Zweifel an GründlichkeitSo verlässlich arbeiten Leverkusens kommerzielle Teststellen
Leverkusen – Im Kampf gegen die rasant steigenden Coronazahlen setzt die Regierung auf verstärktes Testen: In Schwimmbädern und Sporthallen gilt 2G-Plus schon, auch in der Gastronomie soll es kommen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach empfiehlt tägliches Testen, wenn man sich mit anderen Menschen treffen will. Also testen wir. Die Schlangen vor den Testzentren sind lang. „Zu wissen, dass alle da drin getestet sind, gibt mir schon ein besseres Gefühl“, sagt eine Mutter vor dem Besuch im Calevornia mit ihren Kindern. Doch wie verlässlich sind die Zertifikate? Die Redaktion haben berechtigte Zweifel an negativen Testzertifikaten erreicht.
Hinweise aus der Bevölkerung
„Es gibt immer wieder Hinweise aus der Bevölkerung, die Zweifel an der Arbeitsweise einzelner Teststationen haben“, bestätigt auch Amtsarzt Dr. Martin Oehler. „Dem wird dann nachgegangen und überprüft, ob die Tests korrekt durchgeführt wurden.“
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Wer verschiedene Testmöglichkeiten besucht, stellt schnell fest: Die Durchführung ist je nach Testanbieter durchaus unterschiedlich. Die Leverkusener Malteser etwa sind bekannt dafür, das Teststäbchen sehr weit und lange in den Nasen- und Rachenraum einzuführen. Das Testzentrum in der Schlebuscher Fußgängerzone, das im Juli der Flut zum Opfer fiel, war dafür berüchtigt – weswegen einige Schlebuscher es lieber mieden. Deutlich angenehmer ist es schließlich, wenn nur oberflächlich gekratzt wird.
Alle Tests aus China
Hinzu kommt die Frage nach der Verlässlichkeit des verwendeten Testmaterials „Es gibt Unterschiede bei der Sensitivität von Antigentests“, bestätigt Dr. Martin Oehler. Alle in Leverkusener Teststellen verwendeten Produkte seien aber zugelassen und beim Paul-Ehrlich-Institut gelistet. Aber auch hier ist die Aussagekraft beschränkt: Bislang verlässt die EU sich bei der Zulassung auf die Angaben der Hersteller. Erst ab Mai 2022 sollen die Antigentests in unabhängigen Labors überprüft geben.
In einer Studie des deutsches Forschungsteam um Heinrich Scheiblauer vom Paul-Ehrlich-Institut fällt aber jeder fünfte Test durch (26 der 122 überprüften Tests ). In einer von der Redaktion durchgeführten Stichprobe zählt keiner der in Leverkusen verwendeten Tests dazu. Aber es gibt durchaus Unterschiede.
Testen im Akkord
In Schlebusch testet Medicare an zwei Stellen im Akkord: Sowohl am Drive-In an der Bergischen Landstraße wie auch an der Mülheimer Straße sieht man den ganzen Tag über Warteschlangen. Der Tupfer wird kurz in Nase- und Rachen gehalten, aber nicht so weit, dass es unangenehm werden könnte. Verwendet wird hier der „Wondfo SARS-CoV-2 Antigen Test“. Der chinesische Hersteller gibt die Empfindlichkeit des Tests mit 98 Prozent an. In der genannten Studie wird dem Test aber nur eine Sensitivität von 88 Prozent bei „sehr hoher Virenlast“ (CT-Wert unter 25) attestiert. Das heißt, von 100 infizierten Menschen mit sehr hoher Virenlast, erkennt der Test 88. Die Minimalanforderung legte die Studie bei 75 Prozent fest. Bei lediglich „hoher Virenlast“ (CT 25-30) erkannte der Test in der Studie allerdings keinen einzigen positiven Fall mehr. Eine Anfrage zur Positivquote der bei Ihnen durchgeführten Tests beantwortete Medicare nicht. Auch die Stadt führt keine Statistik darüber, woher Positivmeldungen kommen.
Deutlich besser schneidet in der Studie der Schnelltest von Anbio (Xiamen) ab, der am Testzentrum von Corona-Status am Lindner Hotel der BayArena verwendet wird: Er erkennt bei sehr hoher Viruslast 100 Prozent der Infizierten und bei hoher Viruslast immer noch 52 Prozent. Das ist im übrigen der Test, der aktuell an Schulen in NRW verwendet wird und über dessen Verlässlichkeit in der Landesregierung gestritten wird. Die Probenentnahme bei Corona-Status war immerhin etwas sorgfältiger.
Einzige Ausweiskontrolle
Auch an der dritten Station wird ein Schnelltest aus China verwendet: Corona Point auf dem Opladener Marktplatz testet mit Wuhan Easy Diagnosis, der Test hat von den dreien die besten Werte in der Studie: 100 Prozent Erkennung bei sehr hoher Virenlast, 74 Prozent bei hoher. Zudem wird zum ersten Mal überprüft, ob Name und Geburtsdatum des Angemeldeten auch mit dem Ausweis übereinstimmen.
Nachtrag vom 19. Januar 2022: Medicare hat in Form eines anwaltlichen Schreibens auf die Berichterstattung reagiert und weist Ergebnisse der Recherche zurück. Die Anwälte des Unternehmens teilen darin mit, dass die Abstrichentnahme durch dessen Angestellte derart erprobt und eingeübt sei, dass ausgeschlossen sei, dass Abstriche nicht ordnungsgemäß vorgenommen werden. Dies habe kein einziges Mal stattgefunden. Weiterhin heißt es in dem Schreiben, zu keinem Zeitpunkt hätten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Medicare-Testzentren vor der Durchführung von Tests darauf verzichtet, die Identität einer zu testenden Person mit den Anmeldedaten durch Vorlage eines Ausweisdokuments abzugleichen.