Düsseldorf – Die Antigen-Selbsttests stammen von den Herstellern „Anbio (Xiamen) Biotechnology Co., Ltd.“ und „Safecare Biotech (Hangzhou) Co., Ltd.“. Sie wurden vom NRW-Schulministerium beschafft, um die 2,5 Millionen Schüler in NRW zum Schulstart auf das Corona-Virus zu testen. In der Landespolitik ist jetzt eine Diskussion um die Zuverlässigkeit der Tests aus China entbrannt.
In einer Evaluierung des Paul-Ehrlich-Instituts wird den Produkten eine Gesamt-Sensitivität von lediglich 58 Prozent bzw. 62 Prozent attestiert. Vor allem bei einer nur geringen Viruslast werden Infektionen danach offenbar nicht zuverlässig erkannt. Der bisher eingesetzte Test des deutschen Herstellers „Siemens Healthcare“ war mit einer Gesamtsensivität von 76 Prozent offenbar deutlich empfindlicher.
Grüne verlangen Aufklärung des Test-Deals
Die Grünen verlangen jetzt eine Aufklärung des Vorgangs. „Sollten die Tests tatsächlich nicht so sensitiv sein wie das Vorgängerprodukt, wäre das nicht tragbar“, sagte Mehrdad Mostofizadeh, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Gerade an den Schulen müsse das höchstmögliche Maß an Sicherheit für die zum Großteil noch ungeimpften Schülerinnen und Schülern gewährleistet sein.
Die Grünen haben einen Bericht von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) für die nächste Sitzung des Gesundheitsausschusses beantragt. Sie wollen wissen, ob das Land bei der Beschaffung der Tests aus dem fernen Osten Kosten eingespart hat.
Zebra Handelshaus ist neuer Vertragspartner von NRW
Die Produkte aus China werden nach offizieller Auskunft der Landesregierung ab jetzt von der „Zebra Handelshaus GmbH“ geliefert. Das NRW-Schulministerium verwies darauf, beide Tests seien in Deutschland zugelassen und hätten ein „Konformitätsbewertungsverfahren erfolgreich durchlaufen“. Die Produkte aus China würden auch in anderen Bundesländern wie Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen und Sachsen eingesetzt.
„Zentrale Vergabekriterien waren die Fähigkeit zur Lieferung einer ausreichenden Anzahl von Selbsttests für die nordrhein-westfälischen Schulen, die Fähigkeit zur zeitgerechten Belieferung aller Schulen mit den Selbsttests, die Erfüllung der medizinproduktrechtlichen Voraussetzungen für das In-Verkehr-Bringen der Selbsttests und der aus all diesen Einzelaspekten resultierende Preis pro Selbsttest“, sagte ein Sprecher. Die Frage, ob der Landesregierung die geringeren Sensivität bewusst gewesen sei, blieb unbeantwortet.
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Die schulpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Franziska Müller-Rech, verwies darauf, an keinem anderen Ort werde so kontinuierlich getestet wie in den Schulen. Sie appellierte an die Eigenverantwortung der Eltern: „Wenn ein Kind Erkältungssymptome hat, sollte es zuhause bleiben“, erklärte die Liberale. Eltern sollten sich zudem über Impfangebote für Kinder und Jugendliche informieren und beraten lassen.
Piraten warnen vor Langzeitfolgen
Oliver Ding beschäftigt sich bei der Piratenpartei in NRW mit dem Thema Gesundheit und Pflege. Der Altenpfleger aus Leverkusen wirft der Schulministerin Versagen vor. „Die Landesregierung spart an der falschen Stelle. Gerade für die Eindämmung der Omikron-Variante wäre es wichtig, dass der Test die Infektion auch bei einer geringen Viruslast zuverlässig erkennt“, so der Familienvater.
Schulministerin Gebauer nehme dieses „massive Risiko offenbar aus wirtschaftlichem Kalkül in Kauf“. Der Austausch der Schnelltests in der wohl kritischsten Phase der Pandemie sei „ein weiterer Beleg" dafür, dass die Landesregierung im Krisenmanagement versage: „Leidtragende sind die Schüler, die möglicherweise unter den Folgen von Long Covid leiden müssen."
SPD fordert Vertragsauflösung
Der Vertrag mit dem „Zebra Handelshaus“ läuft noch bis zu den Osterferien. Die SPD will jetzt wissen, ob es eine Chance gibt, den Vertrag vorher zu lösen. Falls das nicht möglich sei, müsse die Landesregierung zusätzlich Tests mit einer höheren Sensivität bestellen, verlangte SPD-Schulexperte Jochen Ott. „Wenn die Tests nicht ausreichend sensitiv sind, dann ist das eine Fehlentscheidung, die korrigiert werden muss. Es wäre unverantwortlich, wenn das Land durch seine Beschaffungspolitik eine Gesundheitsgefährdung für die Kinder billigend in Kauf nehmen würde.“