Leverkusen – Eine Geriatrie packt man nicht mal eben in einen Umzugswagen. Ein Jahr Vorplanungen waren nötig, bis am Dienstag um 8 Uhr der erste Patient in Wiesdorf abgeholt und nach Opladen gebracht wurde. Bis zum späten Mittwochabend wird es dauern, bis im altehrwürdigen „Juppes“, dem St. Josef Krankenhaus, für immer die Lichter ausgehen.
Emotionen und Hürden
Die Vorplanung galt natürlich in erster Linie den Patienten. „Da gibt es wahnsinnig viel zu Bedenken“, erklärt Sascha Wihstutz, ärztlicher Direktor und Chefarzt der Geriatrie. „Viele Patienten sind auf Medikamente angewiesen, die pünktlich zu einer Uhrzeit eingenommen werden müssen.“
Und wenn eine Patientin um 14 Uhr intravenöses Antibiotikum bekommt, kann sie zu dieser Zeit nicht im Krankenwagen sein. „Oder Parkinson-Medikamente dürfen nicht zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen werden, da kann man nicht irgendwann mal zwischendurch die Tabletten verabreichen.“
Und dazu kommt das Emotionale. „Wir haben sehr viel mit den Menschen gesprochen“, sagt Pflegedirektorin Julia Schwab. Alte Menschen reagieren häufig empfindlich auf Veränderungen, zudem kommen Botschaften nicht immer direkt an. „Ich bin heute an einem Zimmer vorbeigegangen, aus dem eine Frau ängstlich herausschaute“, erzählt Wihstutz. „Ich habe sie gefragt, ob alles in Ordnung ist und sie klagte mir von ihrer Sorge, dass sie künftig von anderen Ärzten und Pflegenden behandelt würde, wo sie sich doch gerade erst an jene hier gewöhnt hätte.“
Also erklärte ihr der Chefarzt erneut, dass diese Sorge unbegründet sei: „Sämtliches Personal zieht mit um und die Patientin wird in Opladen von bekannten Gesichtern empfangen.“ Aber hetzen dürfe man die alten Menschen nicht, dann würden Ängste und Abwehrhaltungen noch größer. Das macht einen Zeitplan schwierig.
Es ist ein Großkampftag für alle Angestellten: Gearbeitet wird in jeweils zwei Schichten an beiden Standorten. Insgesamt werden 34 Patientinnen und Patienten umgezogen, eine Station am Dienstag und eine am Mittwoch. Planmäßig soll die Verlegung der Menschen um 14 Uhr abgeschlossen sein, dann folgen noch Möbel, Lagerbestände, Medikamente. Auch das brauchte eine genaue Planung: „Manche Geräte brauchen wir zu jeder Zeit an beiden Standorten, Defibrillatoren zum Beispiel“, erklärt Wihstutz. Da darf nichts zu früh eingepackt werden. Und nichts zurückbleiben.
In alldem treibt nicht nur die Patienten die Angst vor dem Neuen um. „Wir haben hier Mitarbeiter, die seit 30 Jahren hier arbeiten, deren Kinder vielleicht hier geboren wurden“, sagt Elisabeth Michels, Kaufmännische Leiterin beider Krankenhäuser. Natürlich fällt da der Abschied nicht jedem leicht. „Wir waren hier ja auch eine sehr kleine Abteilung in einem eigenen Haus, das war natürlich sehr persönlich und hat ein ruhiges Arbeiten ermöglicht“, sagt Wihstutz.
Im Opladener Krankenhausalltag erwartete er da schon mehr Hektik und Lärm. Rudolf Fischer nimmt es gelassen: „Ich habe vor zehn Jahren hier angefangen und bin aus Überzeugung geblieben“, sagt der Altenpfleger. „Da geht man natürlich auch mit einem weinenden Auge. Aber jetzt kommt etwas Neues und da freue ich mich auch drauf."
Vorteile der zentralen Versorgung
Auch Wihstutz sieht vor allem die Vorteile: Ganz oben steht der Wegfall von Transportwegen. Bisher mussten Patienten bei medizinischen Komplikationen häufig nach Opladen und wieder zurück gebracht werden. „Gerade für alte, verwirrte Menschen ist das eine Tortur.“
Wenn künftig nach einer Operation eine Wunde überprüft werden muss, kann der Operateur auf das Zimmer des Patienten kommen, ohne lange Fahrtwege. „Wir wollen ein altersmedizinisches Zentrum sein“, sagt Michels. „Und dafür ist es ein Geschenk und ein Segen, künftig alles unter einem Dach zu haben.“
Möglich wurde der Umzug durch die Schließung der Geburtsmedizin in Opladen, die freigewordenen Räume wurden für fünf Millionen Euro altersgerecht umgebaut, drei Millionen davon hat das Land übernommen.
Caritas zieht ein
Was nun aus dem zentral in Wiesdorf gelegenen Gebäude wird, ist noch nicht abschließend geklärt. „Fest steht: Das Haus bleibt bis Ende 2025 in der Trägerschaft der K-Plus-Gruppe“, sagt Michels. Für etwa zwei bis drei Jahre werde die Caritas die dritte Etage mieten, etwa suchterkrankte Menschen könnten hier untergebracht werden, sagt Michels. Der Zeitpunkt sei aber noch offen, weil bei der Stadt noch ein Nutzungsänderung durchgeführt werden muss.
Ganz gehen die Lichter im Juppes also nicht aus. Was nach 2025 passiert, sei allerdings noch vollkommen unklar.