Düsseldorf – Nordrhein-Westfalen ist nach Angaben des stellvertretenden Ministerpräsidenten Joachim Stamp (FDP) vorbereitet, kurzfristig Flüchtende aus der Ukraine aufzunehmen. Er rechne aber damit, dass der Großteil der Betroffenen in Osteuropa Zuflucht finden werde, sagte der Flüchtlingsminister am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. „Dennoch werden wir selbstverständlich helfen und sind auch vorbereitet, kurzfristig zusätzliche Aufnahmekapazitäten zu ermöglichen.”
Er warne aber davor, jetzt öffentlich über Flüchtlingszahlen zu spekulieren, sagte Stamp. „Jegliche Spekulation ist nicht nur unseriös, sie wird auch von den russischen Medien propagandistisch ausgeschlachtet werden. Daran sollten wir uns nicht beteiligen.” Stamp nannte die Invasion Russlands in die Ukraine einen „schockierenden Zivilisationsbruch in Europa”.
Die Grünen forderten von der Landesregierung, auch in NRW zügig energie- und flüchtlingspolitische Konsequenzen aus dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zu ziehen. Die Kommunen dürften mit der Aufnahme Flüchtender nicht allein gelassen werden, mahnte Landesparteichefin Mona Neubaur.
Gemeinsam mit den Kommunen sei umgehend ein Überblick zu erarbeiten, wie viele Unterkunftsplätze konkret bereit stehen und wie viele Kinder in Kitas und Schulen betreut und unterrichtet werden können. Außerdem solle NRW Polen und der Slowakei Hilfsangebote zur Aufnahme von Flüchtlingen unterbreiten, forderte die Grüne.
NRW müsse aber auch als industrielles Schlüsselland konsequent auf den russischen Völkerrechtsbruch reagieren, unterstrich Neubaur. „Die Landesregierung muss so schnell wie möglich mit den Energieversorgern und Stadtwerken gemeinsam überprüfen, welche Sanktionen möglich sind.” Alle Lieferverträge mit russischen Staatsunternehmen gehörten umgehend auf den Prüfstand. Zudem seien Energieversorgungssicherheit und Ersatzbeschaffungen sicherzustellen und der Umbau der Wirtschaft weg von fossilen Brennstoffen dringend zu beschleunigen.
Grünen-Bundesparteichef Omid Nouripour stellte weitere Entlastungen der Bürger im Falle kriegsbedingt steigender Energiepreise in Aussicht. Wenn Russland „die Gaslieferungen auch als Waffe einsetzt”, sei der Koalition klar, dass schnell weitere Entlastungen beschlossen werden müssten, sagte er bei einer Pressekonferenz mit Neubaur in Düsseldorf.
Die Bundesregierung hatte kurz vor der Invasion Russlands in die Ukraine bereits ein milliardenschweres Entlastungspaket als Reaktion auf steigende Energiepreise beschlossen. Der Energiemarkt werde nun sehr genau weiter beobachtet, sagte Nouripour. Die Regierungskoalition sei zudem dabei, sich auf mögliche Hacker-Angriffe auch auf die kritische Infrastruktur in Deutschland vorzubereiten.
© dpa-infocom, dpa:220225-99-284372/3 (dpa/lnw)