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Long-Covid-FolgenMax Jaeger wurde sieben Monate außer Gefecht gesetzt

Lesezeit 4 Minuten
Handball Long Covid

Anstrengung beim Handballspiel.

Gummersbach – Im neuen Jahr möchte Max Jaeger (24) wieder in der Lage sein, eine Klausur in seinem Studium der Wirtschaftsinformatik zu schreiben. „Das wäre der nächste große Schritt und hoffentlich der letzte“, sagt der Gummersbacher Handballprofi, der in der Bundesliga für den HC Erlangen antritt. Sieben Monate hat ihn Long Covid außer Gefecht gesetzt.

Handball klappt, Lernen fällt noch schwer

Auf dem Handballfeld läuft es schon wieder für ihn, Ende November spielte er gegen den TVB Stuttgart über 60 Minuten, erzielte vier Tore. Beim Lernen fällt es ihm aber auch neun Monate nach seiner Corona-Infektion schwer, sich über eine lange Zeit zu konzentrieren.

Ende März, zu einer Zeit als der Impfstoff fast ausschließlich an Risikogruppen ausgegeben wurde, hatte sich fast die gesamte Erlanger Mannschaft mit dem Virus infiziert. „Ich hatte keinen schlimmen Verlauf“, erzählt Jaeger. Nach gut zwei Wochen habe er sogar langsam mit dem Training begonnen. Der Linksaußenspieler kehrte in den Ligaalltag zurück und glaubte, Covid hinter sich gelassen zu haben.

Zuerst dachte Jeager gar nicht an Long Covid

Dann kamen aber die Beschwerden mit dem Kreislauf, dazu Schwindel. „Ich dachte zunächst, es hätte mit dem Wetterumschwung zu tun“, erzählt der Leistungssportler. Bis dahin sei er selten krank gewesen und auch niemand, der sich sofort Sorgen mache.

Einen Zusammenhang mit seiner Corona-Infektion stellte er nicht her. „Ich hatte ja geglaubt, dass ich einen leichten Verlauf hatte, und Long Covid stand noch nicht im Fokus der Öffentlichkeit“, sagt Jaeger.

Die Beschwerden wurden von Tag zu Tag heftiger. Der Handballer konnte sich nicht mehr konzentrieren, hatte Wortfindungsschwierigkeiten, dazu kam ein Spannungskopfschmerz, Autofahren ging gar nicht mehr.

Die Symptome bleiben

Das erste MRT brachte dem 24-Jährigen trotzdem Erleichterung, denn es schloss einen Hirntumor aus. „Davor hatte ich bei den Symptomen große Angst.“ Er konsultierte weitere Fachärzte, die ihm eine außergewöhnlich gute Gesundheit bescheinigten, Herz und Lunge funktionierten überdurchschnittlich.

Die Symptome aber bleiben: Max Jaeger kann sich kaum konzentrieren. Wenn er zum Einkaufen geht, nimmt er einen Zettel mit und weiß dennoch nicht mehr, wo die benötigten Dinge zu finden sind. Das gipfelt darin, dass er im Supermarkt an der Kasse steht, um zu bezahlen, und in einen leeren Wagen blickt. „Ohne meine Freundin wäre ich nicht lebensfähig gewesen.“

Ein Neurologe konnte Long Covid diagnostizieren

Heute weiß der Profihandballer, dass es 200 verschiedene Symptome bei Long Covid gibt, darunter seine neurologischen Probleme. Zehn Prozent der Corona-Infizierten leiden lange unter den Nachwirkungen.

Die Diagnose Long Covid stellte Anfang Juni ein Neurologe, den Jaeger aufsuchte und dem er nebenbei erzählte, dass er mit dem Corona-Virus infiziert gewesen sei. Der Arzt erklärte ihm, dass er der Fünfte sei, der bei ihm vorspreche und sprach von Post-Covid. „Ich war megafroh, endlich eine Diagnose zu haben“, erinnert sich Jaeger. Auch wenn die bedeutete, Geduld zu haben und zu warten. bis die Symptome abklingen.

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Für ihn als Profisportler eine schwierige Situation. Denn anders als bei Verletzungen gibt es keine Operation und keine Therapie. Medikamente sind noch in der Erprobungsstufe. Da körperlich alles in Ordnung ist, trainiert Max Jaeger so lange weiter, bis es nicht mehr geht. In der Sommerpause versucht er sich zu entspannen. Doch selbst die Gesellschaftsspiele mit der Familie werden für ihn eine Herausforderung.

15 bis 16 Stunden Schlaf pro Tag waren nötig

Mit dem HC Erlangen steigt er im Sommer wieder in die Saisonvorbereitung ein, quält sich durch die Einheiten und schläft 15 bis 16 Stunden pro Tag. Auch wenn es für den Kopf sehr anstrengend ist, merkt er, wie es langsam besser wird. Er kann 20 Minuten am Stück lernen und eine halbe Stunde mit dem Auto fahren. Er habe sehr viel Unterstützung von seinem Verein bekommen, der nie Druck auf ihn ausgeübt habe, berichtet Jaeger dankbar.

„Jeder, der die Krankheit nicht ernst nimmt, hat sie nie gehabt“, sagt der Sportler. Er sei froh über jede Person, die sich impfen lasse. Max Jaeger gilt als genesen, ist geimpft und auch schon geboostert. Er hofft nun, bis zum Jahresende seinen Teil dazu beizutragen, dass der HC Erlangen nach drei Niederlagen in Folge wieder in die Erfolgsspur findet – mit voller Kraft.