zahl der Beschäftigten um 36 Prozent zurückgegangen. Das gehe aus der aktuellsten Statistik der Arbeitsagentur hervor. Die Pandemie-Zahlen stammten aus dem Frühjahr und dürften sich inzwischen nochmals verschlechtert haben, so die NGG.

Mit dem Personalmangel zu kämpfen hatte auch Mirel Keča. Der größte Teil hatte während der vergangenen Lockdowns die Branche gewechselt, jetzt würde bei ihr „ein harter Kern“ von drei bis sechs Leuten arbeiten, „die uns die Stange halten“. Und es dürfe keiner krank werden, fügt sie bitter hinzu. Daher passe sie noch mehr als eh schon auf, dass ihre Mitarbeiter genug Ruhe bekommen. Zwischenzeitlich hatte Keča versucht, noch Personal anzuwerben: „Keine Chance.“

Geschäft seit Mitte November eingebrochen

Auch das Casa Portuguesa in der Neuen Bahnstadt Opladen hatte mit dem Personalmangel, den es ja durchaus schon in Vor-Corona-Zeiten gab, zu kämpfen. „Jetzt haben wir ein gutes Team aufgebaut“, ist Tatiana Goncalves Herborn zufrieden. Auch bei ihr werden derzeit viele Feiern abgesagt. „Wir hatten einen guten Sommer, doch seit Mitte November ist vieles eingebrochen.“

le-aussengastronomie_(2)

Tatiana Goncalves Herborn kurz nach dem ersten Lockdown. Kommt noch einer? Die Sorge ist da.

Ärgerlich sei vor allem, wenn die Leute reservieren und dann nicht auftauchen. Goncalves Herborn ist nun dazu übergangen, zwei bis drei Tage vorher die Gäste anzurufen, damit sie planen kann. Was natürlich wieder Mehraufwand bedeutet. Allerdings sei das kein spezifisches Problem in Corona-Zeiten, weist sie darauf hin. Doch in diesen Zeiten mit umso gravierenderen Folgen.

Das Restaurant „The Station“ schräg gegenüber vom Casa Portuguesa hatte auf Facebook einen Appell gepostet: „Wir wissen, dass viele Firmen ihre geplanten Weihnachtsfeiern aufgrund der extremen Corona-Lage nicht durchführen dürfen. Doch so wie ihr euch organisieren müsst, müssen auch wir dieses: Denn nicht nur unsere Personalplanung hängt von den Reservierungen ab, sondern wir kaufen dementsprechend die Lebensmittel ein. Wir kochen täglich frisch für euch und es wäre schade, die Ware entsorgen zu müssen.“ Dabei haben die Gastronomen Verständnis für Absagen oder für die Vorsicht der Leute, betonen alle.

Gleiche Situation im Nachbarkreis

Wer glaubt, auf dem Land ist die Welt noch in Ordnung, hat sich getäuscht. Auch im Rheinisch-Bergischen Kreis nebenan kämpfen Gastronomen mit Absagen und Personalproblemen. Die Zahl der Beschäftigten sei hier um 26 Prozent zurückgegangen, schreibt die Gewerkschaft.

WU_Rusticus

Die Bauerngastronomie Rusticus

Dass gerade viele Firmen ihre Feiern absagen, damit hat auch die Bauerngastronomie „Rusticus“ in Leichlingen-Witzhelden ihre Erfahrungen gemacht. Sie hätten aber das Glück, „ein starkes À-la-carte-Geschäft zu haben“, freut sich Küchenchef René Montpellier. Auch der Heiligabendbrunch sei „nicht schlecht gebucht“, sagt Montpellier. Was das Team etwas verwundert hat, wo doch die Vergangenheit gezeigt hätte, dass viele Leute den Tag eher noch nutzen, um für die Feiertage einzukaufen.

Servicepersonal werde auch im Rusticus händeringend gesucht, in der Küche sei man hingegen „gut aufgestellt“, erklärt Montpellier die Situation. Kurzarbeit sei erstmal nicht angedacht, und sollte noch ein Lockdown kommen – die große Angst aller Gastronomen – versuche man sich mit dem Außer-Haus-Geschäft zu behelfen, was auch jetzt schon vor allem in der Martinsgänsezeit gut lief.

Nach weiteren Ideen suchen auch andere Gastronomen. Mirel Keča vom Haus am Park hat zusätzlich ein kleines Deli eröffnet, dort kann man kleine Gerichte mitnehmen. „Die Sandwiches sind gerade bei Familien sehr beliebt“, hat Keča beobachtet. Hinzukomme ein „kleiner Weihnachtsmarkt“, so nennt sie ihre geschmückte Ecke, wo Gäste Panettone, Olivenöl oder Lebkuchen in dekorativen Dosen kaufen können – zum selber Essen oder Verschenken.