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InterviewWarum es in Ründeroth keinen Martinsmarkt mehr gibt

Lesezeit 3 Minuten
Blick in eine von Buden gesäumte Straße mit Fachwerkhäusern und Kopfsteinpflaster, Menschen schlendern an Verkaufsständen entlang. Sonnenstrahlen tauchen die Szene in warmes Licht.

Der Martinsmarkt fand 33 Mal in Engelskirchen-Ründeroth statt.

Sebastian Gissinger ist Vorsitzender des Aktivkreises Ründeroth. Im Interview erklärt er die Gründe für das Aus des Martinsmarkts.

In Engelskirchen-Ründeroth findet kein Martinsmarkt mehr statt. Nach 33 Märkten hat der Aktivkreis beschlossen, die Traditionsveranstaltung nicht weiterzuführen. Wir sprachen mit Sebastian Gissinger über die Gründe. Der Apotheker ist Vorsitzender der Vereinigung der Händler und Gewerbetreibenden im Ort.

Herr Gissinger, warum gibt es dieses Jahr keinen Martinsmarkt?

Gissinger: Nicht nur dieses Jahr, leider fällt der Martinsmarkt auch in Zukunft ganz aus.

Ich bin davon ausgegangen, dass der Markt für Ründeroth ein gesetzter Termin ist...

Mir persönlich blutet auch das Herz, dass wir die Reißleine ziehen mussten. Aber der Aufwand, ein ganzes Marktwochenende mit Bühnenprogramm zu organisieren, lässt sich für uns als Verein einfach nicht mehr stemmen.

Zwei Männer stehen an einem Schreibtisch und schauen sich Plakate an, die auf Veranstaltungen während der Festwoche in Ründeroth hinweisen.

Sebastian Gissinger (links) und Guido Lemmer bei den Vorbereitungen auf die Festwoche 850 Jahre Ründeroth.

Der Löschzug lädt Samstagabend zum Feuerzauber. Es scheint also doch einen Bedarf im Ort zu geben, oder?

Ja, und das freut uns sehr und das unterstützen wir, wo wir können. Auch die Kirchengemeinden organisieren ihren Lichterumzug am Sonntag. Aber einen Markt, der die Straße rauf und runter Stände hat und ein Bühnenprogramm, das können wir schlicht nicht bezahlen.

Wo entstehen Kosten? An den Ständen verkaufen Händler ihre Waren, machen Umsatz und zahlen Ihnen eine Standmiete.

Richtig, aber wenn die Händler nicht genug Umsatz machen, dann überlegen sie es sich zweimal, ob sie wieder nach Ründeroth kommen.

Wir haben einen professionellen Anbieter für die Auswahl und den Kontakt zu den Händlern, mit dem wir viele Jahre sehr eng zusammengearbeitet haben.

Nach der Neuauflage letztes Jahr nach der Corona-Pause hat er es einfach nicht mehr geschafft, genügend Händler zu finden und hat uns abgesagt. Dabei übernehmen wir sämtliche Genehmigungen und Anträge, besorgen die Weckmänner für die Kinder und organisieren das Rahmenprogramm.

Sie müssen die Händler also regelrecht nach Ründeroth locken?

Ja, denn wir wollen den Leuten ja auch etwas bieten. Wir wollen keine Stände mit Handyschalen und Ramsch haben. Es soll ein hochwertiges Angebot sein. Aber dazu braucht man Händler mit hochwertigen Waren und die müssen schauen, ob es sich für sie lohnt.

Das heißt für den Markt-Organisator im Zweifelsfall mit den Standgebühren runterzugehen. Letztes Jahr ist unser Markt-Organisator gerade mal plus minus null rausgegangen. Es war uns wichtig, dass er nicht mit einem Minus rausgeht, denn schließlich haben wir über viele Jahre sehr gut zusammen gearbeitet.

Aber er findet einfach nicht mehr genügend Händler, die sich ein Wochenende lang an einen Stand stellen und vielleicht kaum Umsatz machen.

Warum ist es so schwer geworden, Händler für solche Märkte mitten im Ort zu gewinnen?

Viele Anbieter, zum Beispiel mit Kunsthandwerk, haben sich während Corona umorientiert und verkaufen ihre Ware anders. Andere haben etwas ganz Neues angefangen, es gibt einfach nicht mehr so viele Markthändler, wie vor der Pandemie.

Die Neuauflage nach Corona war bereits verkleinert und legte den Fokus mehr auf das Bühnenprogramm, auf Essen und Trinken. Hat das nichts gebracht?

Am Ende standen wir mit Kosten im hohen vierstelligen Bereich für das Bühnenprogramm und die Organisation da und es kamen doch recht wenige Menschen. Der Regen letztes Jahr hat uns da auch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es fehlte die Laufkundschaft und damit verbunden die Spontankäufe.

Dieses Jahr hat Ründeroth eine ganze Woche lang die 850 Jahre gefeiert. Die Festwoche war gut besucht und hat viele Besucher begeistert. War danach die Luft raus?

Nein, ganz und gar nicht! Die Festwoche ist sehr positiv aufgenommen worden. Alle Vereine waren beteiligt und viele Ründerother haben ihr Herzblut da rein gesteckt, das hat man gespürt.

Über die Jahre ist auch in die Organisation des Martinsmarkts viel Herzblut geflossen, da fiel uns die Entscheidung schwer, den Markt zu streichen. Aber vielleicht ist diese Form eines Marktes einfach nicht mehr zeitgemäß.