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„Wie von Sinnen“Augenzeuge schildert schweren Unfall in Leverkusen-Steinbüchel

Lesezeit 3 Minuten

Die Unfallstelle in Leverkusen-Steinbüchel: Hier erfasste ein alkoholisierter Jaguarfahrer eine 30-jährige Ukrainerin und ihre zwei Kinder.

Leverkusen – Eine Chipstüte liegt auf dem Zebrastreifen, Grillsoßen in Plastikflaschen sind bis an den Fahrbahnrand gerollt. Einsam steht ein leerer Buggy auf der Verkehrsinsel. Der Kreisverkehr an der Steinbücheler Straße ist rundum mit Polizei-Flatterband abgesperrt, drei Wupsi-Busse stehen auf der Straße, die Passagiere sind längst ausgestiegen. An der Ausfahrt des Lidl-Parkplatzes wartet eine lange Autoschlange darauf, die Samstagseinkäufe nach Hause zu bringen. Sie alle müssen warten, denn die Polizei muss zuerst alle Spuren sichern, die erklären, was hier gegen 15.30 Uhr passiert ist.

Am frühen Abend stellt sich die Lage nach Polizeiangaben so dar: Ein alkoholisierter Autofahrer ist mit einem schwarzen Jaguar in irrsinnigem Tempo über die Steinbücheler Straße gefahren. Nach einem waghalsigen Überholmanöver scheint er vor dem Kreisverkehr an der Von-Knoeringen-Straße ins Schlingern geraten zu sein. Er schleuderte über den Zebrastreifen und die Verkehrsinsel hinweg und erfasste dort eine 30-jährige Frau und zwei Kinder.

Der Notarzt brachte die Verletzten in ein Leverkusener Krankenhaus.

„Die Frau hatte ein Kind im Buggy und ein achtjähriges Kind an der Hand, ein elfjähriges Kind, das zu einer anderen Familie gehört, war ebenfalls dabei“, sagt Polizeisprecher Markus Paffhausen an der Unfallstelle. Das Auto erfasst die Mutter und die beiden älteren Kinder. Der Buggy fällt um, das Kleinkind darin bleibt aber „nahezu unverletzt“. Die drei anderen werden in ein Leverkusener Krankenhaus gebracht. Es heißt, das elfjährige Kind sei leicht verletzt, die Mutter schwer und ihr achtjähriges Kind lebensgefährlich. Das elfjährige Kind konnte das Krankenhaus wieder verlassen, zum Gesundheitszustand der anderen kann die Polizei am Sonntagnachmittag zumindest verkünden: Es besteht keine Lebensgefahr mehr. Besonders tragisch: Bei allen soll es sich um Geflüchtete aus der Ukraine handeln. Die aus dem Krieg nach Leverkusen kamen und sich hier in Sicherheit wähnten – um dann beim Einkauf angefahren zu werden.

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„Der war sicher mit 100 bis 120 Kilometern pro Stunde unterwegs. Wer hier mit so einen Geschwindigkeit lang rast, muss von Sinnen sein“, sagt ein Augenzeuge, dessen weißer Transporter auch Stunden nach dem Unfall noch im Kreisverkehr steht. Er war gerade vom Parkplatz gefahren, als der Raser Frau und Kinder erfasst hatte. „Das eine Kind ist durch die Luft geflogen und auf der Fahrbahn liegen geblieben.“ Ohne Vollbremsung hätte er es überfahren.

Zeuge nimmt Verfolgung auf

Der Unfallfahrer dagegen bremste nicht – er raste weiter in Richtung Von-Knoeringen-Straße. Ein Augenzeuge verfolgte den 47-Jährigen jedoch in seinem Wagen. „Er hielt uns permanent über den Aufenthaltsort auf dem Laufenden“, sagte Polizeisprecher Paffhausen. Dank des mutigen Einsatzes konnten die Beamten den Fahrer in dessen Wohnung in Nähe des Tatortes festnehmen und den Jaguar sicherstellen. „Er hat auch bestätigt, dass er den Wagen gelenkt hat“, sagt Paffhausen. Er wurde zur Blutkontrolle auf die Wache gebracht. Die Polizei testete den Mann auf Drogen, es wurde Alkohol im Blut festgestellt, die Promillezahl war zunächst noch unklar. Ihm wurde der Führerschein entzogen und ein Strafverfahren eingeleitet.

Chipstüten, Grillfleisch, Taschen: Die Einkäufe liegen weit verstreut.

Wegen des Polizeieinsatzes nach dem Unfall war die Kreuzung in Steinbüchel mehrere Stunden gesperrt. Für den Autoverkehr gab es zeitweise kein Durchkommen, Buspassagiere mussten an Haltestellen vorher aussteigen. Später wurden die Buslinien auf eine Ausweichroute umgeleitet. Rund eineinhalb Stunden nach dem schweren Unfall lotste die Polizei die Supermarktkunden mit ihren Autos von dem Parkplatz, die Kreuzung blieb aber noch länger voll gesperrt. Neben Chipstüten und Grillsoßen fanden die Beamten am Unfallort auch die Kühlerfigur des Autos: Den Jaguar. (mit mab)